Kommentar: Die größte Dummheit in der Finanzpolitik


Wir haben das in der Türkei gesehen, und wir sehen es jetzt in den USA: Ein machthungriger, vermessener Präsident hält sich selbst für den besten Geldpolitiker der Nation und setzt entsprechend die Notenbank unter Druck, die Zinsen zu senken. In der Türkei hat das zu starker Inflation geführt. In den USA hält die Notenbank (Fed) dem Druck noch einigermaßen stand.
Wir kennen es auch aus der deutschen Geschichte. Die Reichsbank, die die Vorläuferin der Deutschen Bundesbank war, wurde zweimal missbraucht, um einen Weltkrieg zu finanzieren: den Ersten nachträglich, was zur Hyperinflation der 30er-Jahre führte, den Zweiten schon vorher in der Phase der Aufrüstung, was aber im Endeffekt zur Währungsreform 1948 und damit zur Schaffung der D-Mark führte.
Die Geschichte lehrt: Regierungen haben immer wieder ihre Notenbank als Nothelfer gebraucht. Viele Zentralbanken, etwa die britische, die schwedische und die Fed in den USA, sind direkt aus finanziellen Notlagen heraus entstanden.
Nicht immer nimmt diese Hilfe historische Ausmaße an. So rettete 2022 die Bank of England mit Anleihekäufen die britischen Staatsfinanzen, allerdings nicht die Regierungschefin Liz Truss, die mit verfehlter Finanzplanung eine Vertrauenskrise ausgelöst hatte und zurücktreten musste. Danach war die Krise aber schnell vorbei. Immer wieder hat auch die Europäische Zentralbank (EZB) in den Markt eingegriffen: um aufflackernde Euro-Krisen abzufangen, oder auch, um während der Covid-Pandemie den wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern.
Vor allem die Unterstützung einzelner Euro-Staaten stößt auf Kritik, weil sie den Anreiz zu einer soliden Finanzpolitik unterminieren kann. Auf der anderen Seite sind die internationalen Investoren meist zufrieden mit der Sicherheitsgarantie der EZB, die offiziell geldpolitisch begründet wird, aber de facto einfach Krisen verhindert.
» Lesen Sie auch: Das Lira-Dilemma: Wie viel Währungsverfall verkraftet die Türkei noch?
Vor diesem Hintergrund ist der dümmste Fehler von Politikern, ihre Notenbanken unter Druck zu setzen, die Zinsen zu senken. Also das, was US-Präsident Donald Trump tut: mit öffentlicher Kritik, sogar Drohungen und dem Versuch, ihm genehme Vertreter in den geldpolitischen Ausschuss der Fed einzuschleusen. Wenn die Amtszeit von Fed-Chef Jerome Powell im Mai 2026 endet, hat er die Chance, einen gefügigen Nachfolger zu ernennen. Aber schon jetzt zeigt sich, dass Trumps Attacken einen widersprüchlichen Effekt haben. Zwar fördern sie die Erwartung, dass die Fed nachgibt und die Zinsen etwas weiter senkt. Das führt im Bereich kurzfristiger Laufzeiten zu niedrigeren Renditen der Staatsanleihen und so auch zu einer Entlastung der Staatsfinanzen. Zugleich treibt es aber Inflationssorgen und damit die Renditen der Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten hoch, was wiederum nicht im Sinne der Finanzpolitik ist.
Vor allem kann es passieren, dass die Fed irgendwann einmal deutlicher in den Anleihemarkt eingreifen muss, um eine Vertrauenskrise abzufedern. Dabei kann sie umso mutiger vorgehen, je größer ihre Glaubwürdigkeit ist. Denn misstrauen die Investoren ihr, würde ihre Situation viel leichter außer Kontrolle geraten und zu stark steigenden Inflationserwartungen führen.






Die Europäer sind inzwischen schlauer. Insbesondere Italiens Staatspräsidentin Giorgia Meloni würde die EZB niemals attackieren. Sie weiß, dass sie deren Hilfe immer wieder brauchen könnte. Trump, der Meloni bei internationalen Treffen mitunter anzuhimmeln scheint, sollte sich sie als Vorbild nehmen. Und außerdem nie vergessen: Wenn der Fed die Preisentwicklung wieder entgleitet, werden manche Wähler das auch seiner Regierung anlasten.
Mehr: Powell sieht robustes US-Wachstum, aber schwachen Arbeitsmarkt





