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Kommentar Die Stabilität des Euro ist in Gefahr

Kaum kündigt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann seinen Rückzug an, tauchen Pläne auf, die Schuldenregeln des Maastricht-Vertrags auszuhebeln. Eine brandgefährliche Entwicklung.  
26.10.2021 - 13:45 Uhr 2 Kommentare
Die Stabilität des Euros ist in ernster Gefahr. Quelle: imago images / Christian Ohde
Ein Euro Münze

Die Stabilität des Euros ist in ernster Gefahr.

(Foto: imago images / Christian Ohde)

Hart sollte der Euro sein wie die D-Mark. Das war das große Versprechen mit der Einführung der Gemeinschaftswährung. Geglaubt haben es damals schon viele nicht. Spätestens jetzt muss man feststellen: Die Stabilität des Euros ist in ernster Gefahr.

Zuerst warf der geldpolitische Falke Jens Weidmann frustriert hin. Der Bundesbankpräsident stand nahezu auf verlorenem Posten gegen die Inflationisten im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB).

Am Montag legten die Ökonomen des EU-Rettungsfonds ESM einen Reformvorschlag vor, der die Schuldenregeln des Maastricht-Vertrags aushebeln will. Statt einer Verschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen nun 100 Prozent erlaubt sein.

Das Signal der ESM-Ökonomen könnte verheerender nicht sein. Die Schuldenländer wie Italien und Belgien sehen das als Freibrief für den weiteren Marsch in den Schuldenstaat.

Sparsame Länder wie Deutschland haben drastische Maßnahmen ergriffen, etwa die Rente mit 67 eingeführt. Ausgabenfreudige Länder wie Italien dagegen wollten kürzlich noch ein Grundeinkommen einführen.

Immer die gleiche Salamitaktik

Es ist immer die gleiche Salamitaktik. Der ESM ist das beste Beispiel dafür. Zuerst sollte der Rettungsfonds nur vorübergehend sein und dabei helfen, die Schuldenkrise in Südeuropa zu überwinden. Aus der temporären Konstruktion wurde ein milliardenschwerer Player mit Ewigkeitsgarantie. Dessen Mahnungen zu Reformen in Südeuropa nahm niemand wirklich ernst.

Ein ähnliches Muster zeichnet sich bei der angeblich einmaligen Verschuldungsmöglichkeit der Europäischen Kommission ab. Im Zuge der Pandemie wurde ihr erstmalig die Möglichkeit eingeräumt, an den Finanzmärkten Kredite aufzunehmen. Deutschland, das sich lange gegen Euro-Bonds gewehrt hat, schluckte das widerstandslos. Der Präsident des Europäischen Rechnungshofs befürchtet nun, dass sich die Mitgliedstaaten nicht an die Kriterien für die Ausgaben halten. Das hätten alle wissen können. 

Die EZB hat auch nach dem Motto „Never waste  a good crises“ ihr Inflationsziel nach oben angepasst. Zwei Prozent Inflation sind jetzt nicht mehr die Obergrenze, sondern das Ziel, das man erreichen möchte.

Mohr-Karrikatur

Jeder, der 100.000 Euro auf der Bank hat, ist dann um 2000 Euro ärmer. Und das jedes Jahr. Das ist ein Angriff auf die Mittelschicht. Die Bildung von Eigentum wird schwerer. Wer seinen Lebensabend mit dem Ersparten genießen will, kann sich kaum dagegen wehren. 

Debatte über „Greenflation“

Die neue Bundesregierung trägt eine besondere Verantwortung. Das Thema Geldentwertung wird in den kommenden Monaten dominieren.

Es gibt Faktoren, die Ökonomen als vorübergehend ansehen. Dazu gehören die Lieferengpässe und in Teilen die hohen Energiepreise. Wobei es bei Letzteren schon eine Definitionsfrage ist, was vorübergehend heißt. Besonders im angelsächsischen Raum wird schon über „Greenflation“ diskutiert.

Dazu kommen langfristige Faktoren wie der massive Fachkräftemangel, der zu Lohnerhöhungen führt. Das ist erst mal erfreulich, treibt aber die Inflation. Dasselbe gilt für die De-Globalisierung. Wenn die internationale Arbeitsteilung zurückgeht, wird es teurer.

Man darf also gespannt sein, was die Ampelkoalitionäre dagegen unternehmen. Sie können die Zuwanderung steuern. Es wurde angekündigt, die EEG-Umlage abzuschaffen. Das Geld müsste aber bei den Verbrauchern ankommen und darf nicht bei den Versorgern hängen bleiben. FDP und SPD wollen zudem an der Schuldenbremse festhalten. 

Weichwährung mit Transferunion

Die neue Bundesregierung wird eine Personalentscheidung mit großer stabilitätspolitischer Tragweite treffen müssen: Wer folgt auf Jens Weidmann? EZB-Direktorin Isabel Schnabel jedenfalls dürfte von der FDP nicht akzeptiert werden –und das ist richtig so. Schnabel verteidigt die lockere Geldpolitik der EZB und schimpft über kritische Medien, die Inflationsängste schürten.

Kippt Deutschland auch noch, dann gibt es für den Euro kein Halten mehr. Es kommt das, was sich Frankreich und andere erträumt haben: eine Transferunion mit Weichwährung.

Mehr: Die Zeit des Sparens wird kommen.

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2 Kommentare zu "Kommentar: Die Stabilität des Euro ist in Gefahr"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Dieser Kommentar ist vom ewig gestrigen Denken getrieben und verkennt mehrere Aspekte. Erstens, wir sind nunmal im Euro und werden an Lebensqualität und Infrastruktur im Vergleich zu anderen vermeintlich ‚lockereren‘ Ländern verlieren wenn wir nicht im Gleichklang investieren. Zweitens, die anderen großen Währungen, US Dollar, Yen, Yuan, Pfund Sterling unterliegen dem gleichen Druck wegen Überschuldung. Und das globale Finanzsystem können wir durch deutsche oder europäische Enthaltsamkeit auch nicht retten. Drittens, unsere Schulden im Euroraum sind überwiegend in Euro. Der Euroraum kann also gar nicht zahlungsunfähig werden, Hyperinflation und Argentinien sind keine mahnenden, sondern unpassende Beispiele. Ja, es gibt Risiken. Und der beste Weg nach vorne ist kräftig in Klimaschutz, Bildung und sozialen Frieden zu investieren. Solange der Euro dabei nicht relativ zu Dollar/Yen etc. an Wert verliert sind höhere Schulden kein Problem.

  • Diese Art Verschwörungsmythen sollte man anderen überlassen. Tatsächlich ist der Euro mindestens genauso stabil, wie es die D-Mark war. Wer die hohen Inflationsraten in den 1970er Jahren erlebt hat, weiß, damals war unsere Währung die jetzt ach so glorifizierte D-Mark und nicht der angeblich so weiche Euro.

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