Kommentar: Die verquere Sanktionspolitik der USA

US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin im Juni in Genf: Sanktionen oder Kooperation?
Premierminister Michail Mischustin, Wladimir Putins Pressesprecher Dmitri Peskow, Gazprom-Chef Alexej Miller, Rosneft-Boss Igor Setschin, Jetset-Oligarch Roman Abramowitsch und 30 weitere Spitzenvertreter von Staat und Wirtschaft – es ist eine imposante Liste von Personen, die der US-Kongress mit Sanktionen belegen will.
Im Rahmen des zum 1. Oktober in Kraft tretenden Verteidigungshaushalts soll US-Präsident Joe Biden nach dem überparteilichen Antrag von Demokraten und Republikanern Russlands Toppersonal abstrafen.
Zudem sollen amerikanische Banken und Fonds davon abgehalten werden, russische Anleihen im Handel zu kaufen. Bisher schon dürfen sie sich nicht an Erstemissionen russischer Anleihen beteiligen, die bei Investoren wegen relativ hoher Zinsen und eines immer härter werdenden Rubels beliebt sind.
Ein Ausschluss amerikanischer Investmentfirmen von jeglichem Handel, was dann auch europäische Geldhäuser aus Sorge vor Konsequenzen im US-Geschäft nachvollziehen müssten, wäre ein schwerer Schlag für Moskaus Finanzmarkt.
Die geplanten Sanktionen träfen ranghohe Politiker, Banker, Medienvertreter und Konzernchefs, genau diejenigen, die – neben Staatschef Wladimir Putin – Russland immer mehr zu einem demokratiefeindlichen, monopolistischen und die Marktwirtschaft negierenden Staat machen.
Dass ein Regierungschef eines so bedeutenden Landes auf die US-Sanktionsliste käme, wäre ein echter Präzedenzfall. Und ein schwerer politischer Fehler.
Denn Sanktionen sind kein Spielzeug für Washington, das immer mal wieder herausgekramt wird, wenn jemandem danach ist. Sanktionen sind ein scharfes Schwert – und sie dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn sie einen klaren Anlass haben und gezielt wirken sollen, um politische Handlungsänderungen zu bekommen.
Der Westen muss mit Russland nach politischen Lösungen suchen
Die jetzt geforderten Sanktionen kommen zur falschen Zeit. Zwar hat der Kreml mit seinen Helfershelfern gerade wieder die russische Duma-Wahl massiv manipuliert. Doch die Sanktionen, seit Monaten vorbereitet im US-Kongress, sind nicht gezielt gegen die Wahlfälscher gerichtet. Sie sind daher falsch.




Vielmehr muss es jetzt im Verhältnis des Westens zu Russland um das gemeinsame Suchen nach Lösungen für die Klimakrise, für die humanitäre Katastrophe in Afghanistan und für andere geopolitische Fragen gehen. Jetzt stellt sich die Frage, ob Moskau eingebunden werden kann in die Bewältigung von Menschheitsfragen. Da wirken neue Sanktionen kontraproduktiv.
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