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Kommentar Google will Homeoffice-Mitarbeitern weniger Geld zahlen – und schadet damit vor allem sich selbst

Der Tech-Konzern will Gehälter etwa um 15 Prozent kürzen, wenn man in günstiger Lage wohnt. Der einst so beliebte Arbeitgeber könnte den eigenen Ruf zerstören.
20.08.2021 - 07:48 Uhr Kommentieren
Bis zu 15 Prozent Gehaltseinbußen für Homeoffice-Arbeiter. Quelle: Reuters
Google in New York

Bis zu 15 Prozent Gehaltseinbußen für Homeoffice-Arbeiter.

(Foto: Reuters)

Normalerweise ist Google eine Wohlfühloase für Mitarbeiter. Seit Jahren gilt der Tech-Konzern aus dem Silicon Valley als einer der beliebtesten Arbeitgeber der Welt. Die Bezahlung ist hoch, das Essen wie aus einem Fünf-Sterne-Hotel und für den gemeinen Googleianer natürlich genauso gratis wie das Fitnessstudio.

Was nach Chichi klingt, begeistert Bewerber schon lange – und ist Teil der Erfolgsgeschichte des Suchmaschinenkonzerns. Doch in Corona-Zeiten droht die Google-Oase jetzt an Anziehungskraft zu verlieren. Anders lässt es sich kaum erklären, dass der Konzern laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters plant, seine Mitarbeiter in Amerika im Homeoffice schlechter zu bezahlen, wenn diese an einem Ort wohnen, der besonders niedrige Lebenshaltungskosten hat.

Ein New Yorker Google-Mitarbeiter etwa, der in Connecticut wohnt und arbeitet, müsste demnach mit 15 Prozent Gehaltseinbußen rechnen – während seine Kollegin, die direkt in New York lebt, fünf Tage pro Woche von zu Hause arbeiten könnte und immer noch das Gleiche verdienen würde.

Google begründet den Schritt damit, seine Mitarbeiter schon immer ortsabhängig vergütet zu haben. Das wolle man eben auch im Homeoffice weiterführen. Bevor die ersten jetzt laut „ungerecht!“ skandieren, muss man erst einmal geraderücken, worum es Google beim Aufbau so einer Drohkulisse in Wirklichkeit geht.

Nämlich darum, jene Leute zurück ins Büro zu holen, die besonders schwierig an die Schreibtische zurückzuholen sind – allen voran Menschen mit einem langen Pendelweg. Und die wohnen eben eher in der Provinz als in der Metropole. Auch andere Tech-Konzerne in Amerika haben Experimente mit sogenannten „pay cuts“ für Homeoffice-Arbeiter angekündigt.

Nun mag es für einen Konzern wie Google, der auf die Innovationskraft seiner Mitarbeiter angewiesen ist, verständlich sein, dass er seine Schäfchen gerne bei sich haben will. Das ermöglicht kurzfristig einen fruchtbaren Austausch untereinander und langfristig, dass weiterhin gute Ideen aus dem Hause Google kommen.

In Deutschland faktisch unmöglich

Schon vergangenes Jahr machte CEO Sundar Pichai deshalb klar, dass er nicht daran glaube, dass „die Zukunft 100 Prozent remote“ sei. Und vermutlich würden ihm da viele, die ein paar Lockdown-Monate mitgemacht haben, sogar zustimmen.

Doch Googles Herangehen mit dem Gehalts-Hackebeil ist auf kurze Sicht nicht nur arbeitsrechtlich fragwürdig und – auch das zur Beruhigung – in Deutschland faktisch unmöglich. Das Vorgehen ist auch aus einem anderen Grund für Google wahnsinnig riskant: Dem beliebten Arbeitgeber könnten die Leute davonrennen.

Gerade schlaue Köpfe, wie sie im Silicon Valley zuhauf arbeiten, lassen sich nicht nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip führen. Man muss ihnen zumindest das Gefühl geben, eine Wahl zu haben. Und die fehlt, wenn jemand für die Arbeit, die er unter Umständen schon viele Jahre erfolgreich abliefert, plötzlich weniger Geld bekommen soll als bisher.

Das frustriert und führt dazu, dass sich Angestellte vielleicht noch kurze Zeit zähneknirschend fügen, aber eigentlich schon parallel nach Arbeitgebern Ausschau halten. Unternehmen, die es anders handhaben mit der Bezahlung für Heimarbeiter.

In Amerika würden Homeoffice-Fans zum Beispiel beim Social-News-Aggregator Reddit fündig. Der hat bereits letzten Herbst angekündigt, regionale Gehaltsunterschiede in Amerika abzuschaffen und stattdessen den Verdienst an US-Gehaltshochburgen wie New York oder San Francisco anzulehnen – ganz egal, wo ein Mitarbeiter lebt und wie viele Tage er von zu Hause arbeitet.

Unternehmen wie Reddit haben eines verstanden: Dass Tech-Unternehmen in der Post-Corona-Ära selbst in der strukturschwächsten Gegend im Land plötzlich nicht mehr nur auf einen regionalen, sondern auf einen nationalen und in manchen Fällen sogar auf einen internationalen Arbeitsmarkt zugreifen können. Wer hier ein attraktiver Arbeitgeber sein will, muss seine Gehälter wie Reddit im Zweifel erhöhen und nicht wie Google unter falschen Vorzeichen kürzen.

Nicht zuletzt macht es Unternehmen auch diverser, wenn nicht nur Großstadtbewohner auf den Bürofluren oder eben im Homeoffice arbeiten. Sondern auch ein paar Leute, die gerne in Vororten wohnen. Solche Vielfalt soll ja – das belegen zumindest Studien immer wieder – auch ein Treiber von Innovation sein.

Mehr: Weniger Gehalt wegen Homeoffice – könnte das auch in Deutschland passieren?

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