Kommentar: Habecks Irrtum: Wir brauchen Wachstum, keine Steuererhöhungen

Mit der Steuerdebatte schreckt der Staat private Investoren ab.
Deutschland steckt mitten in einer Wirtschaftskrise, und der Bundeswirtschaftsminister denkt laut über höhere Steuern nach. Robert Habeck mag derzeit der beliebteste Politiker Deutschlands sein. Doch das sollte den Vizekanzler nicht dazu verleiten, populistisch gegen die sogenannten „Besserverdienenden" Stimmung zu machen. Darunter fallen nämlich nicht nur qualifizierte Fachkräfte, sondern auch Hunderttausende von Mittelständlern und Handwerkern. Für die ist die Einkommensteuer die Unternehmensteuer.
Wenn man niedrige und mittlere Einkommen über eine Abflachung des sogenannten „Mittelstandsbauchs" aufkommensneutral entlasten will, so wie der Grünen-Politiker es sich wohl vorstellt, dann müsste der Spitzensteuersatz ab einem zu versteuernden Einkommen von 80.000 Euro brutto im Jahr laut Berechnungen des Bundesfinanzministeriums von 42 auf 57,4 Prozent steigen. Da würde sich sogar Helmut Kohl verwundert die Augen reiben. In seiner Ära lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent.
>> Ampelstreit über Entlastungen: Lindner zerpflückt Habecks Steuerplan
Das ist das falsche Signal in einer Zeit, wo der Steuerzahler ohnehin hohe Inflationsraten zu verkraften hat. Während auf der einen Seite das Sanktionsregime gegen Hartz-IV-Empfänger fällt, will der Bundeswirtschaftsminister die leistungsbereite Mitte stärker belasten. Das passt alles nicht mehr zusammen. Man kann es vielen Selbstständigen und Fachkräften nicht verdenken, wenn sie in manchen Momenten an ihren Politikern verzweifeln.
Debatten über höhere Steuern inmitten einer solch fragilen wirtschaftlichen Situation senden ein völlig falsches Signal: Wir brauchen mehr Investitionen, nicht weniger. Der Staat will den Privatsektor motivieren, gewaltige Beträge in die Digitalisierung und Elektrifizierung der Volkswirtschaft zu stecken. Mit der Steuerdebatte aber schreckt er private Investoren ab.
Steuerliche Entlastungen nötig
Ohnehin ist Deutschland nach Belgien bereits Vizeweltmeister bei Abgaben und Steuern, wie es die OECD jüngst amtlich festgestellt hat.






Der Bundeswirtschaftsminister sollte seine Energie besser darauf verwenden, sich gemeinsam mit Bundesfinanzminister Christian Lindner zu überlegen, wie man über steuerliche Entlastungen für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen kann.
Im Herbst legt der Bundesfinanzminister den Bericht zu kalten Progression vor. Darin geht es also um die schleichenden Steuerbelastungen durch Inflation und Lohnerhöhungen, die dem Staat zugutekommen. Lindner will diese Mehreinnahmen der Mittelschicht zurückgeben. Habeck sollte hier nicht wieder eine Gegenfinanzierung durch höhere Steuern ins Spiel bringen.
Mehr: Debatte um Sondersteuer: Soll der Staat die Milliardengewinne der Ölkonzerne abschöpfen?





