Kommentar: Höhere Steuern in den USA? Keine Entwarnung für Deutschland


Kamala Harris wagt ein Experiment im Wahlkampf: Die Präsidentschaftskandidatin kündigt für den Fall ihrer Wahl an, die Steuern für Unternehmen von 21 auf 28 Prozent zu erhöhen. Gleichzeitig verspricht sie, Familien und die Mittelschicht zu entlasten. Ob sie mit diesem Plan bei den vielen steuersenkungsverliebten US-Bürgern punkten kann? Zumindest kann man Harris einen realistischen Blick auf die Finanzlage der USA bescheinigen.
Ihr republikanischer Konkurrent Donald Trump war es, der einst die Unternehmensteuern von 35 auf 21 Prozent senkte. Damit machte er aus dem Hochsteuerland USA einen Standort, der sich im internationalen Wettbewerb besser behaupten konnte. Sein Nachfolger, der amtierende Präsident Joe Biden, legte nach: Mit dem Inflation Reduction Act setzte er ein milliardenschweres Subventionsprogramm auf, das Steuergutschriften für Investitionen von Unternehmen beinhaltet.
Das Ergebnis ist ein hohes Wirtschaftswachstum, aber auch eine stark steigende Staatsverschuldung. Sie beträgt mittlerweile 35 Billionen US-Dollar, das entspricht rund 125 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Tendenz: stark steigend. Ewig können selbst die USA diese Finanzpolitik nicht fortsetzen. Dass Investoren angesichts von schuldenfinanzierten Steuersenkungsplänen auch nervös werden können, musste einst die britische Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss erfahren.
Der internationale Steuerwettbewerb bleibt scharf
Insofern ist es verständlich, wenn Harris ihre Entlastungsversprechen mit Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung kombiniert. Ob es nach einem möglichen Wahlsieg wirklich 28 Prozent werden, was die Gesamtbelastung zusammen mit lokalen Steuern auf über 30 Prozent steigern würde, wird sich zeigen.
Klar ist: Selbst wenn die nächste US-Regierung die Bundessteuer für Unternehmen wieder etwas erhöht, wird das den internationalen Wettbewerb kaum entschärfen – zumindest aus deutscher Sicht.





In Deutschland liegt die Steuerlast für Unternehmen bei rund 30 Prozent und damit am oberen Ende der Industriestaaten. In Frankreich und Großbritannien ist sie mit 25 Prozent niedriger. Hinzu kommen weitere Standortschwächen, etwa die vergleichsweise hohen Energiekosten. Und auch bei der Steuerlast für Arbeitnehmer ist Deutschland unattraktiv, wie die Debatte um einen Steuerbonus für ausländische Fachkräfte verdeutlicht.
Die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bleibt also akut. Von der Ampelkoalition ist nicht mehr viel zu erwarten. Die nächste Bundesregierung aber wird sich darum kümmern müssen, ganz unabhängig von einer möglichen Steuerreform in den USA.






