Kommentar: Merz’ Manager verkörpern eine Kultur, die Deutschland oft fehlt


Friedrich Merz setzt ein starkes Zeichen für mehr Praxisorientierung, Entscheidungsfreude und Unabhängigkeit. Mit der Berufung von Katherina Reiche, Wolfram Weimer und Karsten Wildberger holt er drei ausgewiesene Praktiker aus der Wirtschaft in sein Kabinett. Ein frischer Impuls, den Deutschland dringend braucht angesichts schleppender Digitalisierung, bürokratischer Überforderung und wachsender internationaler Konkurrenz.
Manager wie Karsten Wildberger verkörpern eine Kultur, die der Bundespolitik oft fehlt: schneller, klarer, ergebnisorientierter. „Ich brauche Geschwindigkeit, ich hasse Stillstand“, sagte der Ceconomy-Chef, der auch für Media-Markt und Saturn verantwortlich ist, vor gut zwei Jahren in einem Podcast. Genau diese Haltung könnte die Politik entscheidend voranbringen – etwa bei dem Abbau von Funklöchern, dem Abschaffen überholter Faxgeräte oder dem Aufbau eines modernen Staatswesens.
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Doch Unternehmergeist allein genügt nicht. Politik folgt eigenen Regeln. Hier werden Entscheidungen nicht wie in Management-Meetings getroffen. Konsens, Interessenausgleich und demokratische Aushandlung sind unverzichtbar.
Deshalb stößt das Prinzip „Einfach mal machen“ in der politischen Realität schnell an seine Grenzen. Das mündet im Politikstil der Saskia Eskens dieser Welt, die eher erklären, warum etwas nicht geht, als, wie es möglich wäre. Hier entscheidet sich, ob der Transfer von unternehmerischer Erfahrung in die Politik gelingt.
Manager brauchen Verwaltungsprofis
Die Herausforderung für die Manager im Kabinett Merz wird es, das politische System zu verstehen und zu respektieren, ohne sich davon lähmen zu lassen. Erfolgreich wird, wer sich erfahrene Staatssekretäre an die Seite holt – Verwaltungsprofis wie Matthias Machnig oder Werner Gatzer, die die Spielregeln kennen und die Apparate effizient steuern können. Ohne diese Brücke zwischen Unternehmergeist und Verwaltungskompetenz wird auch der dynamischste Manager scheitern.
Gleichzeitig bietet der Wechsel große Chancen. Unternehmer bringen deutlich mehr Unabhängigkeit mit. Wer nicht auf ein politisches Mandat angewiesen ist, kann Klartext reden, unbequem sein und auf sachgerechte Lösungen drängen – ohne Rücksicht auf innerparteiliche Karrierewege oder Fraktionsdisziplin. Diese neue Freiheit birgt das Potenzial, politische Debatten ehrlicher und zielgerichteter zu machen.

Doch die neue Nähe zwischen Wirtschaft und Politik birgt auch Risiken. Ehemalige Manager müssen mögliche Interessenkonflikte klar benennen und vermeiden. Wer politische Verantwortung übernimmt, darf keine geschäftlichen Altlasten mitbringen oder verdeckte Loyalitäten pflegen. Transparenz, eine saubere Trennung von früheren Tätigkeiten und die klare Verpflichtung zum Gemeinwohl sind unerlässlich, um dem notwendigen Vertrauensvorschuss nicht zu verspielen.
Vorbilder existieren bereits:

Wenn die neuen Minister ihre unternehmerische Einstellung erfolgreich mit demokratischer Kompromissfähigkeit verbinden, könnten sie ein moderneres Regierungsverständnis prägen: schneller, effizienter, aber nicht weniger legitimiert. Dafür müssen die Manager die politischen Prozesse jedoch nicht nur beschleunigen, sondern auch gestalten. Sie müssen Widerspruch aushalten und Kompromisse suchen, ohne ihren Gestaltungsanspruch zu verlieren.
Deutschland braucht diese frische Perspektive
Gelingt dieser Balanceakt, könnten sie zum Vorbild einer neuen Politikergeneration werden: unabhängig, lösungsorientiert, pragmatisch. Mit mutigem Handeln und klarer Sprache könnten sie zeigen, dass Verwaltung nicht zwangsläufig langsam und überreguliert sein muss.
Deutschland braucht diese frische Perspektive dringend. Langwierige Verfahren, Kompetenzgerangel und Reformverweigerung gefährden sonst den Wohlstand von morgen. Die großen Aufgaben – Klimawandel, Digitalisierung, wirtschaftliche Transformation – dulden keinen Aufschub mehr.




Unternehmerischer Geist allein wird die Politik zwar nicht revolutionieren. Doch richtig eingesetzt, kann er sie erneuern und zukunftsfähig machen.
Friedrich Merz hat mit seiner Personalwahl Mut bewiesen. Jetzt liegt es an den neuen Ministern, diesen Vertrauensvorschuss einzulösen – mit Tempo, Augenmaß und der Fähigkeit, Wirtschaft und Staat endlich enger und erfolgreicher zu verzahnen.





