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KommentarMerz’ Manager verkörpern eine Kultur, die Deutschland oft fehlt

Friedrich Merz holt drei ausgewiesene Praktiker aus der Wirtschaft in sein Kabinett. Das kann zum Erfolg werden – wenn sie eine wichtige Entscheidung treffen.Thomas Sigmund 29.04.2025 - 08:50 Uhr
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Katherina Reiche und Karsten Wildberger: Die designierte Ministerin und der designierte Minister kommen am Montag zum Bundesausschuss der CDU. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Friedrich Merz setzt ein starkes Zeichen für mehr Praxisorientierung, Entscheidungsfreude und Unabhängigkeit. Mit der Berufung von Katherina Reiche, Wolfram Weimer und Karsten Wildberger holt er drei ausgewiesene Praktiker aus der Wirtschaft in sein Kabinett. Ein frischer Impuls, den Deutschland dringend braucht angesichts schleppender Digitalisierung, bürokratischer Überforderung und wachsender internationaler Konkurrenz.

Manager wie Karsten Wildberger verkörpern eine Kultur, die der Bundespolitik oft fehlt: schneller, klarer, ergebnisorientierter. „Ich brauche Geschwindigkeit, ich hasse Stillstand“, sagte der Ceconomy-Chef, der auch für Media-Markt und Saturn verantwortlich ist, vor gut zwei Jahren in einem Podcast. Genau diese Haltung könnte die Politik entscheidend voranbringen – etwa bei dem Abbau von Funklöchern, dem Abschaffen überholter Faxgeräte oder dem Aufbau eines modernen Staatswesens.

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Doch Unternehmergeist allein genügt nicht. Politik folgt eigenen Regeln. Hier werden Entscheidungen nicht wie in Management-Meetings getroffen. Konsens, Interessenausgleich und demokratische Aushandlung sind unverzichtbar.

Deshalb stößt das Prinzip „Einfach mal machen“ in der politischen Realität schnell an seine Grenzen. Das mündet im Politikstil der Saskia Eskens dieser Welt, die eher erklären, warum etwas nicht geht, als, wie es möglich wäre. Hier entscheidet sich, ob der Transfer von unternehmerischer Erfahrung in die Politik gelingt.

Manager brauchen Verwaltungsprofis

Die Herausforderung für die Manager im Kabinett Merz wird es, das politische System zu verstehen und zu respektieren, ohne sich davon lähmen zu lassen. Erfolgreich wird, wer sich erfahrene Staatssekretäre an die Seite holt – Verwaltungsprofis wie Matthias Machnig oder Werner Gatzer, die die Spielregeln kennen und die Apparate effizient steuern können. Ohne diese Brücke zwischen Unternehmergeist und Verwaltungskompetenz wird auch der dynamischste Manager scheitern.

Gleichzeitig bietet der Wechsel große Chancen. Unternehmer bringen deutlich mehr Unabhängigkeit mit. Wer nicht auf ein politisches Mandat angewiesen ist, kann Klartext reden, unbequem sein und auf sachgerechte Lösungen drängen – ohne Rücksicht auf innerparteiliche Karrierewege oder Fraktionsdisziplin. Diese neue Freiheit birgt das Potenzial, politische Debatten ehrlicher und zielgerichteter zu machen.

Vorbild Joe Chialo (CDU): Berlins Kultursenator war früher erfolgreicher Musikmanager. Foto: dpa

Doch die neue Nähe zwischen Wirtschaft und Politik birgt auch Risiken. Ehemalige Manager müssen mögliche Interessenkonflikte klar benennen und vermeiden. Wer politische Verantwortung übernimmt, darf keine geschäftlichen Altlasten mitbringen oder verdeckte Loyalitäten pflegen. Transparenz, eine saubere Trennung von früheren Tätigkeiten und die klare Verpflichtung zum Gemeinwohl sind unerlässlich, um dem notwendigen Vertrauensvorschuss nicht zu verspielen.

Vorbilder existieren bereits:

    Joe Chialo (CDU), heute Kultursenator in Berlin und früher erfolgreicher Musikmanager, zeigt, dass man mit kaufmännischem Sachverstand und pragmatischer Herangehensweise auch in der Politik erfolgreich sein kann.Auch Lutz Goebel, Familienunternehmer und langjähriger Chef des Nationalen Normenkontrollrats, zeigt, dass wirtschaftlicher Pragmatismus und politische Verantwortung kein Widerspruch sein müssen. Er hat sich über Jahre hinweg als konstruktiver, unabhängiger Mahner gegen überbordende Bürokratie verdient gemacht und damit gezeigt, wie man mit wirtschaftlicher Denke politische Prozesse nachhaltig verbessern kann.
Lutz Goebel: Der Unternehmer ist Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats (NKR). Foto: dpa

Wenn die neuen Minister ihre unternehmerische Einstellung erfolgreich mit demokratischer Kompromissfähigkeit verbinden, könnten sie ein moderneres Regierungsverständnis prägen: schneller, effizienter, aber nicht weniger legitimiert. Dafür müssen die Manager die politischen Prozesse jedoch nicht nur beschleunigen, sondern auch gestalten. Sie müssen Widerspruch aushalten und Kompromisse suchen, ohne ihren Gestaltungsanspruch zu verlieren.

Deutschland braucht diese frische Perspektive

Gelingt dieser Balanceakt, könnten sie zum Vorbild einer neuen Politikergeneration werden: unabhängig, lösungsorientiert, pragmatisch. Mit mutigem Handeln und klarer Sprache könnten sie zeigen, dass Verwaltung nicht zwangsläufig langsam und überreguliert sein muss.

Deutschland braucht diese frische Perspektive dringend. Langwierige Verfahren, Kompetenzgerangel und Reformverweigerung gefährden sonst den Wohlstand von morgen. Die großen Aufgaben – Klimawandel, Digitalisierung, wirtschaftliche Transformation – dulden keinen Aufschub mehr.

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Unternehmerischer Geist allein wird die Politik zwar nicht revolutionieren. Doch richtig eingesetzt, kann er sie erneuern und zukunftsfähig machen.

Friedrich Merz hat mit seiner Personalwahl Mut bewiesen. Jetzt liegt es an den neuen Ministern, diesen Vertrauensvorschuss einzulösen – mit Tempo, Augenmaß und der Fähigkeit, Wirtschaft und Staat endlich enger und erfolgreicher zu verzahnen.

Mehr: Merz degradiert eines der mächtigsten Häuser zum Restposten – dabei wurde es selten dringender gebraucht

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