1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Gaspreise: Neun Punkte, wie Europa die Krise als Chance nutzen kann

KommentarNeun Lehren, die Europa aus der Gaspreiskrise ziehen sollte

Die Energiepreise werden nicht schnell sinken. Aber wenn jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden, kann Europa künftig besser reagieren.Christoph Herwartz 21.10.2021 - 17:54 Uhr Artikel anhören

.[--]Element_LARGE[--]

Das Tückische an Gaspreiskrisen ist, dass ihre Ursachen in der Vergangenheit liegen und sich nicht schnell beseitigen lassen. Die Ursachen der aktuell hohen Preise finden sich in Unfällen in Russland, in der weltweit anziehenden Konjunktur und auch darin, dass europäische Händler die Auswirkungen dieser Entwicklungen falsch eingeschätzt haben. Im Sommer wäre die Zeit gewesen, die Gasspeicher zu füllen. Das passierte nicht, weil die Preise hoch waren – nur liegen sie jetzt eben noch deutlich höher.

In Brüssel wird jetzt geprüft und beobachtet. Vielleicht findet sich ja doch eine Marktmanipulation, die sich abstellen lässt, oder eine Spekulation, die eingedämmt werden kann. Allerdings sind die Hoffnungen darauf begrenzt. Schließlich ist der Preis weltweit hoch, die Knappheit ist in China und Großbritannien schmerzhafter als in der EU.

Klar ist aber: Diese Krise muss genutzt werden. Hier sind neun Vorschläge dazu.

    Erstens müssen Wind-, Sonnen- und Wasserkraft massiv ausgebaut werden. Das bringt nicht nur die Klima- und Energiepolitik voran. Es macht Europa nicht nur unabhängiger von Russland und den arabischen Staaten. Es macht den Strom auch billig, weil die Anlagen, wenn sie einmal gebaut und angeschlossen sind, zu minimalen Kosten produzieren. Billiger Strom wäre für die europäische Industrie ein echter Wettbewerbsvorteil.Zweitens muss mehr in Effizienz investiert werden. Das betrifft die Unternehmen genauso wie die Haushalte, bei denen noch viel zu viel teuer produzierte Wärme durch Fensterritzen entweicht.Drittens können sich die EU-Staaten zusammentun, um gemeinsam Gas einzukaufen, um dem dominanten Anbieter auf dem Markt, also Russland, etwas entgegenzusetzen. Die Energieminister wollen das in der kommenden Woche diskutieren.Sie wollen auch, viertens, über gemeinsame Lagerstätten für Gas sprechen, um Schwankungen im Angebot abfedern zu können.Mit der Speicher-Idee könnte man aber, fünftens, noch weiter gehen. Gas ist ja deswegen so attraktiv, weil sich die Leistung der entsprechenden Kraftwerke schnell hoch- und runterfahren lässt. Das ließe sich auch mit Pumpspeicher-Kraftwerken erreichen oder indem man die Batterien von Elektroautos nutzt, um Spitzen in der Stromnachfrage zu bedienen. Dafür gibt es technische Konzepte, aber noch keine politischen Vorschläge.Was auch bislang nicht auf der Agenda steht, ist, sechstens, die Vollendung des Binnenmarkts für Gas. Das würde bedeuten, die Netze der Mitgliedstaaten besser zu verbinden – durch mehr Pipelines und leistungsfähigere Übergabepunkte. Das würde es leichter machen, auf Reserven in anderen Staaten zuzugreifen und könnte so Schwankungen im Preis abmildern. Die Investitionen sind mit der Energiewende nicht verloren, wenn die Pipelines so gebaut werden, dass sie auch Wasserstoff transportieren können.Ähnlich ist es, siebtens, bei den Stromleitungen: Hier fehlen Trassen quer durch Europa, die den Strom dahin bringen, wo er gebraucht wird.Achtens könnte die EU wieder mehr darauf dringen, dass die Energieversorger die Preise mit ihren Lieferanten langfristiger festlegen. In den Abnahmeverträgen gibt es typischerweise einen zuvor festgelegten und einen schwankenden, vom aktuellen Marktpreis abhängigen Anteil. Um den Wettbewerb zu fördern und Gas billiger zu machen, zielte die EU-Regulierung zuletzt auf Preise, die sich kurzfristig bilden. Dort braucht es eine neue Balance.Neuntens sollte die soziale Umverteilung zur Regel werden. Wenn die Energiepreise steigen, darf das niemanden in die Armut treiben. Wenn die Staaten aber spontan und getrieben von der Angst vor Protesten reagieren, dann bleibt ihnen oft nur das Mittel, Steuern auszusetzen. Das geht schnell und löst das Problem. Aber es schafft ein anderes Problem, nämlich dass die hohen Preise nicht mehr für geringen Verbrauch und neue Investitionen sorgen. Wenn die Staaten signalisieren, dass sie die Verbraucher vor hohen Energiepreisen schützen, schaden sie damit dem Klimaschutz. Wenn sie stattdessen alle armen Haushalte mit demselben Betrag unterstützen, schützen sie sie vor Energiearmut und lassen den Anreiz zu Sparsamkeit bestehen. Je besser so etwas vorbereitet ist, desto weniger Druck ist da, zu anderen Mitteln zu greifen.

Mehr: Wie die Gas-Panik den Windkraftbetreibern schadet

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt