1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Ukrainekonflikt: Olaf Scholz macht seinem Ruf als Merkel 2.0 alle Ehre

KommentarScholz kann es sich nicht leisten, nur Merkel zu kopieren

Der Bundeskanzler steht nicht nur in der Ukrainekrise als führungsschwach da. Die Moderatorenrolle, wie Angela Merkel sie zur Kunstform entwickelt hatte, kommt für ihn viel zu früh.Thomas Sigmund 26.01.2022 - 08:17 Uhr Artikel anhören

Der Kanzler lässt sich bei seinen Entscheidungen viel Zeit.

Foto: Getty Images

Olaf Scholz stand schon im Wahlkampf in dem Ruf, sich in Stil und Auftritt einiges bei Angela Merkel abgeschaut zu haben. In der Ukrainekrise zeigt sich immer mehr, wie richtig dieser Eindruck ist. Seit Tagen wiederholt der Bundeskanzler mantrahaft die Entschlossenheit Deutschlands, bei einem Angriff Russlands zusammen mit den Nato-Verbündeten entschlossen zu reagieren.

Doch wie der deutsche Beitrag bei den Sanktionen aussehen könnte, dazu gibt es von ihm kaum ein Wort. Scholz als Merkel 2.0. 

Einen Unterschied gibt es allerdings schon. Die frühere Kanzlerin hatte sich den Ruf „als letzte Verteidigerin des freien Westens“ hart erarbeitet. Merkel wurde von Russlands Präsident Wladimir Putin als Gesprächspartnerin immerhin respektiert. Auch wenn sie ein ambivalentes Verhältnis zu ihm pflegte.

Die Ereignisse in der Ukraine und die Verhaftung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny waren ihr zuwider. Aber sie hatte einen Zugang zu Putin und konnte sich damit auf eine neue neutrale Rolle als Moderatorin etwa im Normandie-Format zurückziehen, um die Gespräche voranzutreiben.

Scholz dagegen kann das alles nicht vorweisen. Der SPD-Mann steht ganz am Anfang seiner Kanzlerschaft, und die Berliner Strategie, auf Sicht zu fahren, kommt bei den Verbündeten schlecht an – zu Recht.  

Nord Stream 2 als Elefant im Raum

Das unentschlossene Agieren des Kanzlers überträgt sich auch auf die Regierung und die Koalition insgesamt. Vor allem die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 steht zwischen SPD, Grünen und FDP wie ein Elefant im Raum.

Teile der SPD wollen an dem Projekt festhalten. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) versucht, den Konflikt zu ignorieren, und behauptet: „Eine Regierung ist im Prinzip immer einig.“ Der FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner schweigt beredt, was Scholz immerhin nicht als Widerspruch auslegt.

Dabei waren die Grünen aus geopolitischen Gründen schon immer gegen die Pipeline. Im Koalitionsvertrag findet sich kein Wort dazu, damit man nicht gleich am Anfang Krach bekommt.

Die FDP sitzt zwischen allen Stühlen. Am Ende ticken die Liberalen bei der Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte wie die Grünen. Christian Lindner erinnert auf Twitter häufig daran, wie viele Tage Nawalny in Haft sitzt.

Die Ampelkoalitionäre haben darauf gesetzt, dass sich im Laufe der Zeit genug Vertrauen aufbaut, um solchen Krisen gemeinsam zu lösen. Doch mit dem Ukrainekonflikt, den in dieser Dramatik keiner der drei Partner erwartet hatte, ist eine komplett neue Lage entstanden.

Und Scholz steht als führungsschwach da.

Dass Friedrich Merz als Oppositionsführer das kritisiert, ist das eine. Bedenklicher ist, dass viele in der Nato und in der EU über Deutschlands Verhalten auch in der Debatte über die Waffenlieferungen den Kopf schütteln.

Scholz hat noch keine salomonische Lösung gefunden. Er ist getrieben von der eigenen Partei, die traditionell russlandfreundlich agiert. Dann gibt es die restpazifistischen Grünen – und die Liberalen haben schon bei der Ressortzuteilung ihr außenpolitisches Erbe von Hans-Dietrich Genscher nicht angetreten.

Auf der anderen Seite stehen die berechtigten Forderungen der Ukraine. Das Aussitzen, wie es Kanzler gern machen – man denke an Helmut Kohl und Merkel –, hat sich eigentlich nur in der Innenpolitik bewährt.

Verwandte Themen
Olaf Scholz
Angela Merkel
SPD
FDP
Christian Lindner
Wladimir Putin

In der Außenpolitik waren sie auf der Weltbühne respektiert und entschlossen.  

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt