Kommentar: Scholz schrödert, Merz merkelt

Bei der Regierungserklärung des Kanzlers erlebte man eine verkehrte Welt. Olaf Scholz galt lange als Angela Merkel 2.0. Ruhe bewahren, moderieren, Probleme aussitzen. Doch am Mittwoch sah man im Bundestag einen für seine Verhältnisse kämpferischen Kanzler. Er marschierte wie Altkanzler Gerhard Schröder zu seinen besten Zeiten durch die sozialdemokratische Agenda, rief einen Rentenwahlkampf für die kommenden Monate aus.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, den mit Merkel wenig verbindet, gab sich dagegen vor allem staatstragend. Er machte klare Ansagen in Richtung Scholz, aber ohne in den schneidenden Ton zu verfallen, für den er in seinen Reden im Bundestag bekannt ist. Der Kanzler schröderte, Merz merkelte.
Die Rede von Friedrich Merz war damit ungewohnt, aber angemessen. Was aber schon verwundert: Einige in der Union scheinen das Fell des Bären zu verteilen, bevor er erlegt ist. Merz hat intern in der Bundestagsfraktion schon vor „Triumphgeheul“ gewarnt. Aber just an diesem wichtigen Tag meldeten sich viele prominente Unions-Politiker zu Wort.