Kommentar: Scholz wiederholt in Peking Merkels Fehler

Wenn westliche Botschafter ohne China-Erfahrung das erste Mal nach Peking entsendet werden, hat sich folgendes Muster etabliert: Im ersten Jahr ist die chinesische Seite zunächst sehr zuvorkommend. Der Gast ist beeindruckt: Seine Vorgänger hätten einfach nicht gewusst, wie man mit China umgeht, man selbst werde es besser machen, heißt es dann.
Nach etwa einem Jahr im Amt kommt meist die Ernüchterung: Kritik hören sich die chinesischen Gesprächspartner zwar an, sie wird aber ignoriert, wer insistiert, bekommt keine Termine mehr. In der nächsten Phase beginnt meist ein Umdenken. Der Entsandte versucht, den chinesischen Gesprächspartnern selbstbewusst auf Augenhöhe zu begegnen.
Diesen China-Effekt gibt es auch bei Politikern, wie das Beispiel Olaf Scholz zeigt. Der Bundeskanzler war schon zum zweiten Mal während seiner Amtszeit in Kooperationsstimmung in die Volksrepublik gereist. Die Wirtschaftsdelegation war groß genug, um zu zeigen, dass man weiter zusammenarbeiten will. Auch die Anzahl und Auswahl der mitgereisten Bundesminister und die vorbereiteten Kooperationsvereinbarungen sollten zeigen: Die deutsch-chinesischen Beziehungen funktionieren – und das Interesse ist groß, dass das auch so bleibt.