Kommentar: Statt Probleme in der Energiekrise zu lösen, verschiebt sie der Staat

Angesichts der drastischen Entwicklungen können verheißungsvolle Unternehmensnamen und stolze Tweets nicht die Notwendigkeit ersetzen, umsichtige Entscheidungen zu treffen – und alle Konsequenzen mitzubedenken.
Düsseldorf. Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse klingt der Name wie Hohn: SEFE, die Abkürzung für „Securing Energy for Europe“. SEFE ist die neue Bezeichnung für jenes Unternehmen, das bis vor einigen Wochen noch Gazprom Germania hieß – ein Tochterunternehmen des russischen Gaskonzerns Gazprom. Inzwischen hat der deutsche Staat die Treuhandschaft übernommen und ihm seinen neuen Namen verliehen. Die Botschaft: „Wir retten die europäische Gasversorgung." Im Moment ist das Gegenteil der Fall.
SEFE lässt seinen wohl wichtigsten Gaskunden im Stich: Am Freitagmorgen verkündete der Energieversorger VNG, in Not zu sein, weil er kein Gas mehr von SEFE erhält. Damit steht die Gasversorgung von 400 Stadtwerken und Industrieunternehmen in Deutschland auf dem Spiel, die gewöhnlich Gas von VNG beziehen. Die Konsequenz: VNG beantragt Staatshilfe. Welch Ironie. Hätte der Staat dafür gesorgt, dass „Securing Energy for Europe“ die VNG weiter mit Gas beliefert, müsste er das Unternehmen jetzt nicht retten.
Warum die Bundesregierung so agiert, bleibt fürs Erste ihr Geheimnis. Unterm Strich ist es vielleicht auch egal, ob SEFE Gas teuer am Markt einkaufen muss oder VNG. Am Ende wird beides Staat und Bürger viel Geld kosten. Doch der Fall verstärkt den Eindruck, dass der Staat in dieser Energiekrise oftmals nur Probleme von A nach B verschiebt.
Ein weiteres Beispiel sind die milliardenschweren Gaseinkäufe des Bundes. Der Staat hat der Gesellschaft Trading Hub Europe (THE) 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die deutschen Speicher schnellstmöglich zu füllen. Das klappt: Deutschland hat seine Speicherziele für Oktober bereits erreicht, wie der Chef der Bundesnetzagentur jüngst twitterte. Doch zu welchem Preis?
Ein Kunde, der mit 15 Milliarden Euro auf Einkaufstour geht und zu jedem Preis kauft, treibt die Energiepreise weiter und macht Gas für Unternehmen und Stadtwerke unerschwinglich. Der Nebeneffekt: immer mehr Unternehmen stellen mangels Gas die Produktion ein. Das sorgt für „Gaseinsparungen“ – aber auch für Arbeitslosigkeit, Produktionsausfälle und eine steigende Inflation.
Mit der hochgradig komplexen Energiekrise umzugehen ist schwer. Aber angesichts der drastischen Entwicklungen können verheißungsvolle Unternehmensnamen und stolze Tweets nicht die Notwendigkeit ersetzen, umsichtige Entscheidungen zu treffen – und alle Konsequenzen mitzubedenken.
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