Kommentar zu VW: Volkswagen droht der Opel-Moment


Der VW-Markenchef Thomas Schäfer (r., mit VW-Chef Blume) spricht intern klare Worte: VW muss handeln.
Volkswagen ist zu langsam, zu träge, zu kompliziert – und wenn es so weitergeht, nicht überlebensfähig. Das ist nicht etwa der Blick von außen auf den größten deutschen Autobauer, sondern die hauseigene Analyse des Status quo. Formuliert hat die Zuschreibung VW-Markenchef Thomas Schäfer in einem internen Podcast, den sich das Handelsblatt anhören konnte. Die Worte machen klar: VW muss handeln. Und zwar jetzt.
Schäfers Position ist dabei eine undankbare. Er muss die Probleme lösen, die seine Vorgänger hinterlassen haben. Die hohen Kosten in der Entwicklung, im Vertrieb, aber auch auf Personalseite – all das belastet mit jedem weiteren Jahr immer stärker das Kern-, also das Volumengeschäft.
Gleichzeitig darf Schäfer nicht die Zukunft aus dem Blick verlieren. Doch genau hier fehlt der Kernmarke VW bei näherer Betrachtung eine überzeugende Strategie.
Ein Elektrogolf, vielleicht ein E-Tiguan, dazu ein ID.Buzz, der vom Design her an die Bulli-Erstauflage aus den 50er-Jahren erinnern soll, all das klingt nach: „Früher war alles besser.“ Sicher hat VW mit seinen Pkw-Ikonen einen Schatz, den es zu bewahren gilt. Und es ist gut, dass VW das erkannt hat und hier gegensteuert.
Die Frage ist nur, ob die Hoffnung auf ein Abspulen alter Erfolge und das Abräumen alter Baustellen ausreicht, um gegen Spieler wie Tesla aus Amerika oder BYD aus China zu bestehen.
Flurfunk bei Volkswagen: Angst vor dem Opel-Moment bei VW
Unter ranghohen Führungskräften macht deshalb längst die Angst vor einem Opel-Moment in Wolfsburg die Runde. Die Marke aus Rüsselsheim war einst gleichauf mit VW. Heute ist sie nur noch ein Anhängsel im französisch dominierten Stellantis-Konzern.
Um hier vorzubeugen, ist es zwingend notwendig, die Marge in die richtige Richtung zu rücken. Bloß: Das allein reicht nicht. Schäfers Gegenspielerin, Betriebsratschefin Daniela Cavallo, hat einen Punkt, wenn sie ein Zielbild vom Management fordert und sagt, dass Renditeziele vielleicht Märkte, aber keineswegs Mitarbeiter motivieren – wobei selbst die Märkte aktuell offenbar so ihre Zweifel an VW haben, wie ein schneller Blick aufs Kurschart zeigt.
Angesichts dieser Dringlichkeit ist es ein fatales Zeichen, dass es beim Spar- und Effizienzprogramm der Marke – intern nur „Performance Programm“ genannt – zuletzt immer wieder Verzögerungen auf der Zeitleiste gab. Aus Oktober ist inzwischen Ende November, Anfang Dezember geworden. Aber auch dann wird vermutlich noch nicht alles fertig sein, ist aus Wolfsburg schon heute zu hören.

Sicher: Ein komplexer Konzern wie VW reformiert sich nicht im Eiltempo, nur ist in der Vergangenheit schon viel Zeit vergeudet worden. Und kein Wettbewerber wird auf diesen Umstand Rücksicht nehmen. VW rennt die Zeit davon, um den Opel-Moment abzuwenden.
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Erstpublikation: 13.11.2023, 15:00 Uhr.





