Strompreis: Warum die hohen Energiepreise die Wirtschaft bremsen
Es war die Woche der großen Reports zur Lage der Wirtschaft: Am Montag legte der frühere italienische Regierungschef und Ex-EZB-Präsident Mario Draghi einen umfassenden Bericht zur Lage in Europa vor. Am Dienstag dann veröffentlichten die Unternehmensberatung BCG, das Wirtschaftsinstitut IW und der Industrieverband BDI eine Studie zu „Transformationspfaden für das Industrieland Deutschland“.
Beide Untersuchungen haben eine unerfreuliche Gemeinsamkeit: Sie identifizieren die hohen Energiekosten in Deutschland und Europa als grundlegende Hemmnisse für das Vorankommen der hiesigen Wirtschaft.
Die Erkenntnis ist nicht neu. Aber sie ist in den beiden Berichten mit interessanten Details und Daten belegt. Schließlich sind Strom- und Gaspreise seit Beginn des Ukrainekriegs eigentlich wieder stark gesunken. Sie bleiben aber für die Industrie ein Problem: Laut Draghi-Report waren 2021 nur 20 Prozent des nach Europa importierten Gases Flüssigerdgas, das mit teils sehr stark schwankenden oder hohen Preisen per Schiff transportiert wird und nicht über Pipelines mit langlaufenden Verträgen. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hing Europa im Jahr 2023 schon zu 42 Prozent von Flüssigerdgas ab.
In der BDI-Studie heißt es, die Gaspreise für deutsche Unternehmen lägen um den Faktor drei bis fünf höher als für große globale Wettbewerber, während sie 2019 noch in etwa auf dem Niveau Chinas und nur etwas höher als in den USA lagen.
Beim Strom sieht der Draghi-Report eine Herausforderung im Merit-Order-Prinzip: Der Strompreis am Markt wird vom jeweils teuersten Kraftwerk bestimmt, das zu einem bestimmten Zeitpunkt laufen muss, um den benötigten Strom zu produzieren. Das sind laut Report in 63 Prozent der Zeit teure Gaskraftwerke – obwohl Erdgas mengenmäßig nur 20 Prozent zur Stromerzeugung in der EU beiträgt.
>> Passend dazu: Werden Sie zum Energie Experten mit dem Handelsblatt Energie Briefing. Jetzt für den kostenlosen Newsletter anmelden.
Deutsche Unternehmen zahlen deutlich mehr als globale Konkurrenten
In der BDI-Studie heißt es zum Thema Strom, die Preise seien für fast alle Unternehmen in Deutschland im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Je nach Verbrauchsgruppe hätten die Strompreise in Deutschland 2023 um 60 bis 75 Prozent höher gelegen als noch 2019. Im Vergleich zu Wettbewerbern in China und den USA müssten deutsche Unternehmen Mehrkosten von 30 bis 100 Euro je Megawattstunde tragen.
So ist am Ende dieser Woche deutlicher denn je: Ein Abschied von billigen, fossilen Energien geht vorerst mit einem Preis einher.
Dieser Text ist am 13. September 2024 zuerst im Handelsblatt-Newsletter Energie Briefing erschienen.