Vertrauensfrage: Die Größe der Krise steht in krassem Missverhältnis zum Klein-Klein der politischen Akteure


Schon dem gesamten Vorgang wohnt Befremdliches inne: Da stellt ein Kanzler die Vertrauensfrage, um an ihr zu scheitern. Olaf Scholz will also das Misstrauen des Parlaments ernten, um schließlich bei den Wählerinnen und Wählern neues Vertrauen für die dann anstehende Bundestagswahl zu gewinnen.
Vertrauen wofür eigentlich? Zunächst einmal ist die Tatsache, dass der Kanzler zur Ultima Ratio des Parlamentarismus greifen musste, ein Eingeständnis des Scheiterns, das für eine Regierung größer kaum sein könnte. Und so war es nur folgerichtig, dass der Kanzler die Abstimmung im Bundestag verloren hat. Das Ende der Ampel-Regierung ist damit besiegelt, und dass das niemand bedauern muss, zeigte einmal mehr die giftige Parlamentsdebatte. Nicht ein kluger Gedanke blieb hängen, vor allem der Schlagabtausch zwischen den Ex-Koalitionären FDP und SPD fiel teilweise in die Kategorie unappetitlich.
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Nun, Scholz warb trotzdem für neues Vertrauen. Doch auch für die Wahl am 23. Februar bleibt die Frage: Vertrauen wofür eigentlich? Gäbe es diese eine große Idee, wo er das Land hinführen will. Doch an deren Stelle befindet sich große politische Leere. Das letzte politische Aufgebot des Kanzlers erschöpft sich in der illusorischen Hoffnung, dass ein „Weiter-so“ dann doch irgendwie möglich sein könnte.
Aber diese Vertrauensfrage geht weit über Frage, was aus dem Kanzler wird hinaus. Sie ist Symptom für die tiefe politische und vor allem auch ökonomische Krise, die Europas größte Volkswirtschaft derzeit durchlebt. Denn die politische Verzagtheit hat der Kanzler bei Weitem nicht exklusiv. Sie zieht sich durch das gesamte politische Zentrum der Republik.





