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Morning BriefingAutoindustrie eiert zum Gipfel – Fahrmodus „mitleidserregend“

Christian Rickens 09.10.2025 - 06:11 Uhr
Morning Briefing

Vor dem Autogipfel: Was Konzerne wollen

09.10.2025
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Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

Vor ihrer Anreise zum heutigen Autogipfel im Kanzleramt haben die Vormänner des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes in den Fahrmodus „mitleidserregend“ geschaltet. Erst am Dienstagabend hatte BMW vor niedrigeren Gewinnen in diesem Jahr gewarnt. Volkswagen hatte zuletzt in den Werken Zwickau und Dresden die Zahl der Schichten reduziert und das mit einer schwachen Elektro-Nachfrage erklärt. Bosch streicht in Deutschland 22.000 Stellen, ZF 14.000.

Bosch begründet den Jobabbau auch damit, dass sich der „weltweite Fahrzeugmarkt weiterhin verhalten entwickelt“.

Der weltweite Fahrzeugmarkt? Nun ja. Ein genauer Blick zeigt: Die weltweiten Auto-Absatzzahlen wachsen durchaus ordentlich. Nur bekommen die deutschen Hersteller von diesem immer größeren Kuchen immer weniger ab. Die Absatzzahlen von BMW, Mercedes und Volkswagen sinken, wie unsere Grafik zeigt. Und die Zulieferer leiden mit.

Bei derart durchglobalisierten Konzernen wie den drei deutschen Autobauern erscheint es schwer vorstellbar, dass diese Misere nur etwas mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland oder der EU zu tun haben soll. Womöglich muss man auch nach dem ein oder anderen Fehler in der Modellpolitik fragen. Und nach so mancher üppiger Dividende der vergangenen Jahre, die vielleicht besser ins Unternehmen reinvestiert worden wäre.

Ich hoffe, die Koalitionäre im Kanzleramt rufen sich diese Versäumnisse der Autobosse ins Gedächtnis, bevor sie den Herren allzu großzügige Marscherleichterung auf dem Weg nach Elektristan versprechen.

Verbrenner oder Elektroautos? Die Entscheidung wird in Brüssel getroffen. Foto: Getty Images (3)

Welche Optionen es für die Autobranche gibt

Klar ist zumindest, was sich die Branche wünscht: Nach aktuellem Stand dürfen in der Europäischen Union ab 2035 keine Neuwagen mehr verkauft werden, die CO₂ ausstoßen, sonst werden Strafen fällig. Vor allem die Zulieferer drängen auf eine Aufweichung der Regelung, sie verdienen das meiste Geld noch immer mit dem Verbrenner.

Bosch-Chef Stefan Hartung fordert, dass andere Antriebsarten wie Plug-in-Hybride oder Batteriefahrzeuge mit Range-Extender „über 2035 hinaus eine Marktperspektive in Europa“ haben sollen. VW-Konzernchef Oliver Blume hält es „für unrealistisch, dass wir 2035 nur noch Elektromobilität haben“.

Ein mögliches Verschieben des Verbrenner-Aus’ war auch Thema in dem Koalitionsausschuss gestern Abend. Bei Redaktionsschluss dieses Morning Briefings dauerten die Beratungen noch an. Welche Hilfs-Optionen für die Autobranche diskutiert werden und wie realistisch sie sind, steht hier.

ZF: Der Autozulieferer ist bekannt für seine Getriebe. Foto: ZF Friedrichshafen AG

Pro und Contra Verbrenner-Aus

Branchenkenner Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, sagt, dass es der Industrie mehr schade als nütze, wenn das Verbrenner-Aus gelockert werde:

Die Verunsicherung bei den Kunden, die der Elektromobilität ohnehin skeptisch gegenüberstehen, wird dadurch noch größer.

Laut Bratzel müssen die Hersteller eigentlich mehr Elektroautos verkaufen, um Skaleneffekte bei den Kosten zu erzielen. Zudem sorge die Parallelentwicklung von Autos mit Elektro- und Verbrennerantrieb für einen milliardenschweren Mehraufwand.

Verschieben oder nicht? Ich bin im Morning Briefing selten um eine Meinung verlegen, aber diesmal überlasse ich es unseren Fachreportern Lazar Backovic (Zuständigkeit: Volkswagen) und Martin Buchenau (Zuständigkeit: Bosch, ZF), Sie von ihren jeweiligen Positionen zu überzeugen.

Sebastien Lecornu: Der zurückgetretene Ministerpräsident führt vorerst die Regierungsgeschäfte weiter. Foto: AP

Neue Regierung in Frankreich?

In Frankreichs Regierungskrise stehen die Zeichen auf Entspannung – zumindest vorerst: Der zurückgetretene Ministerpräsident Sebastien Lecornu erklärte am Mittwoch im französischen Fernsehen, eine Auflösung der Nationalversammlung erscheine derzeit unwahrscheinlicher. Das habe er nach Sondierungsgesprächen mit Vertretern anderer Parteien am Abend Präsident Emmanuel Macron mitgeteilt.

Er gehe davon aus, dass die Situation es Macron erlaube, binnen der nächsten 48 Stunden einen neuen Ministerpräsidenten zu ernennen. Aus welchem Lager der künftige Premier stamme und wie eine künftige Regierung zusammengesetzt werde, müsse Macron selbst entscheiden. Dass er selbst als Premier weitermacht, schloss Lecornu aus:

Meine Mission ist heute Abend beendet.
Donald Trump: Der US-Präsident berichtet von einem Durchbruch in Nahost. Foto: dpa

Trump verkündet Einigung zwischen Israel und Hamas

Zwei Jahre nach Beginn des Gaza-Kriegs haben sich Israel und die islamistische Hamas nach Angaben von Präsident Donald Trump auf die Umsetzung der ersten Phase eines US-Friedensplans geeinigt. Alle Geiseln würden bald freigelassen und Israel werde seine Truppen auf eine vereinbarte Linie zurückziehen, teilte Trump nach indirekten Verhandlungen der Konfliktparteien in Ägypten auf seiner Plattform Truth Social mit.

Alle Neuigkeiten zum Thema finden Sie jederzeit in unserem Nahost-Blog.

Alexander Dobrindt: „Turbo-Einbürgerung“ abgeschafft – künftig dauert die Einbürgerung wieder mindestens fünf Jahre. Foto: Niklas Graeber/dpa

Einbürgerung wieder ohne Turbo

Die von der Ampel-Koalition eingeführte „Turbo-Einbürgerung“ für besonders gut integrierte Ausländer ist Geschichte. Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition und der AfD beschloss der Bundestag die Abschaffung der erst im vergangenen Jahr eingeführten Regelung. Statt drei Jahren müssen Migrantinnen und Migranten künftig mindestens fünf Jahre regulär in Deutschland leben, ehe sie einen deutschen Pass erhalten können.

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, die Einbürgerung stehe am Ende eines Integrationsprozesses und nicht am Anfang. Von der bisherigen Sonderregelung hatten bisher nur wenige Zuwanderer profitiert. Im Juni dieses Jahres ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die beschleunigte Einbürgerung bundesweit lediglich in einigen hundert Fällen zur Anwendung kam.

Veggie-Burger: Deutschland ist der größte Markt für pflanzliche Alternativprodukte in Europa. Foto: imago images / Westend61

Schnitzeljagd im EU-Parlament

Zum Abschluss etwas Erfreuliches: Europa ist ein glücklicher Kontinent fernab aller Krisen. Er muss es sein. Denn sonst hätte das Europäische Parlament ja viel Wichtigeres zu tun gehabt, als sich gestern um die Frage zu kümmern, ob Wurst oder Schnitzel aus vegetarischen Zutaten Soja-Wurst oder Tofu-Schnitzel heißen dürfen. Geht es nach der Mehrheit der EU-Parlamentarier, dürfen sie das in Zukunft nicht mehr.

In Europa scheint es auch niemandem wirklich schlecht zu gehen. Sonst gäbe es sicher noch schutzbedürftigere Opfergruppen als die Fleischesser. Die laufen nämlich laut Parlament ohne eindeutige Bezeichnungen Gefahr, contre cœur in ein vegetarisches Würstchen zu beißen.

Die EU-Staaten müssten dem Vorhaben zustimmen, damit die Vorgabe des Parlaments in Kraft treten kann. Sobald das geschehen ist, wünsche ich mir selbst eine Klarstellung bei den Produktbezeichnungen. Wie oft stand ich schon am Kühlregal vor der Bärchenwurst der Firma InFamily Foods, nur um dann irritiert festzustellen, dass diese Wurst keinerlei leckeres Bärchenfleisch enthält?

„Nepper, Schlepper, Bärenfänger“, möchte man da mit dem seligen Eduard Zimmermann ausrufen. Mochte der eigentlich Tofu-Schnitzel?

Ich wünsche Ihnen einen Donnerstag, der hält, was er auf der Packung verspricht.

Herzliche Güße,

Verwandte Themen Donald Trump Verbrenner-Aus Bosch ZF Deutschland Europa

Ihr

Christian Rickens

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