Morning Briefing: Sechsmal Streit, nur einmal Einigkeit zwischen Brüssel und Peking


Steiniger Gipfel: Sechs Streitpunkte zwischen EU und China
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser!
Laut einem hochrangigen EU-Beamten sind die Beziehungen zwischen der Europäischen Union (EU) und China vor dem heutigen Gipfeltreffen „so schlecht wie noch nie“. Damit ist der Ton gesetzt für den Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), EU-Ratspräsident Antonio Costa und der Außenbeauftragten Kaja Kallas in Peking. Sie treffen Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie Regierungschef Li Qiang. EU-Beamte gehen nicht davon aus, dass es eine gemeinsame Abschlusserklärung geben wird.
Gleich sechs Streitpunkte belasten laut unseren Korrespondentinnen Sabine Gusbeth (Peking) und Olga Scheer (Brüssel) das Verhältnis:
Immerhin, in einem Punkt gibt es überraschend viele Gemeinsamkeiten zwischen Brüssel und Peking – nämlich beim Klimaschutz.
Die chinesische Führung gibt sich derzeit gegenüber Europa betont höflich – jedoch in der Sache unbeweglich. Weder bei der Unterstützung Russlands im Ukrainekrieg noch beim Zugang zu seltenen Erden ist China bereit, den Europäern spürbare Zugeständnisse zu machen. Auf den ersten Blick kann Peking hier aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke agieren: So meldet das chinesische Statistikamt für das zweite Quartal ein robustes Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent.
Doch nach Ansicht unseres Schanghai-Korrespondenten Martin Benninghoff ist diese Zahl nur Fassade. Die Realität in China sehe so aus: „Unternehmen produzieren nach wie vor mehr, als sie absetzen können. Die Folge ist ein Preiskampf, der selbst große Konzerne in die Verlustzone drängt.“ Weder Verbraucher noch Unternehmen investierten ausreichend, obwohl der Staat die Kredite verbillige. Die Geldpolitik verliere ihre Wirkung. Benninghoff:
Zumindest das mit dem Von-der-Substanz-Leben könnte uns hier in Europa bekannt vorkommen.
EU offeriert USA 15 Prozent Pauschalzoll
Ist das schon der Deal? Oder ist es nur Europas Hoffnung auf einen Deal? Bundeskanzler Friedrich Merz hat angedeutet, dass im Handelsstreit zwischen der EU und den USA eine Einigung bevorstehen könnte. Vor seinem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sagte er am Abend in Berlin, man werde unter anderem über die „aktuelle Handelspolitik“ beraten, „zu der wir in diesen Minuten hören, dass es möglicherweise Entscheidungen geben könnte“.

US-Präsident Donald Trump hat sich gerade erst mit Japan auf Zölle von 15 Prozent geeinigt, deutlich weniger als ursprünglich geplant. Auch mit der EU verhandeln die USA seit Wochen über einen Handelsdeal, der bereits beschlossene Zölle von 30 Prozent zum 1. August noch verhindern soll.
Während Merz den französischen Staatschef in Berlin empfing, kamen in Brüssel die Botschafter der EU-Staaten zusammen. Handelskommissar Maros Sefcovic berichtete von einer neuen Offerte an die US-Regierung: Die EU sei bereit, ebenfalls einen pauschalen Zoll auf europäische Güter in Höhe von 15 Prozent zu akzeptieren, wenn US-Präsident Donald Trump keine weiteren Barrieren errichte. Weiterhin unklar sei aber, ob Trump das Angebot annehme.
Der sagte gestern zu den Gesprächen mit der EU:
Man sei in ernsthaften Verhandlungen.

Immerhin: Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, stellt nach dem Zollabkommen zwischen den USA und Japan weitere Deals in Aussicht. Nach den Vereinbarungen mit Japan, Indonesien und den Philippinen würden „noch viele weitere folgen“, sagte Leavitt gestern. „Wir haben inzwischen 25 Briefe an Länder auf der ganzen Welt verschickt.“ Zu einer möglichen Einigung mit der EU sagte sie nichts.
Alle Entwicklungen im transatlantischen Handelsstreit finden Sie in unserem Blog.
Nur kurzes Treffen Russlands mit Ukraine
Wer sich nichts zu sagen hat, braucht dazu nicht viele Worte: Unterhändler aus Moskau und Kiew haben sich zu Verhandlungen in der Türkei getroffen. Das Treffen im Istanbuler Ciragan-Palast war bereits nach weniger als einer Stunde beendet. Thema war unter anderem ein weiterer Gefangenenaustausch. Einen Durchbruch für eine Friedenslösung hatten beide Kriegsparteien als unwahrscheinlich bezeichnet.
Tesla rutscht tiefer in die Krise
Tesla kommt nicht aus der Defensive: Das Unternehmen meldete am Mittwoch den zweiten Gewinnrückgang in Folge. Der von Elon Musk geführte Elektroautohersteller verdiente demnach im vergangenen Quartal 1,17 Milliarden Dollar und damit 16 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Umsatz fiel im Jahresvergleich um zwölf Prozent auf rund 22,5 Milliarden Dollar – das ist der größte Rückgang seit mehr als einem Jahrzehnt. Der bereinigte Gewinn pro Aktie betrug 40 Cent. Die Erwartungen der Analysten wurden damit verfehlt.

Zentraler Auslöser für das Minus war der Rückgang der Fahrzeugauslieferungen um 13,5 Prozent auf 384.122 Fahrzeuge. Damit konnte auch die neue Variante des bisherigen Bestsellers Model Y den Absatz nicht ankurbeln. Sie wird seit März an die Kunden ausgeliefert. Die Übergangsphase beim Model Y galt neben den Kontroversen um politische Aktivitäten von Tesla-Chef Musk als Grund für den Absatzrückgang von 13 Prozent im ersten Quartal.
Tesla kündigte an, noch in diesem Jahr mit der Serienfertigung eines günstigeren Einstiegsmodells zu beginnen. Eine Absatzprognose für das Gesamtjahr legte das Unternehmen nicht vor.
Streicht Trump Elon Musks Regierungsaufträge?
Für Musk war es gestern insgesamt ein eher durchwachsener Tag. Bei einer Gesetzesoffensive im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) will Trump Musks KI-Unternehmen offenbar von Regierungsaufträgen fernhalten. Auf die Frage eines Journalisten, ob Trump „Verträge zwischen Bundesbehörden und Elon Musks KI-Unternehmen“ unterstütze, antwortete Karoline Leavitt, Sprecherin des Weißen Hauses: „Ich glaube nicht, nein.“ Dann legte sie nahe, dass Trump darauf drängen werde, entsprechende Verträge zu kündigen.
Bereits am Dienstag hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass die Trump-Regierung Musk auch beim geplanten Raketenschutzsystem „Golden Dome“ verdrängen wolle – und zwar zugunsten von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Laut Reuters wirbt das Pentagon derzeit gezielt um Amazons Satellitenunternehmen Kuiper. Dieser Schritt würde eine strategische Abkehr von Musks Unternehmen SpaceX markieren, dessen Satellitennetzwerke Starlink und Starshield für die Kommunikation des US-Militärs von zentraler Bedeutung sind.
Googles Werbegeschäft wächst weiter
Googles Geschäft mit Online-Werbung wächst trotz der Konkurrenz durch KI-Chatbots weiterhin. Im vergangenen Quartal stiegen die Anzeigenerlöse im Vergleich zum Vorjahresquartal um 10,4 Prozent auf 71,34 Milliarden Dollar. Das lag leicht über den Erwartungen der Analysten. Der Konzernumsatz der Google-Mutter Alphabet lag mit einem Plus von 14 Prozent auf 96,43 Milliarden Dollar ebenfalls über den Markterwartungen. Der Gewinn stieg um 19,4 Prozent auf knapp 28,2 Milliarden Dollar.
Fußball-Frauen verlieren bei EM gegen Spanien

Die beeindruckende Turnierreise der deutschen Fußballerinnen in Richtung Europameisterschafts-Titel endete gestern mit einer Niederlage im Halbfinale. In Zürich verlor die DFB-Auswahl nach Verlängerung 0:1 gegen Weltmeister Spanien. Für die Entscheidung sorgte Aitana Bonmatí mit ihrem Treffer in der 113. Minute.
Immerhin bedeutet das einen weiteren Schritt in Richtung Augenhöhe mit dem Männerfußball: Die deutsche Männer-Nationalmannschaft verlor vor einem Jahr bei ihrer Europameisterschaft ebenfalls in der Verlängerung gegen Spanien – allerdings bereits im Viertelfinale.
Sie wissen schon: die Hand Zottels...






Ich wünsche Ihnen einen Tag ohne größere Fehlentscheidungen.
Herzliche Grüße
Ihr
Christian Rickens
Textchef Handelsblatt





