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Morning BriefingWie eine ungewöhnliche Klausel bei einigen EY-Prüfern eine akute Unlust am eigenen Beruf auslöst

Christian Rickens 30.03.2023 - 06:32 Uhr Artikel anhören
Morning Briefing vom 30.03.2023

Auflage: Welche Folgen hat der Wirecard-Skandal für EY?

30.03.2023
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Guten Morgen, sehr geehrte Leserinnen und Leser,

die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst sind gescheitert. Arbeitgeber und Gewerkschaften erzielten in der letzten von drei geplanten Verhandlungsrunden kein Ergebnis. Das gaben beide Seiten in der Nacht bekannt. Nun werden unabhängige Schlichter nach einer Lösung suchen. Über die verhandeln die Tarifparteien dann erneut.

Die gute Nachricht: In der Zeit der Schlichtung herrscht Friedenspflicht – somit wird es über die Ostertage keine neuen Streiks im öffentlichen Dienst geben.

Unter den Wirtschaftsprüfern, die mit dem Fall Wirecard befasst waren, grassiert offenbar eine akute Unlust am eigenen Beruf. Von den zwölf Prüfern, gegen die die zuständige Aufsichtsbehörde Apas wegen möglicher Verfehlungen im Wirecard-Skandal ermittelt, hat nach Handelsblatt-Informationen inzwischen die Hälfte ihre Prüflizenz zurückgegeben.

Das mag am Alter liegen oder am plötzlichen Wunsch, als Reiki-Therapeut noch mal richtig durchzustarten. Möglicherweise aber auch an einer ungewöhnlichen Klausel: Wer den Beruf als Wirtschaftsprüfer aufgibt, gegen den enden alle Apas-Ermittlungen sofort und ohne Sanktionen.

Weitere EY-Prüfer, gegen die wegen des Wirecard-Skandals Ermittlungen der Prüferaufsicht Apas liefen, haben ihre Lizenzen zurückgegeben. Dadurch enden die Verfahren der Aufsicht.

Foto: dpa

Nicht so einfach aus der Affäre ziehen, im wahrsten Sinne des Wortes, kann sich das Prüfungsunternehmen EY, dessen Mitarbeiter die falschen Wirecard-Abschlüsse testiert haben. Die zuständige Kommission der Apas will bis Freitag über mögliche Sanktionen entscheiden. Als sicher gilt ein Bußgeld. Das ist gesetzlich auf eine maximale Höhe von einer Million Euro begrenzt – Prüfungsunternehmen haben vermutlich schon Sommerfeste gefeiert, die teurer waren.

Wesentlich schmerzhafter wäre für EY ein zeitlich befristetes Verbot, Prüfungsaufträge von bestimmten Unternehmen anzunehmen. Laut Insidern aus dem EY-Umfeld erwägt die Apas-Kommission einen solchen Schritt.

Eine Meinungsumfrage, über die die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, liefert einen ersten Vorgeschmack auf die US-Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Schon jetzt zeichnet sich ab: Es könnte mal wieder ein knappes Rennen werden.

Sollte Joe Biden gegen Ex-Präsident Donald Trump antreten, prognostiziert die repräsentative Umfrage der Quinnipiac University einen knappen Sieg des amtierenden Präsidenten mit 48 zu 46 Prozent. Sollte hingegen Floridas Gouverneur Ron DeSantis für die Republikaner ins Rennen gehen, würde sich das Ergebnis zu seinen Gunsten umdrehen. Bessere Chancen auf die innerparteiliche Nominierung hat indes Trump, deutlich mehr republikanische Wähler sprechen sich für ihn aus als für DeSantis.

Klar, das ist nicht mehr als ein frühes Stimmungsbild. Zumal im komplizierten amerikanischen Wahlsystem der Kandidat mit den meisten Stimmen nicht zwingend Präsident wird. Aber gerade deshalb wäre es klug von den Europäern, sich auf ein Szenario einzustellen, in dem ab 2025 Kreml-Kumpel Trump erneut im Weißen Haus sitzt. Ich bin sicher, Wladimir Putin tut es längst.

Bei der japanischen Elektronik-Ladenkette Nojima stehen mehr als 50 Festangestellte und Teilzeitkräfte über 65 Jahren auf der Lohnliste. Die älteste Mitarbeiterin ist sogar 81 Jahre alt. Als sie 2021 das interne Rentenalter von 80 Jahren erreichte, wollte sie weiterarbeiten – und durfte es nach einem Gesundheitscheck.

Nojima zeigt, wie Japan mit einem Problem umgeht, das alle Industriegesellschaften beschäftigt: dem Stress für Rentenversicherungen und Arbeitsmarkt durch steigende Lebenserwartung und niedrige Geburtenraten. Während Deutschland dem Problem vor allem mit mehr Zuwanderung begegnen will, setzt Japan auf längere Lebensarbeitszeit. Inzwischen arbeitet ein Viertel der über 65-Jährigen in Japan, deutlich mehr als in westlichen Staaten, wie unsere Grafik zeigt.

Die Erkenntnis unseres Tokio-Korrespondenten Martin Kölling: „Neben Geld motiviert die Japaner der Glaube, dass Arbeit gut für die geistige und körperliche Fitness ist.“

Die deutlich skeptischere deutsche Einstellung zur Seniorenarbeit besangen die Blödel-Barden von „Geier Sturzflug“ bereits 1982:

„Wenn sich Opa am Sonntag auf sein Fahrrad schwingt
Und heimlich in die Fabrik eindringt
Dann hat Oma Angst, dass er zusammenbricht
Denn Opa macht heute wieder Sonderschicht“

Zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft, darunter Altkanzlerin Merkel und Rocksänger Campino, haben am Mittwoch im Berliner Schloss Bellevue ein Staatsbankett mit dem britischen Königspaar gefeiert. Charles III. war dabei zu Scherzen aufgelegt.

Auch König Charles III. bewegt sich mit 74 deutlich oberhalb des gesetzlichen Rentenalters. Beim Festessen gestern Abend in Schloss Bellevue wusste er diese Tatsache mit Humor zu nehmen. In seiner teilweise auf Deutsch gehaltenen Tischrede wies er darauf hin, dass er schon mehr als vierzigmal in Deutschland gewesen sei: „Darin zeigt sich natürlich, wie wichtig mir unsere Beziehungen sind, aber auch, so fürchte ich, wie lange es mich schon gibt.“

Der König sprach Deutschland zudem seine Anerkennung für die Aufnahme von mehr als einer Million Geflüchteten aus der Ukraine aus. Dies sei „ein überzeugender Beweis, wie mir scheint, für die Großmut der Menschen in Deutschland“.

Der Staatsbesuch des neuen britischen Königs enthält neben allem royalen Gepränge auch eine ernsthafte politische Komponente: Premierminister Rishi Sunak setzt sich zu Hause zwar als Brexit-Anhänger in Szene, tatsächlich will er jedoch nach den quälenden Austrittsquerelen ein neues Kapitel in den Beziehungen zu den europäischen Verbündeten aufschlagen – und Charles soll dabei helfen. Deshalb führt die erste Auslandsreise des neuen Königs nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, in einen Commonwealth-Staat, sondern nach Berlin.

Brancheninsider spekulierten bereits, wann Philippe Rogge seinen neuen Job als Vodafone-Deutschlandchef wieder hinschmeißen würde, so wenig war seit seinem Amtsantritt am 1. Juli 2022 von ihm zu hören oder zu sehen.

Nun ist klar: Rogge hat an einem Sanierungskonzept gearbeitet. „Seien wir ehrlich“, sagte Rogge meinem Kollegen Philipp Alvares, „Wir brauchen jetzt einen Neustart. Und dafür müssen wir in Zukunft einiges gänzlich anders machen.“

Konkret heißt das:

    Rund 1300 der gut 14.000 Vollzeitstellen bei Vodafone Deutschland will Rogge streichen. Betroffen sein sollen vor allem Verwaltungs- und Managementpositionen.Gleichzeitig will Rogge bis zu 400 neue Stellen schaffen, vor allem bei Großkundenprojekten, Technik und Netzbetrieb.Der ehemalige Microsoft-Manager möchte Vodafone als vertrauenswürdigsten Telekomanbieter Deutschlands neu positionieren – mit besserem Kundenservice und dem Verzicht auf Lockangebote, bei denen man etwa mit kostenlosen Monaten zu Vertragsbeginn später umso höhere Preise durchsetzt.

Fazit: Erstmal Stellen abbauen und den Neuanfang verkünden gehört zum Standardprogramm neuer Topmanager. Aber ein Telefonanbieter ohne Tarifwirrwarr und Bauernfängerei, das wäre eine echte Innovation.

Übrigens, Herr Rogge, wir hätten da ein tolles Handelsblatt-Aboangebot für Sie: Die ersten sechs Monate gratis, und dann...

Herzliche Grüße

Verwandte Themen Wirecard Deutschland Donald Trump Japan Ron DeSantis Vodafone

Ihr Christian Rickens

Textchef Handelsblatt

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