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Digitalisierung der Verwaltung Sicherheitsprobleme und Zuständigkeitschaos: Der Weg zur digitalen Identität in Deutschland ist lang

Um die Verwaltung zu modernisieren, will die Bundesregierung ein Digital-Ich ins Leben rufen. Bisher lassen sich kaum Erfolge vermelden. Im Dezember startet der nächste Versuch.
22.11.2021 - 04:11 Uhr Kommentieren
Digitale Identitäten: Zuständigkeits- & Sicherheitsprobleme Quelle: imago Photocase
Wer bin ich im Netz?

Die Einführung einer digitalen Identität gilt als Grundvoraussetzung, die Verwaltung zu modernisieren.

(Foto: imago Photocase)

Berlin Schnell über das Handy den Personalausweis verlängern, das Bafög oder den Reisepass beantragen: Es könnte so einfach sein. Damit aus dieser Vision einer digitalisierten Verwaltung Realität werden kann, fehlt es vor allem an einem: der Möglichkeit, sich im Internet rechtssicher ausweisen zu können. Es braucht eine digitale Identität.

„Fehlende digitale Nachweise sind eines der größten Digitalisierungshemmnisse unserer Zeit“, heißt es von der Bundesregierung. Und auch Achim Berg, Präsident des Digitalverbandes Bitkom, stellt fest: „Die Einführung einer digitalen Identität und die Abschaffung der Schriftformerfordernisse würden es möglich machen, sämtliche Behördengänge digital zu erledigen.“ Jedoch moniert er: „In den vergangenen Jahren wurde es versäumt, dieses Thema voranzutreiben.“

Die Einführung einer digitalen Identität gilt als Grundvoraussetzung dafür, Deutschlands Verwaltung von Faxgerät und Papierchaos zu befreien und in die moderne Welt zu überführen – darin sind sich die Experten einig.

Doch der Weg dahin ist bisher gekennzeichnet von umstrittenen Pilotprojekten, Sicherheitswarnungen und einem Zuständigkeitschaos zwischen den Ministerien. Im Dezember soll jetzt ein neuer Anlauf für eine „smarte elektronische Identität“ starten – allerdings limitiert auf ganz bestimmte Smartphone-Modelle.

Das Ziel war ehrenwert, die Umsetzung allerdings gestaltet sich schwieriger als gedacht. Vor dem Hintergrund, dass Tech-Giganten wie Apple zunehmend an eigenen Systemen zur digitalen Identität arbeiteten, wollte die Bundesregierung das Großprojekt selbst angehen.

Bundesregierung startete drei Projekte zum Digital-Ich

Im Gegensatz zu den großen Tech-Plattformen versprach die Regierung eine „bürgerzentrierte“ Lösung, bei der die Daten nicht zentral gespeichert würden. Außerdem wollte sie auf eine „Monetarisierung“ sowie Tracking der Daten verzichten. Der Druck diesbezüglich kommt auch aus Brüssel: Bis 2030 sollen 80 Prozent der EU-Bürger eine digitale Identität nutzen.

Also startete die Bundesregierung drei Projekte zum Digital-Ich. Zum einen wollte das Bundesinnenministerium mit der Smart eID einen Ableger des Personalausweises im Smartphone verfügbar machen. Auf dieser Grundlage soll das vom Bundeskanzleramt betreute „Ökosystem digitaler Identitäten“ auch weitere Nachweise wie Eheurkunden oder Grundbuchauszüge zur Verfügung stellen.

Zudem betreibt das Bundeswirtschaftsministerium ein Schaufensterprojekt mit Forschungsschwerpunkt. Insgesamt sind sechs Bundesbehörden und der Bundesdatenschutzbeauftragte an dem Projekt „Digitale Identitäten“ beteiligt.

Für Schlagzeilen hat bisher vor allem das Ökosystem-Projekt gesorgt. Im Mai bereits war mit dem Prototyp „digitaler Hotel Check-in“, ein erstes Anwendungsbeispiel an den Start gegangen. Dafür ließ das Bundeskanzleramt eine Art digitale Geldbörse, die sogenannte „ID Wallet“ entwerfen.

Sie versprach Geschäftskunden, bei teilnehmenden Hotelketten rein digital einchecken zu können. Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) ließ sich zum Start der Aktion mit ihrem Smartphone an einer Hotelrezeption ablichten. Doch schon damals hätte klar sein müssen, dass die „ID Wallet“ in dieser Form von Sicherheitsmängeln geprägt war.

Von der Einführung wird abgeraten

Denn schon wenige Tage vor dem Start des Projektes hatte das Bundesamt für Informationstechnik (BSI) das BMI schriftlich auf einige Schwachstellen der App aufmerksam gemacht. Fazit: Von der Verwendung im gegenwärtigen Zustand werde „seitens des BSI abgeraten“. Diese Information habe es allerdings nach Informationen des Handelsblatts vom BMI nicht bis ins zuständige Kanzleramt geschafft.

Im September dann präsentierte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nur wenige Tage vor der Bundestagswahl stolz den digitalen Führerschein, der ebenfalls auf dem Konzept der „ID Wallet“ basierte. Diese sei seit Erscheinen des BSI-Berichts allerdings sicherheitstechnisch nachgerüstet worden, heißt es.

Der Führerschein habe das Potenzial, den Alltag von Autofahrern deutlich zu erleichtern, lobte Scheuer das Projekt. Was er dabei allerdings verschwieg: Einsetzen ließ sich der „Lappen“ auf dem Smartphone nicht. Bei Verkehrskontrollen mussten Autofahrerinnen und Autofahrer weiterhin die analoge Karte aus dem Portemonnaie holen.

Nur wenige Tage nach der Wahl wurde die App „ID Wallet“ zur Überarbeitung wieder vom Markt genommen. Erst hieß es, der Vorgang werde einige Wochen dauern. Mittlerweile ist laut Handelsblatt-Informationen von mehreren Monaten die Rede. Auch weitere geplante Anwenderbeispiele, wie die Aktivierung von Prepaid-Verträgen für Handys, verzögern sich dadurch bis zum kommenden Frühjahr.

Eines der Probleme: Die Ausweisdaten werden mithilfe eines QR-Codes abgefragt. Liest ein Smartphone-Benutzer diesen Code ein, werden seine gespeicherten Personendaten abgerufen. Wenn es Betrügern gelingt, einen solchen Code zu verändern, können sie auch die Ausweisdaten einsehen. Eine Kontrolle, bei der sich gleichfalls die „abfragende“ Instanz ausweisen muss, hatte die App nicht vorgesehen.

Obwohl Angreifer laut IT-Spezialisten mit den Daten nicht viel anfangen können, entstand durch diese Sicherheitslücke doch ein erheblicher Imageschaden für die ersten Gehversuche der digitalen Identitätsvorhaben.

Eigens gegründete Firma

Das Unternehmen hinter der „ID Wallet“ ist die Digital Enabling GmbH, die sich erst zum Start des Projektes im April 2021 gründete. Dahinter steckt die Esatus AG, die in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Technologiefirma IBM die Entwicklung der App übernahm. Auch die Bundesdruckerei ist an dem Projekt beteiligt. Das Kalkül dabei: Die neu und eigens zu diesem Zweck gegründete Firma ließ die Option offen, dass die Bundesregierung zu einem späteren Zeitpunkt dort einsteigen könnte.

Die Bundesdruckerei hat derweil mit einem ihrer Tochterunternehmen, der Veridos GmbH, Projekte zur digitalen Identität in anderen Ländern bereits erfolgreich durchgeführt. Seit 2018 etwa können sich Autofahrer im Kosovo mit digitalen Führerscheinen ausweisen, die von Veridos erstellt wurden. Auf Anfrage lässt das Unternehmen mitteilen, dass es seine Geschäfte ausschließlich außerhalb Deutschlands tätige und somit zur Situation in Deutschland keine Einschätzung abgeben könne.

Die Bundesdruckerei arbeitet indes mit am Projekt „Smart eID“, das den Personalausweis auf das Handy übertragen könnte. Losgehen soll es im Dezember. Das Problem dabei allerdings: Nur wenige Bürgerinnen und Bürger dürften in den Genuss dieses Services kommen. Denn bisher funktioniert der Perso fürs Smartphone aus Sicherheitsgründen nur auf den S20 Modellen von Samsung. Nur in diesen Handys sind Chips verbaut, auf denen die Daten auch sicher gespeichert werden können.

Mehr: Digitalisierung ist nicht sexy, sie ist harte Arbeit

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