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Metall- und Elektroindustrie Pilotabschluss in NRW: Einigung auf Corona-Prämie und Option auf die Viertagewoche erzielt

Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie haben sich die Tarifparteien in NRW auf einen Pilotabschluss verständigt. Erneut gibt es eine Wahloption zwischen Zeit und Geld.
30.03.2021 Update: 06.04.2021 - 14:06 Uhr Kommentieren
In NRW haben die Tarifparteien einen Abschluss erzielt, der auch in anderen Regionen weitgehend übernommen werden dürfte. Quelle: dpa
Metaller-Warnstreik mit Menschenkette in Stuttgart

In NRW haben die Tarifparteien einen Abschluss erzielt, der auch in anderen Regionen weitgehend übernommen werden dürfte.

(Foto: dpa)

Berlin In den Tarifverhandlungen für die gut 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie haben die Arbeitgeber und die IG Metall in Nordrhein-Westfalen einen Pilotabschluss erzielt. Beide Seiten einigten sich in der siebten Verhandlungsrunde am frühen Dienstagmorgen auf eine „Corona-Beihilfe“ von 500 Euro für das laufende Jahr und jährliche Sonderzahlungen ab 2022.

Man habe in zehnstündigen Verhandlungen „ein von Fairness, Vernunft und Weitsicht geprägtes Ergebnis in einer außergewöhnlich schwierigen Wirtschaftslage“ erzielt, sagte Arndt Günter Kirchhoff, Präsident des Arbeitgeberverbands Metall NRW.

Der nordrhein-westfälische IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler sprach von einem „richtungsweisenden Ergebnis“. Mit dem Kompromiss werde auch in schwierigen Zeiten für Entgeltstabilität bei den Beschäftigten gesorgt. Der Tarifvertrag gilt rückwirkend ab Januar dieses Jahres und hat eine Laufzeit von 21 Monaten bis Ende September 2022.

Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach vier Prozent mehr Geld in die Verhandlungen gegangen, die bereits im Dezember begonnen hatten und die seit Anfang März von wochenlangen Warnstreiks begleitet wurden. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann dankte den mehr als eine Million Teilnehmern, die dazu beigetragen hätten, „dass manche Blockadehaltung am Verhandlungstisch aufgelöst werden konnte“.

Nach den Vorstellungen der Gewerkschaft sollte das Volumen je nach Situation in den Betrieben für Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung und Gestaltung der Transformation oder für Entgeltsteigerungen genutzt werden können. Dieser Forderung trägt der Pilotabschluss nun mit einem Wahlmodell Rechnung.

Sonderzahlung kann genutzt werden, um Viertagewoche zu finanzieren

Bis zum Juni dieses Jahres erhalten die Beschäftigten die Corona-Zahlung in Höhe von 500 Euro. Hier haben die Arbeitgeber, die zunächst 350 Euro angeboten hatten, noch einmal nachgelegt. Dennoch sei der Abschluss für das laufende Jahr kostenneutral, erläuterte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf.

2020 hatten sich die Tarifparteien angesichts der Corona-Pandemie auf eine Nullrunde und eine Einmalzahlung von 350 Euro verständigt. Wenn man da die Sozialversicherungsbeiträge noch draufrechne, sei man etwa bei den 500 Euro. Insofern stelle die Corona-Beihilfe keine zusätzliche Kostenbelastung dar

Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sollen im laufenden Jahr aber automatisch entlastet werden können, ohne dass die IG Metall eigens zustimmen muss. Darauf hatten die Arbeitgeber besonders gedrungen.

Dazu kann ein bereits 2018 vereinbartes Zusatzgeld, das ungefähr 400 Euro ausmacht und im Oktober fällig wird, verschoben werden oder ganz entfallen. Betriebe, deren Nettoumsatzrendite unter 2,3 Prozent fällt, haben zunächst die Option, die Zahlung für sechs Monate zu stunden und sie danach – sollten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten anhalten – ganz zu streichen.

Darüber hinaus vereinbarten beide Seiten eine jährliche Sonderzahlung, die im Februar nächsten Jahres mit 18,4 Prozent eines Bruttoeinkommens beginnt und ein Jahr später auf 27,6 Prozent steigt. Die Sonderzahlungen entsprechen einer Tarifsteigerung von 2,3 Prozent. Das Geld wird ab Juli zunächst angespart und dann im Februar 2022 in Summe ausgezahlt.

Die Idee sei, zunächst „Geld zu parken“, um es bei Bedarf für Beschäftigungssicherung verwenden zu können, erläuterte Giesler. Deshalb gibt es auch keine klassische monatliche Prozenterhöhung, sondern die als „Transformationsgeld“ bezeichnete jährliche Sonderzahlung.

Statt sie auszuzahlen, kann sie zusammen mit anderen Elementen wie dem bereits 2018 vereinbarten Tariflichen Zusatzgeld (T-Zug) auch dafür verwendet werden, um eine Arbeitszeitverkürzung zu finanzieren. So soll Unternehmen geholfen werden, die im Strukturwandel stecken und nicht mehr genug Arbeit für die gesamte Belegschaft haben. Der IG Metall war die Option einer Viertagewoche besonders wichtig.

Der Tarifvertrag sieht als Ergänzung zu bestehenden Modellen der Arbeitszeitverkürzung die Option vor, die Arbeitszeit für bis zu drei Jahre von 35 auf 32 Wochenstunden abzusenken. Voraussetzung ist, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung auf ein solches Modell verständigen.

Dank des neuen „Transformationsgeldes“ und der Umwandlung älterer Zulagen bekämen Beschäftigte in Betrieben, die sich für eine 32-Stunden-Woche entschieden, immer noch rund 34 Stunden bezahlt, sagte Giesler.

Tarifvertrag läuft über 21 Monate bis Ende September 2022

Zudem haben sich beide Seiten auf einen „Tarifvertrag Zukunft, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung“ geeinigt. Er regelt, unter welchen Umständen und mit welchen Zielen Arbeitgeber und Gewerkschaft über betriebliche Transformationsprozesse beraten können. Gespräche dazu müssen aufgenommen werden, wenn eine Betriebspartei das wünscht.

Wird dabei Einigkeit über einen Regelungsbedarf aufgrund von grundlegenden Transformationsprozessen erzielt, treten die Parteien in Verhandlungen über einen Zukunftstarifvertrag – bei Bedarf unter Einschaltung eines Moderators. Es gibt allerdings keinen Einigungszwang; die Arbeitgeber haben sich mit ihrer Forderung durchgesetzt, die unternehmerische Freiheit zu wahren.

Beide Seiten haben sich zudem darauf verständigt, dass Auszubildende eine Corona-Zahlung in Höhe von 300 Euro erhalten. Außerdem fallen dual Studierende künftig während ihrer Berufsausbildung unter den Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie.

Gesamtmetall-Präsident Wolf bezifferte die Kosten für die Unternehmen über die gesamte Laufzeit auf 1,1 bis 1,2 Prozent: „Wir haben nicht nur eine lange Nacht hinter uns, sondern auch einen langen Weg. Aber es hat sich gelohnt.“ Der Kompromiss sende ein „Zeichen der Zuversicht“. Sowohl der Gesamtmetall- auch der IG-Metall-Vorstand haben den Abschluss zur Übernahme in den übrigen Tarifbezirken empfohlen.

Der Kompromiss trage drei Forderungen der Arbeitgeber Rechnung: „Es gibt keine zusätzlichen Belastungen der Unternehmen in diesem Jahr, es gibt keinen Einstieg in eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung in unserer Branche, und wir haben mit der automatischen Differenzierung ein neues Prinzip eingeführt“, betonte Wolf.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte, der Abschluss biete „tragfähige Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit: auf die akuten Probleme infolge der Corona-Pandemie ebenso wie auf die strukturellen Herausforderungen, die die Transformation für unsere Branchen mit sich bringt“.

Regionale Sonderthemen müssen noch bearbeitet werden

Man habe „inmitten einer der schwersten Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik“ erreicht, „dass die Krisenfolgen fair verteilt und nicht einseitig bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgeladen werden“, betonte Hofmann.

Allerdings sei er optimistisch, was die weitere Konjunkturentwicklung angehe. Deshalb sei es seiner Gewerkschaft wichtig gewesen, die Laufzeit so zu begrenzen, dass noch im kommenden Jahr erneut verhandelt und gegebenenfalls nachjustiert werden könne.

In den übrigen Tarifbezirken wird nun über eine Übernahme des Pilotabschlusses verhandelt. Zum Teil sind dabei noch regionale Fragen offen. So fordert die IG Metall Berlin, Brandenburg, Sachsen weiter ein tarifliches Angleichungsgeld, um die unterschiedliche Arbeitszeit in Ost und West zu kompensieren. Während in Westdeutschland die 35-Stunden-Woche gilt, wird in den neuen Bundesländern tariflich noch 38 Stunden gearbeitet.

Auch in Baden-Württemberg liegen noch Sonderthemen auf dem Tisch. Die Tarifparteien im Südwesten haben zudem schon angedeutet, dass sie bei den Zukunftstarifverträgen eine andere als die in Nordrhein-Westfalen erzielte Lösung anstreben.

Mehr: Warum die Metall- und Elektroindustrie ein ungelöstes Ost-Problem hat

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