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Auftritt im Kongress „Amerika ist wieder in Bewegung“: Biden hält Rede des Aufbruchs – doch er kämpft gegen Widerstände

Gerechter, robuster, innovativer: Der US-Präsident hat rund 100 Tage nach seinem Amtsantritt seine Vision eines neuen Amerika erklärt. Doch ob er seine Ziele umsetzen kann, ist ungewiss. 
29.04.2021 - 05:22 Uhr Kommentieren
Biden bezeichnet seine ersten 100 Tage als eine Zeit der
US-Präsident Joe Biden

Biden bezeichnet seine ersten 100 Tage als eine Zeit der "Rettung und Erneuerung".

(Foto: POOL)

Washington Fast 40 Jahre saß Joe Biden im US-Kongress, der politischen Herzkammer Washingtons. Ein Präsident nach dem anderen sprach im Laufe der Zeit vor vollbesetzten Reihen. An diesem Mittwochabend, als Biden selbst als Präsident an der Reihe war, schaute er auf viele leere Stühle. Seine erste Rede vor dem Kongress hielt er wegen der Pandemie-Vorschriften vor 200 maskierten Menschen.

Biden lächelte trotzdem zur Begrüßung. „Es ist gut, wieder hier zu sein“, sagte er im Saal des Repräsentantenhauses. Als erstes hob er Vizepräsidentin Kamala Harris hervor, die neben Demokraten-Chefin Nancy Pelosi Platz genommen hatte. „Madam Vice President – das hat noch nie jemand auf dieser Bühne gesagt. Es wurde Zeit“, sagte Biden unter Applaus.

„Ich kann mit absoluter Zuversicht sagen: Ich war noch nie so zuversichtlich oder optimistisch mit Blick auf Amerika“, erklärte er am Ende seiner Ansprache, in der er seine Vision eines gerechteren, weniger gespaltenen Amerikas skizzierte.

Es war ein positiver Auftakt anlässlich einer symbolisch wichtigen Wegmarke: In dieser Woche ist Biden 100 Tage im Amt. Sein Auftritt war ein starker Kontrast zur letzten Kongress-Rede seines Vorgängers Donald Trump im Februar 2020. Damals hatte Trump gerade sein erstes Impeachment-Verfahren überstanden, die politische Atmosphäre war vergiftet. Trump verweigerte Pelosi den Handschlag und Pelosi zerriss vor laufenden Kameras das Redemanuskript des Präsidenten.

„Habe eine Nation in der Krise geerbt“

Biden will diese Ära hinter sich und der Nation lassen, doch die Wunden jahrelanger Polarisierung sitzen tief. Den Sturm fanatischer Trump-Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar nannte Biden eine „existenzielle Krise“. Die Demokratie habe überlebt, „aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei“, warnte er in seiner Rede. „Wir müssen beweisen, dass Demokratie immer noch funktioniert. Dass unsere Regierung immer noch funktioniert und für die Menschen liefern kann.“

Dass er als Präsident in die Geschichte eingehen will, der das Leben der Menschen verbessert hat, ist Bidens größtes Versprechen. „Ich habe eine Nation in der Krise geerbt“, sagte Biden im Kongress. „Doch Amerika ist wieder in Bewegung. Wir verwandeln Gefahren in Möglichkeiten und Krisen in Chancen. Wir kämpft uns zurück mit voller Kraft.“

Ein anderes Versprechen, nämlich dass er möglichst überparteilich regieren will, hat Biden allerdings bislang nicht erfüllt. Die Republikaner stemmen sich gegen Bidens Pläne, Steuern erhöhen zu wollen und laufen Sturm gegen die geplanten neuen Staatsausgaben, die auf 6 Billionen US-Dollar wachsen könnten. So wurde das Covid-Rettungspaket („American Rescue Plan“) im März ohne republikanische Unterstützung verabschiedet. Das Paket enthielt Pandemie-Nothilfen in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar.

Der US-Präsident begrüßt Bernie Sanders, Senator von Vermont. Quelle: dpa
US-Präsident Joe Biden vor dem US-Kongress

Der US-Präsident begrüßt Bernie Sanders, Senator von Vermont.

(Foto: dpa)

Unter anderem wegen dieses Stimulus wächst die US-Ökonomie derzeit so schnell wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Biden nutzte seinen Auftritt für Aufbruchstimmung. „Amerika ist startklar“, sagte der Präsident. „Wir arbeiten wieder. Wir träumen wieder. Wir führen wieder in der Welt.“

Jetzt will Biden mit zwei weiteren Paketen, die längerfristig angelegt sind, die Infrastruktur, Energiewirtschaft und das Sozialsystem der USA umkrempeln: 

  • Infrastrukturpaket: Der „American Jobs Plan“, über den das Weiße Haus mit dem Kongress verhandelt, soll knapp 2,3 Billionen Dollar in Straßen, Brücken, grüne Innovationen, Breitband und vieles mehr pumpen. Die Reform soll über höhere Unternehmenssteuern finanziert werden. Dahinter steckt auch das Ziel, die Produktion der USA unabhängiger von ausländischen Mitbewerbern wie China zu machen. „Wir werden in den nächsten 10 Jahren mehr technologische Veränderungen erleben als in den letzten 50 Jahren“, mahnte Biden. „Wir stehen in einem Wettbewerb um die Zukunft mit China und anderen Ländern. Und wir drohen, in diesem Wettbewerb zurückzufallen.“
  • Sozialpaket: In den kommenden Monaten will Biden eine umfassende Sozialreform („American Families Plan“) auf den Weg bringen, die 1,8 Billionen US-Dollar kosten soll. Im Fokus stehen bessere Kinderbetreuung, finanzielle Entlastung für Familien, bezahlbare Bildung, Pflege und Gesundheit sowie ein Bundesprogramm für bezahlte Elternzeit. Im Gegenzug sollen Steuern für Wohlhabende angehoben werden. „Es ist an der Zeit, dass die reichsten 1 Prozent der Amerikaner ihren gerechten Anteil zahlen“, forderte Biden. 

Außenpolitik streifte der Präsident nur am Rande, im Mittelpunkt stand der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, den Biden mit seinen Billionen-Reformen vorantreiben will. Der Präsident versuchte spürbar, Millionen US-Bürger direkt zu adressieren. „Jeder Amerikaner sollte sauberes Wasser trinken können“, rief er an einer Stelle, dafür gab es den lautesten Applaus aus dem Demokraten-Lager.

Und er wiederholte, dass eine grüne Energiewende und Investitionen „Millionen gut bezahlter Arbeitsplätze“ schaffen würden. Noch immer sind 8,4 Millionen Menschen weniger in Beschäftigung als vor der Pandemie. 

Es war eine kämpferische, nach vorn gerichtete Rede, die Biden im Kongress ablieferte. Und in der Theorie spricht vieles dafür, dass er seine Ziele umsetzen kann. Seine Partei, die Demokraten, kontrollieren das Weiße Haus und beide Kongresskammern, wenn auch mit sehr knappen Mehrheiten.

Impfprogramm gerät ins Stocken

Biden kann damit viele Gesetze im Alleingang verabschieden lassen – zumindest bis zu den Kongresswahlen im kommenden Jahr, die die Machtverhältnisse wieder ändern können.

Doch in der Praxis steht Biden vor vielen Hürden. Auf Unterstützung der Republikaner kann er derzeit nicht hoffen – auch nicht bei anderen drängenden Themen wie Einwanderung, Justizsystem, der Diskriminierung von Schwarzen oder Waffengewalt.

Wegen der Pandemie sind nur ein paar Dutzend Plätze besetzt. Quelle: AP
Joe Biden vor dem US-Kongress

Wegen der Pandemie sind nur ein paar Dutzend Plätze besetzt.

(Foto: AP)

Auch die Demokraten sind gespalten, interne Konflikte könnten sich in den kommenden Monaten verschärfen. Moderate wehren sich gegen zu hohe Steuern und Ausgaben, dem linken Flügel gehen Bidens Pläne nicht weit genug. Es ist deshalb zu diesem Zeitpunkt unklar, wie der Präsident eine oder mehrere seiner Mega-Reformen durch den Kongress bekommen wird. 

Ob Biden Erfolge verbuchen kann, die im Gedächtnis bleiben, werden vom Rest seiner Amtszeit abhängen – nicht unbedingt von seinen ersten 100 Tagen im Amt. So geht etwa das Impfprogramm rasant voran, fast die Hälfte der US-Bürger hat mindestens eine Impfung erhalten. Doch überwunden ist die Pandemie noch nicht. Millionen Amerikaner zögern, einen Termin zu vereinbaren, neue Virus-Varianten wüten auch in den USA. „Es gibt noch viel zu tun, um diesen Virus zu bekämpfen“, appellierte Biden am Mittwoch. „Wir dürfen jetzt nicht nachlassen.“

Mehr: Warum sich die Welt auch unter Biden an „America First“ gewöhnen muss. 

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