Europäische Union EU-Parlament bezieht erstmals Stellung zur gemeinsamen Bewältigung der Coronakrise

Ein Großteil der EU-Parlamentarier ist im Home Office.
Brüssel Die Coronakrise ist auch eine große EU-Krise: Sie ist eine Geschichte von nationalen Alleingängen, der Abkehr von Schengen, nächtelangem Streits ohne Einigung, von alten Vorwürfen, gegenseitiger Verärgerung und der großen Frage: Wie sehr wollen wir zusammenrücken? Oder wollen wir ein Zusammenrücken nur solange es vorteilhaft für uns ist?
An diesem Donnerstag hat das Europaparlament erstmals in einer Resolution über das gemeinsame EU-Vorgehen zur Bekämpfung der Pandemie Stellung bezogen. Darin forderte das Parlament unter anderem eine gemeinsame Ausstiegsstrategie der Mitgliedstaaten aus den nationalen Shutdowns. Das EU-Parlament gilt als die EU-Institution, die stets das europäische Gemeininteresse im Fokus hat. Während beispielsweise im EU-Rat die virtuellen Treffen der EU-Finanzminister gerne ergebnislos scheitern, weil das Eigeninteresse der Mitgliedstaaten über das große Ganze geht.
„Auch bei den Exitstrategien scheinen sich die nationalen Alleingänge zu wiederholen“, kritisierte Sven Giegold, Vorsitzender der deutschen Grünen-Delegation im Europaparlament. Und weiter: „Die bisherigen Maßnahmen eignen sich nicht, um die Spaltung Europas wieder zu kitten.“ In diesem Zusammenhang plädierte er für einen gemeinsamen europäischen Wiederaufbau im Einklang mit dem EU-Klimaschutzziel: der Klimaneutralität bis 2050.
Die Corona-Bonds – gemeinsame Anleihen der EU, um aus der Coronakrise zu kommen – sind dabei jedoch ebenso wie im EU-Rat auch innerhalb des EU-Parlaments ein Streitpunkt. CDU-Politiker kritisieren, Corona-Bonds seien ein Wegbereiter für die Vergemeinschaftung der Schulden der EU-Staaten – ein Ansatz, den sie strikt ablehnen.
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Demnach fordert die Resolution nun „Recovery Bonds“, die durch das EU-Budget gedeckt sind. Auf diese Weise stehen Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne gemeinsam hinter der Corona-Resolution.
Uneinigkeit bei der Corona-App
Ein weiterer Streitpunkt ist eine Corona-App. Dadurch sollen potenzielle Kontakte mit Corona-Infizierten sofort erkannt und so Infektionsketten unterbrochen werden.
„Eine solche App ist aus meiner Sicht EU-weit dringend notwendig“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion, Peter Liese, und ergänzte: „Leider ist die Resolution dafür ein bisschen defensiv. Ich verstehe, dass man da erst einmal eine Hemmung hat. Aber wenn wir nicht den totalen wirtschaftlichen Kollaps oder Hunderttausende Tote wollen, müssen wir innovative Lösungen suchen.“
Für eine solche App hat sich auch bereits Bundesaußenminister Heiko Maas ausgesprochen. Damit könnten Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen in der EU schnell und dauerhaft wieder abgebaut werden, so der SPD-Politiker.
Da alle Abgeordneten per Mail abstimmen und die Auszählung daher dauert, wird das Abstimmungsergebnis über die Resolution erst am späten Abend vorliegen.
Mehr: Abgestimmt statt chaotisch: EU-Länder suchen Wege aus dem Shutdown.
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