Gastransport Ostseepipeline Nord Stream 2 wird mit Gas befüllt – Betrieb steht noch aus

Die Gaspipeline wird befüllt.
Lubmin In die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 ist das erste Gas gefüllt worden. Am Montag habe die Befüllung des ersten Strangs begonnen, teilte die Nord Stream 2 AG mit. Die Erstbefüllung sei notwendig, bevor der Gastransport beginnen könne.
Zum geplanten Zeitpunkt der eigentlichen Inbetriebnahme machte die Nord Stream 2 AG keine Angaben. Experten rechnen damit, dass noch im Oktober Gas durch die neue Pipeline geliefert werden könnte. Noch in diesem Jahr will Gazprom 5,6 Milliarden Kubikmeter Gas durch Nord Stream 2 pumpen.
Die Inbetriebnahme der Leitung, die von Russland durch die Ostsee nach Mecklenburg-Vorpommern verläuft, könne laut russischer Regierung zur Entspannung auf dem Gasmarkt in Europa beitragen. Großhandelspreise für Erdgas waren in den vergangenen Monaten stark gestiegen.
Wie das Energieministerium Mecklenburg-Vorpommern am Montag mitteilte, liegen die notwendigen Unterlagen für die Inbetriebnahme der Pipeline vor. Zuletzt fehlten noch unabhängige Gutachten etwa zur Dichtigkeit. Auch die zuständige dänische Behörde teilte am Montag mit, die Voraussetzungen für den Betrieb eines Strangs seien erfüllt.
Bei der Bundesnetzagentur läuft nach deren Angaben noch ein Zertifizierungsverfahren zu Nord Stream 2. Darin geht es darum, die Nord Stream 2 AG gemäß einer EU-Richtlinie als Unabhängiger Transportnetzbetreiber anzuerkennen. Sollte Nord Stream 2 den Gastransport vor Abschluss dieses Verfahrens aufnehmen, könnte die Bonner Behörde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten und Bußgelder verhängen. Die Behörde hat für eine Entscheidung noch bis Anfang Januar Zeit. Man habe die Nord Stream 2 AG am Montag dazu aufgefordert, die in Deutschland geltenden Bedingungen einzuhalten.
„Die Bundesnetzagentur hat die Nord Stream 2 AG heute aufgefordert, Auskunft zu erteilen und gegebenenfalls Nachweise zu erbringen, dass im Rahmen eines Betriebs der Leitung alle regulatorischen Vorgaben eingehalten werden“, sagte ein Sprecher der Bonner Behörde am Montagabend der Nachrichtenagentur Reuters.
Dies betreffe insbesondere Fragen des diskriminierungsfreien Netzzugangs und der Integration der Verbindungsleitung in das deutsche Marktgebiet. Anlass sei, dass nicht auszuschließen sei, dass in Kürze eine Inbetriebnahme der Leitung erfolgen könnte.
„Nord Stream 2 ist ein vollständig genehmigtes Projekt, errichtet in Übereinstimmung mit den geltenden nationalen und internationalen Rechtsvorschriften“, erklärte der Betreiber. Er habe zudem die erforderlichen Genehmigungen für den Betrieb der Pipeline von den Behörden in vier EU-Ländern und Russland erhalten. „Nord Stream 2 wird weiterhin alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, um die Einhaltung aller anwendbaren Regeln und Vorschriften sicherzustellen, einschließlich des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), welches die EU-Gasrichtlinie in deutsches Recht umsetzt.
Kritiker warnen vor geopolitischem Missbrauch
Durch die 1230 Kilometer lange Pipeline, die zwei Stränge hat, sollen jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert werden. Damit können nach Angaben der Betreibergesellschaft 26 Millionen Haushalte versorgt werden. Gazprom hatte vor mehr als drei Wochen mitgeteilt, dass die Pipeline fertiggestellt sei.
Vor allem der Widerstand der USA, die Sanktionen androhten und auch verhängten, verzögerte den Bau, der 2018 begonnen hatte und 2019 hätte beendet werden sollen. Die US-Regierung kritisiert, Europa mache sich durch die Pipeline bei der Energieversorgung zu stark von Russland abhängig.
Kritiker sehen die Gefahr, Russland könne die Pipeline für geopolitische Zwecke missbrauchen, weil es sich so unabhängiger von der Ukraine als wichtiges Transitland mache. Eine deutsch-amerikanische Vereinbarung sieht vor, dass Russland mit Sanktionen belegt wird, sollte die Pipeline als geopolitische „Waffe“ genutzt werden. Moskau wies das zurück.
Die Pipeline wurde je zur Hälfte vom russischen Energieriesen Gazprom und den fünf Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert und hat die Investoren mehr als zehn Milliarden Euro gekostet.
Bereits seit 2011 ist die weitgehend parallel verlaufende Pipeline Nord Stream 1 teilweise und seit 2012 vollständig in Betrieb. 2020 wurden mit ihr laut Betreiber 59,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas transportiert.
Mehr: Welche Rolle Gazprom bei den steigenden Energiepreisen in Europa spielt
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.