Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Großbritannien Wahlschock in Tory-Hochburg – Boris Johnson muss um seinen Job bangen

Die Niederlage der Tories bei einer Nachwahl in Shropshire ist ein Misstrauensvotum gegen Johnson. Aus Sicht vieler Tories hat der Premier damit keinen Nutzen mehr.
17.12.2021 Update: 17.12.2021 - 10:53 Uhr 2 Kommentare
Der britische Premier sieht sich mit mehreren Problemen gleichzeigt konfrontiert. Quelle: Reuters
Boris Johnson

Der britische Premier sieht sich mit mehreren Problemen gleichzeigt konfrontiert.

(Foto: Reuters)

London Für den britischen Premier Boris Johnson endet das Jahr mit einer krachenden Niederlage. Seine Konservativen haben am Donnerstag eine Nachwahl in ihrer Hochburg North Shropshire verloren. Die liberaldemokratische Kandidatin Helen Morgan gewann den Sitz mit einer deutlichen Mehrheit von 6000 Stimmen.

Offiziell ging es nur um einen Unterhaussitz, doch wird die Niederlage als Misstrauensvotum gegen den Regierungschef persönlich gewertet. Nach einer Reihe von Skandalen in der Downing Street scheinen die Wähler genug von ihm zu haben. Auch in der konservativen Unterhausfraktion rumort es. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es im kommenden Jahr zu einem Regierungswechsel kommt.

North Shropshire war seit 1832 fest in konservativer Hand. Der ländliche Wahlkreis bei Birmingham hatte auch zu 60 Prozent für den Brexit gestimmt. Der bisherige Abgeordnete Owen Paterson war ein Brexit-Hardliner. Dass die Wähler nun die pro-europäischen Liberaldemokraten bevorzugen, ist eins der größten politischen Erdbeben seit Jahren. Und es ist von Johnson selbst verschuldet.

Nötig wurde die Nachwahl, weil Paterson im November nach einem Lobbyskandal zurückgetreten war. Er hatte sich von zwei Firmen als Berater bezahlen lassen und für deren Anliegen im Parlament geworben. Zunächst sollte er nur für 30 Tage vom Parlament suspendiert werden. Doch er wollte die Strafe nicht akzeptieren und ließ mit Johnsons Unterstützung nachträglich die Lobbyregeln ändern. Nach einem öffentlichen Aufschrei nahm die Regierung die Regeländerung zurück, und Paterson trat zurück.

Etliche konservative Abgeordnete waren danach wütend auf Johnson, dass er sie gezwungen hatte, Paterson zu schützen, nur um es sich dann anders zu überlegen. Hinzu kamen die Skandale in der Downing Street: So kam heraus, dass Johnson sich die Renovierung seiner Dienstwohnung mit Goldtapeten von einem Parteispender hatte finanzieren lassen. Empört reagierten die Briten auch auf die Enthüllung, dass mitten im Lockdown im vergangenen Jahr mehrere Weihnachtsfeiern abgehalten wurden – darunter auch in der Downing Street.

Johnson droht seinen Mehrwert zu verlieren

Das Wahldesaster ist für Johnson ein schlechtes Omen, denn er lebt von seinem Ruf als Wahlgewinner. Liefert er nicht einmal das, hat er aus Sicht vieler Tories keinen Nutzen mehr. Die Partei ist bekannt dafür, ihre Anführer fallen zu lassen, wenn sie zur Belastung werden. Die Umfragen müssen Johnson beunruhigen: Zwei Drittel der Briten sagen, dass er einen schlechten Job macht. Im direkten Vergleich liegt der blasse Labour-Oppositionsführer Keir Starmer erstmals vorn.

Im Juni hatten die Konservativen bereits den südenglischen Wahlkreis Chesham and Amersham an die Liberaldemokraten verloren. Die neuerliche Niederlage verstärkt nun die Befürchtung, dass Johnsons Fokus auf den englischen Norden die konservativen Stammwähler im Süden vergrault.

Johnson hat das „Levelling Up“ zur obersten Priorität erklärt: Er will verstärkt Gelder in die strukturschwachen Regionen des Landes lenken, damit diese zum reichen Südosten um die Hauptstadt London aufschließen. So will er weitere Labour-Hochburgen im Norden erobern. Mancher traditionelle Tory-Wähler fühlt sich da vernachlässigt.

Die Nachwahl-Niederlage war für Johnson bereits das zweite Misstrauensvotum diese Woche. Am Dienstag hatten 99 konservative Abgeordnete gegen seine neuen Coronamaßnahmen gestimmt. Es war die größte Rebellion der Fraktion seit dem Brexit-Aufstand gegen Theresa May. Schon dabei ging es nicht nur um Corona, sondern auch um einen grundsätzlichen Protest gegen Johnson.

Die Weihnachtspause dürfte Johnson nun vorerst retten. Über die Feiertage ist es schwer, einen Coup zu organisieren. Doch das neue Jahr wird der Premier in der Defensive beginnen. Potenzielle Nachfolger laufen sich bereits warm. Außenministerin Liz Truss und Finanzminister Rishi Sunak sondieren Berichten zufolge ihre Chancen bei Abgeordneten. Beide inszenieren sich mit perfekt gestellten Fotos in den sozialen Medien. Insbesondere Truss versucht, sich als Erbin von Margaret Thatcher darzustellen.

Um den Premier zu stürzen, gibt es bei den Tories ein einfaches Verfahren. Jeder Abgeordnete kann per Brief sein Misstrauen gegen Johnson erklären. Die geheimen Briefe werden vom Vorsitzenden der Hinterbänkler-Vertretung 1922 Committee, Graham Brady, gesammelt. Wenn 54 Briefe zusammenkommen, setzt er ein Misstrauensvotum in der Fraktion an. Niemand außer Brady weiß, wie viele Briefe schon eingegangen sind. Am Donnerstag ließ er wissen, dass er über die Feiertage Misstrauensbriefe auch per E-Mail entgegennehme. Ruhig feiern kann Johnson also nicht.

Mehr: Boris Johnson nutzt die Coronamaßnahmen als Ablenkungsmanöver.

Startseite
Mehr zu: Großbritannien - Wahlschock in Tory-Hochburg – Boris Johnson muss um seinen Job bangen
2 Kommentare zu "Großbritannien: Wahlschock in Tory-Hochburg – Boris Johnson muss um seinen Job bangen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Verstehe bis heute nicht, wie die Briten so einen Clown wählen konnten.

  • wär doch ein schönes Weihnachtsgeschenk. Nachdem US orange president in Florida eine untergeordnete Roile spielt, schickt UK seinen Trump-Verschnitt Boris in die Elternzeit. Vielleicht kann er mit Sebastian Kurz in die Krabbelgruppe. Träumen darf man ja... Kommentar sponsored by E.Macron.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%