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Handelsblatt-Serie: Das bessere Wachstum Indonesien: Wie der größte Kohleexporteur gegen seinen Ruf als Klimasünder kämpft

Indonesien ist einer der größten CO2-Emittenten der Welt. Nun entdeckt das Land Ökoinvestitionen als Konjunkturstütze – und hofft auf Milliardensummen aus dem Ausland.
15.10.2021 - 16:20 Uhr 1 Kommentar
Im Nordosten der Insel Borneo plant die Regierung den nach ihren Angaben weltgrößten grünen Industriepark. Quelle: Reuters
Jakarta

Im Nordosten der Insel Borneo plant die Regierung den nach ihren Angaben weltgrößten grünen Industriepark.

(Foto: Reuters)

Bangkok Es ist ein Projekt der Superlative, mit dem Indonesien das Interesse umweltbewusster Investoren wecken will. Im Nordosten der Insel Borneo, dessen indonesischer Teil auch unter dem Namen Kalimantan bekannt ist, plant die Regierung von Präsident Joko Widodo den nach ihren Angaben weltgrößten grünen Industriepark.

Auf rund 125 Quadratkilometern – eine Fläche, die ungefähr so groß ist wie Liechtenstein – sollen sich Industriebetriebe ansiedeln können, die dort ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Der Spatenstich für das Großvorhaben ist für Oktober geplant.

Widodo gibt sich optimistisch, dass der Plan erheblichen Anklang finden wird: „Wir wissen, dass grüne Produkte eine vielversprechende Zukunft haben, und sehen darin eine große Chance für uns“, sagte der Staatschef mit Blick auf das Projekt vor wenigen Wochen auf einer Ökonomenkonferenz in der Hauptstadt Jakarta.

Der Politiker, den seine Landsleute meistens „Jokowi“ nennen, beschreibt die ökologische Wende in seinem Land als einen der Grundpfeiler für den wirtschaftlichen Neuanfang, mit dem das G20-Land den konjunkturellen Einbruch als Folge der Coronakrise hinter sich lassen will.

2020 war das Bruttoinlandsprodukt zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahrzehnten geschrumpft. „Wir müssen daran arbeiten, eine grüne Wirtschaft zur Realität zu machen“, erklärte der Präsident.

Indonesien ist einer der zehn größten CO2-Emittenten der Welt

Mit dem neuen Fokus will seine Regierung auch den Ruf des Klimasünders loswerden – das Schwellenland ist der größte Kohleexporteur der Welt und geriet in den vergangenen Jahren für die Abholzung von Regenwäldern in die Kritik.

Zwar sehen Aktivisten nach wie vor massive Schwachstellen in der Klimapolitik des Landes, das zuletzt unter den zehn größten CO2-Emittenten der Welt lag. Doch die Führung in Jakarta betont inzwischen so deutlich wie noch nie, dass sie sich nicht länger rein auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen verlassen will.

Stattdessen stellen ranghohe Beamte in Jakarta zunehmend die Langfristchancen eines nachhaltigen Umbaus der Wirtschaft in den Vordergrund. Eine Analyse des Ministeriums für nationale Entwicklungsplanung geht davon aus, dass ambitioniertere Klimaziele gar zu höheren Wachstumsraten führen würden als das Festhalten am Status quo.

Die Autoren und Autorinnen nehmen an, dass ohne ein Einschreiten Umweltschäden und Gesundheitsprobleme etwa durch Luftverschmutzung zu einer spürbar niedrigeren Produktivität führen würden.

Schon jetzt gilt Indonesien als eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder der Welt. 2019 führte eine schwere Dürre zu breitflächigen Waldbränden. 2020 erlebte der Inselstaat massive Überschwemmungen durch die stärksten Regenfälle seit Jahrzehnten.

Hauptstadt Jakarta könnte im Meer versinken

110 Millionen Indonesier und Indonesierinnen seien von der Klimakrise direkt betroffen, schätzt die Asiatische Entwicklungsbank (ADB). Besonders die armen Teile der Stadtbevölkerung litten unter den Folgen. Im Juli warnte US-Präsident Joe Biden in einer Rede über die globalen Klimafolgen, dass Indonesiens nur knapp oberhalb der Meeresoberfläche gebaute Hauptstadt Jakarta innerhalb der nächsten zehn Jahre unter Wasser stehen könnte.

Wegen der regelmäßigen Überschwemmungen in der Metropole plant Jokowi bereits die Verlegung des Verwaltungszentrums – ein 33-Milliarden-Dollar-Projekt. Auch die Pläne zur Verringerung der CO2-Emissionen sind mit massiven Ausgaben verbunden.

Finanzministerin Sri Mulyani Indrawati schätzt, dass Investitionen von 365 Milliarden US-Dollar nötig sein werden, um den Kohlendioxidausstoß bis 2030 wie geplant um 29 Prozent zu senken – im Vergleich zu dem Wert, den das Land ohne Klimainitiativen erreichen würde.

Sie hält aber auch noch anspruchsvollere Ziele für möglich: Eine 41-Prozent-Senkung wäre möglich, wenn das Land 479 Milliarden Dollar an Investitionen auftreiben könne. Ein Fünftel solle dafür aus dem Staatshaushalt kommen. Für den Rest will die Regierung private Investoren anlocken – vor allem aus dem Ausland.

Damit steht das Land vor einer entscheidenden Weichenstellung: Sollte die Regierung die Finanzierungsziele verfehlen, drohen ihre Klimaversprechen zu verpuffen. Gelingt es ihr aber, sich bei internationalen Geldgebern als ein globaler Brennpunkt zu präsentieren, an dem der Klimawandel effektiv bekämpft werden kann, könnte sie von einem massiven Konjunkturimpuls profitieren.

Großer Ansturm auf grüne Staatsanleihen

Laut der Ökonomin Victoria Kwakwa, die bei der Weltbank für Ostasien zuständig ist, stehen die Chancen dafür gut. Indonesien habe das Potenzial, zu einem der weltweit führenden Ziele für private Klimainvestitionen zu werden, kommentiert sie.

Um den rasant wachsenden Markt für nachhaltige Geldanlagen anzuzapfen, legt die Regierung des Landes grüne Staatsanleihen auf, die zur Finanzierung von Klimaprojekten genutzt werden. Das Interesse ist groß: Die Papiere, mit denen bereits mehr als drei Milliarden Dollar eingenommen wurden, waren bisher regelmäßig überzeichnet. Eine 30-jährige grüne Anleihe brachte zuletzt im Juni eine Dreiviertelmilliarde Dollar ein.

Nötig ist das Kapital unter anderem, um Indonesiens Energiewende zu stemmen. Bis 2025 will das Land, das derzeit vor allem auf Kohlekraftwerke setzt, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf 23 Prozent steigern – eine Verdoppelung im Vergleich zum Ende des vergangenen Jahres.

Präsident Widodo setzt darauf, Indonesiens Rohstoffe nicht länger nur zu exportieren, sondern sie auch vor Ort zu verarbeiten. Quelle: AP
Joko Widodo

Präsident Widodo setzt darauf, Indonesiens Rohstoffe nicht länger nur zu exportieren, sondern sie auch vor Ort zu verarbeiten.

(Foto: AP)

Erreicht werden könnte das Ziel durch einen Ausbau der Solarkraft auf eine Gesamtleistung von 18 Gigawatt, wie eine Studie der indonesischen Denkfabrik IESR ergab. Dies würde der Analyse zufolge rund 14 Milliarden Dollar kosten.

Erste Großprojekte laufen bereits. Im August verkündete der staatliche Energieversorger Perusahaan Listrik Negara (PLN) den Beginn der Bauarbeiten an einem 145-Megawatt-Solarkraftwerk in Jakartas Nachbarprovinz Westjava, das gemeinsam mit dem Erneuerbare-Energien-Konzern Masdar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten betrieben werden soll.

Exportverbot für Rohstoffe in Indonesien

Ein Investor aus Singapur plant unterdessen für rund zwei Milliarden US-Dollar ein 2,2-Gigawatt-Solarprojekt auf der indonesischen Insel Batam. Den Ausbau der erneuerbaren Energien will Präsident Jokowi auch nutzen, um sein wichtigstes wirtschaftspolitisches Projekt voranzubringen: Er setzt darauf, Indonesiens Rohstoffe nicht länger nur zu exportieren, sondern sie auch vor Ort zu verarbeiten und damit zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.

Im vergangenen Jahr erließ er deshalb ein Exportverbot für Nickelerz, das unter anderem für die Produktion von Batterien für Elektroautos von großer Bedeutung ist. Der Rohstoff darf seitdem nur noch ausgeführt werden, wenn er zuvor in inländischen Schmelzanlagen verarbeitet worden ist.

Vor allem im Bereich der Elektromobilität fordern Abnehmer aber zunehmend saubere Lieferketten. „Ohne Nachhaltigkeitsstandards wird Indonesien von den Märkten abgestraft werden“, gibt sich der indonesische Ökonom Andry Satrio Nugroho überzeugt.

Auf Kalimantan will Indonesien beweisen, dass es den Anforderungen gerecht werden kann. In dem geplanten grünen Industriepark soll neben einem Elf-Gigawatt-Wasserkraftwerk in den kommenden Monaten eine von erneuerbaren Energien befeuerte Schmelzanlage gebaut werden. Konzerne wie das australische Bergbauunternehmen FMG planen dafür nach Regierungsangaben Milliardeninvestitionen.

Gleichzeitig arbeitet Indonesien am Kohleausstieg: Die Regierung kündigte im Mai an, keine neuen Kohlekraftwerke mehr zu genehmigen. PLN legte einen Zeitplan zur Abschaltung der Kraftwerke vor. Umweltschützer kritisieren ihn aber als zu unambitioniert.

Klimaforscher: Indonesiens Klimapolitik ist unzureichend

Erst in mehr als drei Jahrzehnten soll das letzte Kohlekraftwerk vom Netz gehen. Zudem dürfen Dutzende neue Kohlekraftwerke, die sich derzeit noch im Bau befinden, fertiggestellt werden. Der von Klimaforschern betriebene „Climate Action Tracker“ bewertet Indonesiens Klimapolitik unter anderem deshalb als unzureichend.

Frank Malerius, Indonesienexperte der deutschen Außenhandelsagentur GTAI, sieht das Land in einer schwierigen Lage: Niedrige Strom- und Energiepreise seien Voraussetzung dafür, Millionen von Menschen aus der Armut zu holen.

Die Furcht vor Preiserhöhungen sei mit Blick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien groß. Doch der Druck zu höheren Klimaambitionen kommt inzwischen nicht mehr nur von Aktivisten. Auch Indonesiens Justiz schaltet sich ein.

Ein Gericht in Jakarta urteilte Mitte September, die Regierung habe das Recht der Hauptstadtbewohner auf saubere Luft verletzt – die benachbarten Kohlekraftwerke sind der Hauptgrund für die hohe Feinstaubbelastung. Die Richter ordneten gegenüber der Regierung an, unverzüglich gegenzusteuern.

Mehr: Mit schwimmenden Solarparks will Asien die Energiewende schaffen

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  • Klimasünder müssen begreifen, es gibt keinen Plan B für unseren Planeten und wir sitzen ALLE in einem Boot. Vor allem aber gibt es revolutionäre Alternativen der Energienutzung mit der Neutrinovoltaic, grundlastfähig und vor allem weltweit an jedem Ort machbar - ohne Kabel und Steckdose.Der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters"  Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie wird die Photovoltaik ergänzen und ablösen, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Patente der Berliner Neutrino Energy Group sind bereit. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse. Die auf Neutrinovoltaik-Technologie basierenden DC-Neutrinoquellen sind sehr kompakt und wetterunabhängig, erzeugen in einem Grundmodus 24h x 365 Tage Strom und können in Gerätegehäuse oder sogar in Elektroautos eingebaut werden. Mobile, dezentrale Haushaltsenergie und unendliche Reichweite für die Elektromobilität. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hatte bereits im Januar 2021 in einer  von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und  die im Patent deklarierten Eigenschaften der "Neutrino-Voltaik" bestätigt. Russland, Indien und UK haben Verträge gezeichnet, wir müssen diese Neuheit in den Markt bringen.

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