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Indopazifik U-Boot-Streit bedroht EU-Handelsabkommen mit Australien

Der Konflikt zwischen Frankreich und Australien belastet die Freihandelspläne der EU. Für China kommt die Auseinandersetzung zu einem günstigen Zeitpunkt.
20.09.2021 - 18:56 Uhr Kommentieren
Stein des Anstoßes: Australien wird nun doch nicht französische U-Boote wie dieses des Typs FNS Amethyste von Frankreich beziehen. Quelle: dpa
U-Boot

Stein des Anstoßes: Australien wird nun doch nicht französische U-Boote wie dieses des Typs FNS Amethyste von Frankreich beziehen.

(Foto: dpa)

Bangkok Es ist eine ungewohnt komplexe Lage, in der sich Australiens Handelsminister Dan Tehan seit wenigen Tagen wiederfindet. Angesichts des Streits über den geplatzten U-Boot-Deal mit Frankreich wachsen in der Europäischen Union Zweifel an dem bereits seit Langem geplanten Freihandelsabkommen mit dem G20-Land. Gleichzeitig versucht sich China nun bei der Regierung in Canberra als verlässlicher Handelspartner in Szene zu setzen – trotz massiver Konflikte beider Länder.

„Es gibt offensichtlich gerade erhebliche Enttäuschungen“, sagte Tehan dem australischen Sender ABC. Gemeint sind wütende Reaktionen aus Paris auf die Entscheidung seiner Regierung, eine U-Boot-Flotte gemeinsam mit den USA zu bauen, anstatt diese – wie geplant – für fast 60 Milliarden Euro von Frankreich zu beziehen. Er sei aber zuversichtlich, dass die Auseinandersetzung nicht auf die Handelspolitik überschwappen werde, fügte er am Montag hinzu.

Doch zu diesem Zeitpunkt waren aus Frankreich bereits klare Signale gekommen, die einen holprigen Weg für die nächsten Verhandlungsrunden in den Freihandelsgesprächen erahnen lassen: Am deutlichsten äußerste sich Europaminister Clément Beaune. „Sein Wort zu halten ist eine Grundbedingung für das Vertrauen zwischen Verbündeten“, sagte er dem Nachrichtenportal „Politico“. „Es ist deshalb undenkbar, die Handelsgespräche so fortzusetzen, als wäre nichts geschehen – mit einem Land, dem wir nicht länger vertrauen.“

China inszeniert sich als konstruktiver Partner

Für China kommt der Streit der westlichen Staaten zu einem denkbar günstigen Zeitpunkt: Ende vergangener Woche hatte die Regierung in Peking offiziell ihren Antrag zur Mitgliedschaft im transpazifischen Freihandelspakt CPTPP eingereicht. Dies geschah wenige Stunden, nachdem die USA, Großbritannien und Australien ihre neue Sicherheitspartnerschaft mit dem Namen Aukus vorgestellt hatten – der Auslöser für den Konflikt mit Frankreich. CPTPP war ursprünglich von den USA vorangetrieben worden, um damit einen Gegenpol zu Chinas Wirtschaftsmacht zu schaffen. Nach dem Austritt der Amerikaner unter Donald Trump setzten elf Staaten – darunter Australien, Japan und Kanada – das Abkommen in Eigenregie um.

Trotz geringer Chancen auf eine baldige Aufnahme nutzt die Regierung in Peking ihren Mitgliedsantrag nun als Möglichkeit, sich als konstruktiver Partner zu präsentieren: „China ist ein entschiedener Verfechter der Handelsliberalisierung“, sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian. „Unser Antrag auf den CPTPP-Beitritt zeigt einmal mehr Chinas feste Entschlossenheit, die regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern.“

Für Australien ist China derzeit der wichtigste Handelspartner. Die EU folgt mit einem Handelsvolumen von 36 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf Rang drei hinter Japan. Ein erfolgreicher Abschluss der 2018 gestarteten Freihandelsgespräche könnte den Handel nach Schätzungen der EU-Kommission um rund ein Drittel ausbauen. Die nächste Verhandlungsrunde zwischen Vertretern der EU und Australiens ist für Mitte Oktober angesetzt. „Dies ist der derzeitige Stand der Dinge“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. „Wir analysieren die Auswirkungen, die die Ankündigung von Aukus auf diesen Zeitplan haben würde.“

Frankreichs Australien-Botschafter Jean-Pierre Thébault, der am Wochenende als Zeichen des Protestes nach Paris zurückgerufen wurde, dementierte, dass sein Land aktiv versuche, die Handelsgespräche zu torpedieren. In einem Interview mit ABC verwies er darauf, dass die Verhandlungen Sache der Kommission seien.

„Australien sollte jeden Grund haben, eine Einigung mit der EU erzielen zu wollen.“ Quelle: AP
Frankreichs Botschafter Jean-Pierre Thebault

„Australien sollte jeden Grund haben, eine Einigung mit der EU erzielen zu wollen.“

(Foto: AP)

Gleichzeitig gab er zu erkennen, dass er nun primär Australien in der Verantwortung sieht, die Gespräche zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen: „Die EU ist der größte Markt, in dem Australien derzeit nicht so präsent ist, wie es sein könnte“, sagte er. „Australien sollte jeden Grund haben, eine Einigung mit der EU erzielen zu wollen.“

Australiens Handelsminister bemüht sich um Schadensbegrenzung

Dass dies für Australien nun womöglich schwerer werden könnte als ursprünglich angenommen, ließ auch Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments, durchblicken: „Europas Kompromissbereitschaft hat jetzt sicherlich abgenommen“, sagte der SPD-Politiker. „Das U-Boot-Projekt war nicht nur ein französisches, sondern ein europäisches Projekt: Viele europäische Firmen sind daran beteiligt. Das ist also schon ein ziemliches politisches Zeichen, das verdaut werden muss.“ Deswegen könne man jetzt nicht mehr sehr schnell mit einem Abschluss der Verhandlungen rechnen, so Lange.

Ausgesetzt würden die Verhandlungen aber sicherlich nicht. Abgesehen von der Tatsache, dass die EU-Kommission ohnehin das Verhandlungsmandat hat, entspricht dies auch nicht dem Willen der anderen Mitgliedstaaten.

Die Regierung in Canberra rechnet bereits mit Verzögerungen, wie aus australischen Diplomatenkreisen zu hören ist. Ursprünglich hatte sich Australien einen Abschluss der Gespräche im kommenden Jahr erhofft.

Australiens Handelsminister Tehan will sich bei einem Paris-Besuch in den kommenden Wochen persönlich um Schadensbegrenzung kümmern. Seine Reise in die französische Hauptstadt war wegen eines dort angesetzten Ministertreffens der OECD-Staaten bereits seit Längerem geplant. Bei der Gelegenheit will er die handelspolitischen Folgen des U-Boot-Konflikts mit französischen Regierungsvertretern besprechen. „Ich freue mich sehr auf den Austausch mit meinem Amtskollegen“, sagte Tehan.

Der Terminkalender des Politikers, der das Handelsressort im Kabinett von Scott Morrison erst seit einem Dreivierteljahr leitet, könnte auch mit Blick auf China künftig deutlich voller werden. Seit dem Streit über Australiens Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung der Coronavirus-Ursprünge in Wuhan gab es keinen offiziellen Austausch mehr zwischen den beiden Ländern auf Regierungsebene.

Auch ein Brief, den Tehan Anfang des Jahres an seinen chinesischen Amtskollegen Wang Wentao schickte, ist noch immer unbeantwortet. Angesichts Chinas Bewerbung um den CPTPP-Beitritt, dem Australien wie alle anderen Mitglieder zustimmen müsste, merkte Tehan an, dass dafür direkte Gespräche unerlässlich seien.

Chinas Regierung dürfte die Überzeugungsarbeit nicht leichtfallen: Sie müsste aus Australiens Sicht erst die bestehenden Handelskonflikte aus dem Weg räumen – Peking führte zuletzt unter anderem Importbeschränkungen für australischen Wein ein. Zudem müsste die Kommunistische Partei glaubhaft machen, dass sie sich tatsächlich an die strengen CPTPP-Regeln etwa mit Blick auf fairen Wettbewerb mit Staatsbetrieben halten würde. Zur Beurteilung werde man Chinas bisherige Regelkonformität im internationalen Handel heranziehen, sagte Tehan.

Mitarbeit: Eva Fischer, Torsten Riecke

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