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Ingrida Simonyte im Interview Litauens Premierministerin fordert Ende von Nord Stream 2 und harten EU-Kurs gegenüber Russland
Die parteilose Politikerin warnt vor dem Einfluss des Kremls auf die Europäische Union. In der Coronakrise hält sie weitere Staatshilfen für nötig.
Stockholm Erst seit zwei Monaten ist Ingrida Simonyte Litauens Premierministerin. Sie hat das Amt inmitten der Coronakrise übernommen, die das kleine baltische Land hart getroffen hat. Litauen hat Mitte Dezember einen harten Lockdown beschlossen, der erst vor zwei Wochen wieder gelockert wurde.
Simonyte scheut klare Worte nicht. Sie spricht sich unter anderem gegen die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 aus: „Ich bin der Meinung, dass man das Nord-Stream-2-Projekt nicht von der geopolitischen Einflussmöglichkeit des Kremls auf die Europäische Union trennen kann“, sagt sie im Interview mit dem Handelsblatt.
„Die Abhängigkeit der EU und einiger Mitgliedsstaaten von einem Land, das kein Rechtsstaat ist, ist ein Problem.“ Die deutsche Regierung kenne ihre Position. Die 46 Jahre alte Politikerin fordert einen harten Kurs der EU gegen Russland, aber auch Weißrussland.
Als ehemalige Finanzministerin und stellvertretende Zentralbankchefin weiß Simonyte nur allzu gut, dass bei großen Krisen wie der Finanzkrise oder der Corona-Pandemie ein gemeinsames europäisches Handeln notwendig ist. Im Gespräch mit dem Handelsblatt bewertet sie die Arbeit der EU-Kommission und prognostiziert die Notwendigkeit weiterer Wirtschaftshilfen für die EU-Mitgliedstaaten.
Lesen Sie hier das ganze Interview:
Frau Simonyte, die Gas-Pipeline Nord Stream 2 erregt derzeit wieder einmal die Gemüter. Halten Sie dieses Projekt für sinnvoll? Das ist eine knifflige Frage. Wir in diesem Teil Europas sind ziemlich vertraut damit, wie Wirtschaftsprojekte zu geopolitischen Projekten werden. Wir haben selbst erlebt, wie Pipelines für politische Zwecke benutzt wurden. Ich bin der Meinung, dass man Nord Stream 2 nicht von dem geopolitischen Einfluss des Kremls auf die Europäische Union trennen kann. Die Abhängigkeit der EU und einiger Mitgliedstaaten von einem Land, das kein Rechtsstaat ist, ist ein Problem. Die Bundesregierung kennt unsere Meinung, über die bei uns im Land große Einigkeit besteht.
Die Gaspipeline ist ein Problem für Sie, die Situation in Ihrem Nachbarland Weißrussland ein anderes. Die bekannteste weißrussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja verließ ihr Land aus Angst vor Repressalien und lebt derzeit bei Ihnen in Litauen. Wie sollte die EU auf die Vorgänge in Weißrussland reagieren? Zuallererst muss man verstehen, dass das, was jetzt dort passiert, keine Wiederholung früherer Proteste ist. Dieses Mal ist es nicht dasselbe. Man soll nicht denken, es geht wieder um gefälschte Wahlen, um Festnahmen von Demonstranten und das Verschwinden von einigen Menschen – und danach kehrt wieder Normalität ein. Dieses Mal ist es anders.
Inwiefern? Die Gesellschaft hat Alexander Lukaschenko und sein Regime satt.
Den Präsidenten des Landes ... Er ist heute in der Opposition in seinem eigenen Land. Die Bürger sind keine Minderheit mehr. Er kann sich nur noch durch den Einsatz brutaler Gewalt halten. Die EU kann Druck in Form von Wirtschaftssanktionen, in Form von Sanktionen gegen einzelne Personen ausüben. Wir sollten die Zivilgesellschaft und die freien Medien unterstützen. Wir haben zum Beispiel einige belarussische Unternehmen bei uns aufgenommen. Sie haben ihren Firmensitz jetzt in Litauen, wollen aber später unbedingt zurück nach Belarus.
Rohre für Nord Stream 2
Litauens Premierministerin Ingrida Simonyte ist gegen die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2.
Und was ist mit Russland? Der Kreml versucht mit allen Mitteln, die EU zu spalten. Andererseits wollen sie ihre Schwiegermütter in europäischen Krankenhäusern behandeln lassen, ihre Kinder an europäischen Universitäten studieren lassen und ihre Vermögen sicher in europäischen Banken verwahren. Wir dürfen das nicht zulassen.
Sie haben mitten in der Coronakrise ihr Amt angetreten. Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit der EU-Kommission in der Pandemie? Jeder von uns wünscht sich ein reibungsloses Krisenmanagement. Ich bin da sehr pragmatisch: Es war eine sehr gute Idee, dass die Europäische Union gemeinsam die Vakzine bestellt hat. Sicherlich gab es eine gewisse Unzufriedenheit darüber, wie der Bestellungsprozess abgelaufen ist. Doch für kleine Länder wie unseres ist es immer besser, an einer gemeinsamen Aktion teilzunehmen, als selbst zu verhandeln. Ich würde es so sagen: Viele Dinge hätten besser gemacht werden können, doch niemand kann sagen, wie man es besser hätte machen können.
Wann, denken Sie, kann die EU ihre gigantischen Wirtschaftshilfen langsam wieder zurückfahren? Nun, ich denke, das wird noch eine Zeit dauern. Denn es wird Bereiche geben, in denen sich das Kundenverhalten durch die Pandemie ziemlich grundlegend verändert hat. Es wird also möglicherweise Bereiche geben, bei denen der Neustart ziemlich schwierig wird. In diesem Fall müssen wir entscheiden: Ist es nur eine Zeitfrage und wir müssen nur abwarten, bis zum Beispiel der internationale Reiseverkehr wieder in Gang kommt, oder ist es eventuell eine permanente Veränderung im Konsumverhalten der Kunden.
Vita
Die 46-jährige litauische Politikerin mischt seit Langem in der Politik des baltischen Landes mit. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Vilnius arbeitete Simonyte zunächst im Finanzministerium. Später kehrte sie als Dozentin zurück zur Universität in der Hauptstadt.
Die Politik reizte die parteilose Simonyte schon früh. Drei Jahre lang bis 2012 war sie litauische Finanzministerin. Im vergangenen November wurde die dem konservativen Lager zugerechnete Simonyte zur neuen Premierministerin des kleinen baltisches Landes gewählt. Sie leitet eine Mitte-Rechts-Regierung.
Sie meinen eine Veränderung Richtung online? Ja, einige Geschäftsmodelle werden vermutlich nicht überleben, weil sich das Kundenverhalten sehr stark Richtung online verändert hat. Zum Beispiel das Konferenzgeschäft: Wer weiß heute schon, ob Online-Konferenzen nicht der neue Normalfall werden. Wenn wir die Restriktionen lockern können, werden wir die neue Normalität sehen. Das kann bedeuten, dass die Unterstützung der Regierungen anders aussehen wird, nicht finanziell, um Jobs zu retten, sondern um die Unternehmen zu reorganisieren und sie fit für die Zukunft zu machen.
Die Verschuldung einiger Länder, die durch die Pandemie noch gewachsen ist, besorgt viele. Denken Sie, dass der EU-Wiederaufbaufonds die Probleme lösen kann? Der Wiederaufbaufonds kann sinnvoll genutzt werden. Die Schulden werden dadurch zwar nicht reduziert, aber die Mittel können für mehr Wachstum eingesetzt werden, wenn man in Produktivität investiert und so das Bruttoinlandsprodukt steigert. Dadurch haben Sie eine Verwässerung der Schuldenlast. Aus meinen Erfahrungen als Finanzministerin kann ich sagen, dass nicht die Schulden an sich das Problem sind, sondern der Preis für sie.
Sie kennen diese Situation ... ... ja, 2008 hatten wir in Litauen eine Staatsverschuldung von nur 15 Prozent des BIP und standen trotzdem am Rande eines Staatsbankrotts. Sie können eine vergleichsweise geringe Verschuldung haben und dennoch technisch fast bankrott sein, weil die Märkte sie angreifen und den Schuldenpreis in die Höhe treiben. Derzeit sehe ich diese Gefahr nicht. Es kommt aber darauf an, wie das Geld aus dem Wiederaufbaufonds eingesetzt wird. Man kann es für die üblichen Ausgaben verwenden, dann bleibt die Verschuldung gleich hoch. Oder man setzt es mit Bedacht ein, investiert in die grüne Transformation und in die Digitalisierung und hat die Chance, dass die Wirtschaft wieder wächst und die Schuldenlast geringer wird.
4 Kommentare zu "Ingrida Simonyte im Interview : Litauens Premierministerin fordert Ende von Nord Stream 2 und harten EU-Kurs gegenüber Russland"
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Herr Helmut Metz
Die NEGATIVAUSLESE bei den Politikern findet also nicht nur in der BRD statt (von Adenauer zu Merkel), sondern in Zeitraffergeschwindigkeit auch in Litauen: von Landsbergis hin zu dieser Simonyte. Wie brillant war dagegen der erste Staatspräsidents Litauens, der dem Land mit zur Freiheit verhalf! So brillant, dass er heute für die linksgrünen deutschen Mainstreammedien viel zu politisch inkorrekt wäre. ;-) Ach ja, ein Zitat von Landsbergis zur politischen Korrektheit: "Sie ist nichts anderes als eine Lüge. Oder deren Kaschierung. Wir sollen nicht aussprechen, was uns nicht gefällt." Und zu den Deutschen: "Sie begraben sich selbst. Bei ihnen ist es heute so, dass es als unanständig gilt, wenn man seine eigene Meinung hat, man muss das denken, was die Mehrheit denkt (...) Ich kann Ihnen vorhersagen, dass die Kommunisten Deutschland wieder regieren werden. Die Methoden, mit denen sie die Regierung übernehmen, sind bekannt. Man muss nur in die Geschichtsbücher schauen! Es ist sehr traurig, dass die Deutschen ihre Lektion nicht gelernt haben – aus der Geschichte, aus dem nationalen Sozialismus, aus dem DDR-Sozialismus – und dass sie jetzt offenbar ein drittes Mal in den Sozialismus abgleiten." (aus einem Interview beim mittlerweile ebenfalls höchst politisch inkorrekten Magazin "Tichys Einblick" von Oktober 2019) Grundsätzlich waren die Balten mehrheitlich aber schon immer ausgeprägte Russlandhasser (was natürlich durch ihre Geschichte mitbegründet ist). Dass in den baltischen Staaten heute jedoch die russischen Minderheiten diskriminiert werden - davon wollen sie jedoch eher nichts wissen...
Herr Heinrich Junghanns
Das geopolitische Interesse Deutschlands liegt in der energetischen Vielfalt. Frau Simonyte kann ihre Interessen gern vortragen. Und Deutschland darf sie ebenso gern ingnorieren. Angesichts der Entwicklung in Polen und der Ukraine (wo "Freund und Feind" vollkommen verschwimmen) ist eine direkte Pipeline zwischen Russland und Deutschland zwingend notwendig.
Herr Andre Peter
Dass unsere Osteuropäischen Freunde auf Amerika-Kurs sind, ist eine Binsenweisheit. Gerne werden Subventionen aus Europa angenommen, doch wenn es um ihre vermeintlichen Belange geht, sind sie sehr stark auf den eigenen Vorteil fokussiert. Wie soll da eine vernünftige, europäische, souveräne Politik möglich sein? Es ist richtig tivial: Nord Stream 2 ermöglich den Atomausstieg und den Ausstieg aus Kohle. Zudem liefert Erdgas Energie - Strom, wenn Windkraft und Photovoltaikanlagen wenig Strom liefern und das ad hoc. ES GEHT NICHT OHNE NORD STREAM 2. Es ist schon interessant, wie sich kleine europäische Staaten aufregen und sich an den Rockzipfel Amerikas hängen. Weder Litauen noch USA geht es etwas an, wie Deutschland sich energetisch versorgt. Übrigens sollte Deutschland unbedingt deutlich mehr in die Ausbildung und auch in die sehr geringen Renten investieren, statt Ländern Gelder zu spenden, die keine europäischen und Deutschen Interessen vertreten. Deutschland ist nicht das "reiche Land" - siehe Schulen und Rentner und auch Masken/Digitalisierung/Impfung/Tests. DEUTSCHLAND IST ARM
Herr Hans Henseler
Die Damen kannt fordern, was sie will. Das geht sie schlicht nichts an.
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Die NEGATIVAUSLESE bei den Politikern findet also nicht nur in der BRD statt (von Adenauer zu Merkel), sondern in Zeitraffergeschwindigkeit auch in Litauen: von Landsbergis hin zu dieser Simonyte.
Wie brillant war dagegen der erste Staatspräsidents Litauens, der dem Land mit zur Freiheit verhalf! So brillant, dass er heute für die linksgrünen deutschen Mainstreammedien viel zu politisch inkorrekt wäre. ;-) Ach ja, ein Zitat von Landsbergis zur politischen Korrektheit:
"Sie ist nichts anderes als eine Lüge. Oder deren Kaschierung. Wir sollen nicht aussprechen, was uns nicht gefällt."
Und zu den Deutschen:
"Sie begraben sich selbst. Bei ihnen ist es heute so, dass es als unanständig gilt, wenn man seine eigene Meinung hat, man muss das denken, was die Mehrheit denkt (...)
Ich kann Ihnen vorhersagen, dass die Kommunisten Deutschland wieder regieren werden. Die Methoden, mit denen sie die Regierung übernehmen, sind bekannt. Man muss nur in die Geschichtsbücher schauen! Es ist sehr traurig, dass die Deutschen ihre Lektion nicht gelernt haben – aus der Geschichte, aus dem nationalen Sozialismus, aus dem DDR-Sozialismus – und dass sie jetzt offenbar ein drittes Mal in den Sozialismus abgleiten." (aus einem Interview beim mittlerweile ebenfalls höchst politisch inkorrekten Magazin "Tichys Einblick" von Oktober 2019)
Grundsätzlich waren die Balten mehrheitlich aber schon immer ausgeprägte Russlandhasser (was natürlich durch ihre Geschichte mitbegründet ist). Dass in den baltischen Staaten heute jedoch die russischen Minderheiten diskriminiert werden - davon wollen sie jedoch eher nichts wissen...
Das geopolitische Interesse Deutschlands liegt in der energetischen Vielfalt. Frau Simonyte kann ihre Interessen gern vortragen. Und Deutschland darf sie ebenso gern ingnorieren. Angesichts der Entwicklung in Polen und der Ukraine (wo "Freund und Feind" vollkommen verschwimmen) ist eine direkte Pipeline zwischen Russland und Deutschland zwingend notwendig.
Dass unsere Osteuropäischen Freunde auf Amerika-Kurs sind, ist eine Binsenweisheit.
Gerne werden Subventionen aus Europa angenommen, doch wenn es um ihre vermeintlichen Belange geht, sind sie sehr stark auf den eigenen Vorteil fokussiert.
Wie soll da eine vernünftige, europäische, souveräne Politik möglich sein?
Es ist richtig tivial:
Nord Stream 2 ermöglich den Atomausstieg und den Ausstieg aus Kohle. Zudem liefert Erdgas Energie - Strom, wenn Windkraft und Photovoltaikanlagen wenig Strom liefern und das ad hoc.
ES GEHT NICHT OHNE NORD STREAM 2.
Es ist schon interessant, wie sich kleine europäische Staaten aufregen und sich an den Rockzipfel Amerikas hängen.
Weder Litauen noch USA geht es etwas an, wie Deutschland sich energetisch versorgt.
Übrigens sollte Deutschland unbedingt deutlich mehr in die Ausbildung und auch in die sehr geringen Renten investieren, statt Ländern Gelder zu spenden, die keine europäischen und Deutschen Interessen vertreten.
Deutschland ist nicht das "reiche Land" - siehe Schulen und Rentner und auch Masken/Digitalisierung/Impfung/Tests.
DEUTSCHLAND IST ARM
Die Damen kannt fordern, was sie will. Das geht sie schlicht nichts an.