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Künstliche Intelligenz Diese Seriengründer bauen einen KI-Campus in Berlin

Rasmus Rothe und Adrian Locher bauen reihenweise Start-ups rund um Künstliche Intelligenz. Jetzt wollen sie in Berlin einen Ort des Austauschs schaffen.
05.10.2020 - 14:59 Uhr Kommentieren
Die Initiatoren im Rohbau des KI-Campus. Quelle: Jan Philip Welchering für Handelsblatt
Rasmus Rothe (links) und Adrian Locher

Die Initiatoren im Rohbau des KI-Campus.

(Foto: Jan Philip Welchering für Handelsblatt)

Berlin Noch ist die Vision von Rasmus Rothe und Adrian Locher ziemlich staubig. Zwar hängen an den Decken des Rohbaus im Berliner Brunnenviertel schon die ersten schalldämpfenden Platten in einem Beige-Ton, den die beiden sorgfältig ausgewählt haben. Doch bis der geplante Campus für Künstliche Intelligenz (KI) bezogen werden kann, werden noch einige Monate vergehen.

Ihre Ideen zeigen die Gründer jedoch schon jetzt mit Begeisterung: Im Eckbüro mit Blick auf Fernsehturm und Rotes Rathaus sollen sich ab dem kommenden Frühjahr die Entwickler ihres Unternehmens Merantix austauschen. Nebenan ist Platz für Untermieter.

„Wir wollen hier ganz junge Start-ups mit Dax-Konzernen zusammenbringen und Mittelständler mit erfahrenen Spezialisten“, sagt Locher. „Im Grunde Leute, die sich sonst so nicht treffen würden – die aber zusammen die KI voranbringen können.“

Der Anspruch ist hoch: Das Gebäude solle „den Kern eines starken KI-Ökosystems“ bilden, „indem es führende KI-Forscher, die vielversprechendsten KI-Unternehmen sowie bedeutende Industrie- und Technologieführer“ zusammenführe, formulieren die Gründer in ihrer Projektbeschreibung.

Rothe und Locher wollen gemeinsam dazu beitragen, Berlin zu einer Metropole für die Technologie zu machen, die inzwischen marktreif ist. Seit fünf Jahren entwickeln sie mit ihrem Unternehmen Merantix Geschäftsmodelle rund um die Computerschlauheit.

Im Erdgeschoss sollen auf 700 Quadratmetern Küche und Esstische zum Austausch anregen, ebenso Grün-Installationen und KI-Kunst. Quelle: Jan Philip Welchering für Handelsblatt
Baustelle des KI-Campus in Berlin

Im Erdgeschoss sollen auf 700 Quadratmetern Küche und Esstische zum Austausch anregen, ebenso Grün-Installationen und KI-Kunst.

(Foto: Jan Philip Welchering für Handelsblatt)

Dabei fahren sie zweigleisig: Einerseits gründet Merantix eigene Start-ups. Eines beschäftigt sich etwa mit der besseren Auswertung von Mammografie-Bildern zur Früherkennung von Brustkrebs. Eine andere, jüngere Gründung will mit Künstlicher Intelligenz neue Proteinverbindungen als Werkstoff finden, eine weitere soll als Bestandteil von Business-Software Kennzahlen von Unternehmen besser verstehen. Die Anwendungsfelder sind breit gestreut. „Viele Unternehmen, die in zwei Jahrzehnten Marktführer sein werden, werden gerade gegründet“, ist Locher überzeugt.

Andererseits, auf dem zweiten Gleis, bietet Merantix auch etablierten Unternehmen an, KI-Anwendungen für sie zu entwickeln. In dem Bereich gehören Volkswagen und Zalando zu den Kunden. Inzwischen ist Merantix auf 80 Mitarbeiter gewachsen und hat bei Investoren wie der Kellogg Foundation und der Johnson Foundation 25 Millionen Euro für einen eigenen Risikokapital-Fonds eingesammelt.

Kein Geschäftsmodell

Den neuen KI-Campusse wollen die beiden Initiatoren hingegen nicht als Geschäftsmodell betrachten, sagen sie. Sie mieten sich dafür auf 5412 Quadratmetern in ein Bürogebäude ein, das zur anderen Hälfte das Berliner Unternehmen Contentful beziehen wird. Die Weitervermietung erfolge zum Selbstkostenpreis, versprechen sie. „Wir sehen das als einen Beitrag zum KI-Ökosystem“, sagt Rothe.

Dafür will er die Mieter sorgfältig auswählen. Jeder müsse etwas zum Campus beitragen, verlangt er. Vor allem für technische Teams, die konkrete Anwendungen bauen, sei Platz im Campus. Dafür spricht Rothe auch mit Dax-Konzernen, die er überzeugen will, KI-Teams auf den Campus zu verlagern. Ebenso will er lokal Berliner Start-ups für das Projekt gewinnen. Kern sind aber die Teams von Merantix, die in dem Neubau dauerhaft ihr Zuhause finden sollen.

Start-up-Campusse gibt es in Deutschland bereits einige. In Berlin gehört die „Factory“ mit zwei Standorten zu den bekanntesten. „Reines Coworking ist tot. Es reicht nicht mehr aus, nur einen Schreibtisch anzubieten“, sagt Factory-Chef Nico Gramenz. Entscheidend sei, die richtigen Leute zusammenzubringen – darunter die führenden Unternehmen in dem Bereich. „Dafür braucht es ein klares Wertversprechen. Jedem muss klar sein, wieso er dabei ist.“ Ein Schlagwort wie KI allein sei dafür nicht genug.

Mit der Corona-Erfahrung rechnet auch Locher damit, dass mehr Interessenten nicht zuvörderst Büroplätze für alle Mitarbeiter meisten, sondern vor allem Räume für Treffen. Darauf sei die Architektur bereits mit vielen Lounges und Meetingräumen ausgelegt. Im Erdgeschoss sollen auf 700 Quadratmetern Küche und Esstische zum Austausch anregen, ebenso Grün-Installationen und KI-Kunst.

Die Eröffnung soll 2021 stattfinden. Quelle: Jan Philip Welchering für Handelsblatt
Rohbau des KI-Campus

Die Eröffnung soll 2021 stattfinden.

(Foto: Jan Philip Welchering für Handelsblatt)

„Funktionieren soll die Idee eines festen KI-Campus als Immobilienprojekt so trotz des Trends zum Homeoffice – vielleicht sogar umso besser. Gerade in der Anfangsphase eines Projekts müssen sich die Leute treffen. Da entsteht eine Idee eben ungeplant am Wasserspender“, sagt Locher. „Wir wollen zudem Gruppen für Paper-Diskussionen anregen oder Veranstaltungen zu Themen wie Datenschutz anbieten.“

Solche Angebote seien wichtig, um eine Community aufzubauen, bestätigt Factory-Chef Gramenz: „Stärke entsteht durch die richtige Mischung an Akteuren und gute Veranstaltungen, die deren Vernetzung fördern.“ Doch er warnt, Campusgründer bräuchten einen langen Atem, bis das Konzept laufe. „Wir haben neun Jahre gebraucht“, sagt Gramenz.

Konkurrenz der KI-Standorte

Zudem gibt es starke Konkurrenz: Darum, deutsche Vorreiterregion bei KI zu werden, wetteifern etliche Bundesländer. Das Land Baden-Württemberg hat beispielsweise bereits 2016 das Projekt „Cyber Valley“ ins Leben gerufen. Dafür hat es zehn neue Lehrstühle eingerichtet. Partner wie Amazon, BMW und Porsche sollen auch dabei helfen, Start-ups in dem Bereich zu fördern.

In Bayern fördert das Gründerzentrum „UnternehmerTUM“ gezielt KI-Projekte. Auch in anderen Bundesländern sind in den vergangen Jahren KI-Initiativen von Wirtschaftsförderern und Initiativen entstanden – zuletzt das „Artificial Intelligence Center Hamburg“.

Anders als andere KI-Cluster-Projekte wollen die beiden Berliner Gründer allerdings nicht auf staatliche Förderung warten. „Die Zeit haben wir nicht“, meint Rothe. Zudem ergibt sich für den Mitgründer des Deutschen KI-Verbands so die Chance, unternehmerischer zu agieren. „Wir hoffen, dass wir so ein Leuchtturmprojekt hinbekommen“, sagt er.

Ausgerechnet aus dem Silicon Valley heraus hat sich sein Geschäftspartner Locher entschieden, in Europa auf KI zu setzen. Der Schweizer hatte 2015 gerade seinen Groupon-Klon DeinDeal an den Verlag Ringier verkauft und war für einige Monate nach San Francisco gezogen.

„Mir ist dort klar geworden, dass wir eigentlich auch in Europa alles haben, um erfolgreich KI zu machen. Wir müssen die einzelnen Teile nur richtig zusammenbringen“, sagt er. Dazu kommt ein profaner Vorteil: Lebenshaltungskosten und Gehälter sind in Europa deutlich niedriger als im überhitzten Silicon Valley – und Programmierer treuer.

„Mich treibt seit der Kindheit Bauen an – damals mit Holz, später Software, und heute baue ich Unternehmen“, sagt Locher. Als Seriengründer konnte er sich dabei ausleben. Schon 2008 erhielt er dafür den Preis der vom Handelsblatt unterstützten Gründerinitiative Weconomy. Vor der Gründung von Merantix habe er sich mehrere Company-Builder angeschaut, sei aber von keinem Modell wirklich überzeugt gewesen, berichtet er.

Für den Start von Merantix tat sich der heute 38 Jahre alte Locher mit dem acht Jahre jüngeren Rothe zusammen. Der einstige Junior-Weltmeister im Roboterfußball hatte gerade sein Informatik-Studium mit Schwerpunkt Bilderkennung und Deep Learning in Zürich abgeschlossen. „An der Uni habe ich gemerkt, wie schwierig der Transfer in die Wirtschaft ist“, sagt Rothe. Auch das ist nun ein Antrieb für das Campusprojekt.

Mehr: Zu wenig Künstliche Intelligenz – Was Deutschlands Gründern fehlt.

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