Lieferschwierigkeiten Infineon steigert seinen Umsatz – aber nicht so stark wie die Konkurrenz

Der Umsatz des Chipkonzerns ist im jüngsten Quartal um ein Viertel gestiegen. Damit schnitten die Münchener schwächer ab als die Konkurrenz.
München Infineon wächst kräftig, aber trotzdem enttäuscht Deutschlands größter Chiphersteller: Im jüngsten Quartal sei der Umsatz um ein Viertel auf gut 2,7 Milliarden Euro geklettert, teilte der Dax-Konzern am Dienstag mit. Die operative Marge betrage 18,2 Prozent.
Damit hat Vorstandschef Reinhard Ploss sein selbst gestecktes Ziel zwar erreicht. Infineon fällt gegenüber seinen wichtigsten Konkurrenten aber zurück. So ist der Umsatz bei ST Microelectronics und NXP im zweiten Quartal jeweils um 43 Prozent in die Höhe geschossen.
Die Anleger reagierten enttäuscht: Mit einem Minus von rund einem Prozent auf rund 33 Euro gehörten die Aktien am Dienstagmittag zu den größten Verlierern im Dax. Die Investoren haben Infineon schon in den vergangenen Monaten eher skeptisch betrachtet. Seit Jahresbeginn ist der Kurs um lediglich gut fünf Prozent gestiegen. Der Dax hat demgegenüber fast 14 Prozent an Wert gewonnen.
Das Problem von Infineon: Die Münchener können nicht ausreichend liefern. „Die Vorräte sind auf einem historischen Tiefstand, unsere Chips gehen aus der Fertigung direkt in die Endanwendungen“, sagte Ploss am Dienstag. „In diesem Umfeld wiegen pandemiebedingte Einschränkungen der Fertigung wie jüngst in Malaysia doppelt schwer.“
Infineon betreibt zwei große Werke in Malaysia. Die Fabrik in Melaka sei vom jüngsten Lockdown in dem Land stark betroffen gewesen. Insgesamt 20 Tage sei die Fertigung auf Anweisung der Behörden still gestanden, so Produktionsvorstand Jochen Hanebeck. In Melaka testet und verpackt Infineon vor allem Halbleiter für die Autosparte.
Zudem spüre der Konzern die Auswirkungen eines Wintersturms in Texas. In dem US-Bundesstaat hatten die Bayern ein Werk zu Jahresbeginn zeitweise komplett stilllegen müssen. So kommt es, dass der Umsatz in der wichtigen Autodivision trotz voller Auftragsbücher im abgelaufenen Quartal gegenüber dem Vorquartal sogar gesunken ist.
Die Konkurrenten liefern mehr
Die größten europäischen Konkurrenten können offenbar verlässlicher und mehr liefern als Infineon. „Umsatz und Bruttomarge im zweiten Quartal lagen am oberen Ende unserer Prognose, was auf die anhaltend starke Nachfrage weltweit zurückzuführen ist“, sagte Jean-Marc Chery, Chef von ST Microelectronics, des größten europäischen Chipherstellers.
Der Umsatz des französisch-italienischen Unternehmens ist um 43 Prozent auf drei Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro) gestiegen. Das sind 100 Millionen Dollar mehr, als die Analysten vorhergesagt hatten. Unterm Strich blieb mit 412 Millionen Dollar mehr als dreimal so viel übrig wie im gleichen Zeitraum 2020.
Der niederländische Wettbewerber NXP meldete am späten Montagabend ein Umsatzplus von 43 Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar. „Wir sehen die langfristigen Nachfragetrends in allen unseren Endmärkten weiterhin sehr positiv“, sagte Vorstandschef Kurt Sievers. Er versprach ein „sehr robustes Wachstum“ für den Rest des Jahres bis 2022 hinein.
Der Grund für den Boom der Chipindustrie: Die Nachfrage ist gewaltig. Den Herstellern werden die Bauelemente aus den Händen gerissen, von der Autobranche genauso wie von den Computerherstellern oder den Netzwerkausrüstern des neuen Mobilfunkstandards 5G.
Abgesehen von den Produktionsproblemen läuft es bei Infineon nicht schlecht. Im Mai hatte Ploss die Prognose bereits zum zweiten Mal in diesem Geschäftsjahr – es endet am 30. September – angehoben. Der Manager versprach damals einen Umsatz von elf Milliarden Euro, 200 Millionen Euro mehr als zuvor. Zudem kündigte der Manager eine operative Marge von 18 Prozent an, ein Plus von 0,5 Prozentpunkten. Diese Prognose bekräftigte Infineon am Dienstag.
Die Liefersituation bleibe allerdings im laufenden Quartal angespannt, warnte das Unternehmen. Es fehle vor allem an Kapazitäten bei den Auftragsfertigern. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem“, erläuterte Ploss. Einen plötzlichen Einbruch des Geschäfts brauchen die Investoren indes nicht fürchten. Der Konzern habe Aufträge für zwei Jahre in den Büchern, so der Manager, „und wir rechnen damit, dass das noch weiter steigt“.
Mehr: Chipkonzerne legen starkes Quartal hin – doch das Ende der Euphorie naht.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.