Tech-Konzern Facebook warnt vor „deutlichem“ Rückgang des Wachstums

Der Tech-Konzern glaubt nicht, dass sich das aktuelle Wachstum fortsetzen wird.
San Francisco Auf den ersten Blick hat Facebook am Mittwoch nach US-Börsenschluss gute Zahlen vorgelegt. Der Umsatz im zweiten Quartal lag mit 29,08 Milliarden Dollar 56 Prozent über dem Vorjahr mit 18,69 Milliarden und damit auch über den Schätzungen der Wertpapieranalysten, die mit rund 27 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Die Facebook-Aktie sackte nachbörslich um bis zu 3,45 Prozent ab.
Gleichzeitig gelang es Facebook, den Kostenanstieg auf 31 Prozent und damit auf 16,7 Milliarden Dollar zu beschränken. Am Ende steht ein Plus des Nettogewinns von 101 Prozent auf 10,9 Milliarden Dollar. Auch die Zahl der täglich aktiven Nutzer ist weiter gestiegen und zwar um sieben Prozent auf 1,91 Milliarden. Das macht Facebook zur mit Abstand größten Social Media-Plattform.
Für den weiteren Jahresverlauf rechnet Facebook nun jedoch mit einer „signifikanten“ Abschwächung des Wachstums bei Erträgen aus der Werbung, Facebooks Kerngeschäft. Die Prognose ergibt sich nicht nur aus den wachstumsstarken Vorquartalen sondern auch aus den neuen Datenschutzregelungen auf Apple-Geräten.
Apple-CEO Tim Cook will seine Kunden besser vor unerwünschter Werbung und dem Sammeln von Daten durch Anbieter wie Facebook schützen. Die Möglichkeiten Facebooks die Daten seiner Nutzer abzugreifen, werden somit drastisch eingeschränkt. Facebook hatte im Vorfeld eindringlich davor gewarnt, dass sich die Möglichkeit zur Monetarisierung für Online-Händler, App-Betreiber oder Werbeunternehmen stark erschweren würde.
Wie dramatisch die Auswirkungen der Apple-Blockade ausfallen werden, ist unklar. Die Werbewirtschaft arbeitet mit Hochdruck an alternativen Werbeeffizienz-Kennzahlen, die die Privatsphäre wahren sollen, aber noch ist vieles in Planung. „Wir gehen weiterhin von zunehmendem Gegenwind bei der zielgenauen Anzeigenplatzierung aus“, heißt in einem Statement des Konzerns.
Politischer Gegenwind
Dieser Gegenwind werde von gesetzlichen Regularien ausgehen und von Änderungen bei den Plattformen, „namentlich den jüngsten iOS Upgrades“. Zwar haben iPhones nur einen Marktanteil von 27 Prozent weltweit, aber besonders viele Apple-Kunden sitzen in konsumfreudigen Regionen der Welt wie den USA und Europa. Im Analystengespräch bekräftigte Finanzchef David Wehner, dass Facebook Werbetreibenden mit neuen Werkzeugen helfen werde, sich an die veränderte Landschaft anzupassen.
Die Probleme mit den sich ändernden Privatsphäre-Einstellungen kommen zu einer denkbar ungünstigen Zeit für den Tech-Konzern. Besonders nach der US-Präsidentschaftswahl 2016, häuften sich Hinweise auf organisierte Fake-News-Attacken auf sozialen Netzwerken – teilweise gesteuert von Organisationen außerhalb der USA. In einer Aussage Zuckerbergs vor dem US-Kongress zur Rolle Facebooks bei Falschinformations-Kampagnen, versprach der CEO laufend Besserung, schien sich jedoch auch aus der Verantwortung zu ziehen.
Auch in der Coronakrise ist das Thema weiter aktuell: Die Verbreitung von Falschinformationen durch Impfgegner und Verschwörungstheoretiker veranlasste US-Präsident Biden zu der Aussage, Plattformen wie Facebook „töten Menschen“. Noch ist unklar, wie der Konflikt zwischen Zuckerberg und dem Weißen Haus gelöst werden kann, oder ob regulatorische Maßnahmen ergriffen werden.
Konkurrenz bei VR und AR
Wachstum verzeichnete der Konzern jedoch im Bereich „Sonstiges“, in dem auch die VR-Brille „Quest 2“ aufgeführt ist. Der Bereich wuchs kräftig um 36 Prozent auf gut 500 Millionen Dollar. Analysten hatten jedoch mit 700 Millionen gerechnet. Laut Finanzchef David Wehner hätten Kosten für eine Rückrufaktion für die Datenbrille das Ergebnis gedrückt.
Facebook ist bereits stark engagiert in den Technologien virtuelle Realität (VR) und erweiterte Realität (AR) und will in dem Bereich weiter wachsen. Gerade erst verkündete Zuckerberg die Entwicklung eines „Metaversums“, eine digitale Welt für virtuelle Realität, in der die Nutzer von einem Raum in den nächsten „teleportieren“ können und die später einmal die heutige Schrift- und bildlastige Facebook Timeline ersetzen könnte.
So könne man im Facebook-Metaversum andere Menschen treffen, Handel betreiben, Konzerte seiner Lieblingskünstler oder andere Unternehmen besuchen. Auch ins Zahlungsgeschäft ist Facebook mit seiner Digitalwährung „Facebook Pay“ eingestiegen.
Am Ende ist Facebooks übergeordnetes Ziel eine autonome Plattform zu erschaffen. Doch die Zeit rennt: Auch Apple, Google, Amazon und Microsoft sind auf dem Gebiet der virtuellen Welten tätig. Microsoft hat dabei schon einen Vorsprung herausgearbeitet: Anfang des Jahres bekam der Softwarekonzern den Zuschlag für die Lieferung von 120.000 AR-Brillen vom Typ Hololens an die US-Armee.
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Da kullert mir doch fast eine Träne über die Wange, dass Apple so böse ist und Facebook das Datensammeln schwieriger macht. Ich kann den Anlegern nur raten, sich schon mal darauf einzustellen, dass Facebook zerschlagen oder anders an die Kette gelegt wird. Denn die Welt wäre ohne Facebook in der jetzigen Form eine bessere - sowohl für Unternehmen als auch für Menschen.
Das hat sich mittlerweile rumgesprochen, die ersten, winzigen Schritte beginnen auch.