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Luftfahrt Teure Tickets, jeder Service kostet – wie der Klimaschutz das Fliegen verändern wird

Es gibt viele Ideen, wie die Klimawende in der Luftfahrt gelingen kann. Nicht jede davon ist sinnvoll, aber sicher ist: Reisen wird teurer werden.
21.09.2021 - 15:23 Uhr Kommentieren
Die Politik hat viele Ideen, um das Fliegen klimaneutral zu machen. Die Folge werden teurere Tickets sein. Quelle: imago images/Gottfried Czepluch
Die Luftfahrt hat in Sachen Emissionen einen schlechten Ruf

Die Politik hat viele Ideen, um das Fliegen klimaneutral zu machen. Die Folge werden teurere Tickets sein.

(Foto: imago images/Gottfried Czepluch)

Frankfurt Egal, wie die Bundestagswahl in wenigen Tagen ausgehen wird – eines steht jetzt schon fest: Das Thema Klimaschutz wird die Politik der nächsten Jahre bestimmen. Das hat Folgen für Fluggäste. Wer künftig in ein Flugzeug steigen will, sollte sich auf einige Änderungen einstellen. Die wichtigste: Reisen wird teurer werden.

Seit Monaten kursieren diverse Ideen in der Politik, um den Luftverkehr klimaneutral zu machen. Nicht jeder Vorschlag ist sinnvoll oder lässt sich realisieren – wie etwa das Verbot von Kurzstreckenflügen.

„Ein solches Verbot wäre ein rechtlicher Eingriff in das Geschäftsmodell etwa einer Airline. Der muss aus Verfassungsgründen verhältnismäßig sein“, sagt Gernot-Rüdiger Engel, auf Energierecht spezialisierter Anwalt der Kanzlei Luther: „Ob das angesichts des doch eher geringen Anteils der Luftfahrt an den Emissionen der Fall ist, ist die Frage.“

Doch andere Ideen wie zum Beispiel eine Kerosin- oder eine CO2-Steuer werden kommen, ebenso das Tanken mit dem teureren synthetischen Treibstoff. Für die Branche bedeutet das teils erhebliche Zusatzlasten. Die werden so weit wie möglich an die Kunden weitergereicht – über verschiedene Wege.

So dürften die Ticketpreise generell steigen. „Fliegen wird teurer werden, aber Umweltschutz kostet nun mal Geld“, sagt Gerald Wissel vom Luftfahrtberatungsunternehmen Airborne Consulting in Hamburg.

Die Fluggesellschaften werden auch dazu übergehen, die Dienstleistungen rund um die eigentliche Beförderung vom Ticket zu trennen und dafür Extrageld zu verlangen. Das kennen die Passagiere bereits von Billigairlines.

Die Geschäftsmodelle der etablierten Netzwerk-Anbieter werden sich diesem System angleichen. „Die Airlines werden stärker als bisher schon das Produkt aufspalten und für Zusatzdienste extra Geld verlangen, das sogenannte Unbundling“, prognostiziert Wissel.

Synthetischer Treibstoff ist teuer

Wie stark die Preissteigerung ausfallen wird, ist schwer abzuschätzen. Doch die Mehrkosten können erheblich sein. Bei Lufthansa können Passagiere heute schon die Mehrkosten für den synthetischen Treibstoff SAF freiwillig bezahlen. Mit dem Geld kauft der Konzern dann SAF ein. Allein für einen Interkontinentalflug von Europa in die USA werden dabei bis zu 500 Euro zusätzlich fällig – pro Strecke.

Auch wenn die Preise für SAF sinken werden, je mehr davon produziert werden kann – das Tanken der Jets wird in jedem Fall teurer werden. Die EU-Kommission will Quoten festlegen, wie viel SAF beim Tanken in Zukunft beigemischt werden soll.

In den Augen von Energieexperte Engel von Luther ist das auch richtig – zumindest in Kombination mit einem anderen Instrument: „Eine SAF-Beimischung ist besonders dann effektiv, wenn es eine CO2-Steuer gibt“, sagt er. SAF und CO2-Steuer seien miteinander korrespondierende Röhren. Aber bei SAF müssten die Nachhaltigkeitskriterien ebenfalls eingehalten werden. „Die Beimischung darf nur mit Treibstoff erfolgen, der aus nachhaltigen Quellen stammt.“

Airline-Vertreter wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr sind für eine SAF-Quote, warnen aber zugleich davor, dass Fluggesellschaften etwa vom Persischen Golf oder aus der Türkei Wettbewerbsvorteile bekämen. Je nach Regelung müssten sie die Quote nur für die Flüge zu ihren Drehkreuzen erfüllen, nicht aber für die Anschlussflüge. Das würde Verkehr aus der EU zulasten des Klimas umleiten.

Lufthansa und BASF haben eine sogenannte Haifischhaut für die Flügel entwickelt. Idee wie diese helfen ein wenig, den Verbrauch zu senken, reichen aber nicht für die Klimaneutralität. Quelle: dpa
Eine spezielle Folie an den Flügel soll den Verbrauch senken

Lufthansa und BASF haben eine sogenannte Haifischhaut für die Flügel entwickelt. Idee wie diese helfen ein wenig, den Verbrauch zu senken, reichen aber nicht für die Klimaneutralität.

(Foto: dpa)

Doch Berater Wissel denkt, dass das steuer- und verkraftbar sein wird. „Natürlich haben die europäischen Airlines dadurch Mehrkosten. Aber wir werden auch Wachstum und zunehmend effizientere Flugzeuge haben. Und die Preissensitivität der Kunden ist nicht so hoch, wie man das immer annimmt.“ Eine pauschale Pflichtbetankung unabhängig von der Flugstrecke hält er für überflüssig.

Neben der SAF-Quote werden auch Steuern diskutiert, die sich an den verursachten Emissionen orientieren und die die Kosten ebenfalls nach oben treiben würden. „Ich halte viel von einer Kerosinsteuer, noch besser ist aber eine CO2-Steuer“, sagt Wissel. Das sei die direkteste Art, die Emissionen zu bepreisen. Das sei in der Luftfahrt allerdings nur sinnvoll, wenn die Airlines auch die Möglichkeit hätten, freiwillig einen höheren Anteil als den Pflichtanteil an synthetischem Treibstoff zu tanken, um die Steuerlast zu reduzieren.

Teurer dürfte für die europäischen Fluggesellschaften zudem der schon jetzt verpflichtende Kauf von Emissionsrechten werden. Die EU will das Angebot verknappen. Dennoch hält Engel das System zumindest vorübergehend für sinnvoll: „Diese Gelder fließen zurück an die Unternehmen, in die Innovation, in die Modernisierung und mittlerweile sogar in einen Sozialfonds, um den Transformationsprozess zu erleichtern.“

Kritisch bewerten beide Experten dagegen die Selbstverpflichtung der weltweiten Luftfahrtindustrie, künftig CO2-neutral zu wachsen, Corsia genannt. „Corsia hat eine gute Seite. Es ist die erste weltweite Regulatorik für das Thema Klimaschutz in einem Sektor – und zwar der Luftfahrt. Darauf muss aufgebaut werden“, sagt Engel.

Kompensation hat keine Zukunft

Aber es sei ein reines Kompensationsmodell, auch wenn die Vorgaben streng seien. Zudem sei es sehr bürokratisch und man habe in der Vergangenheit gesehen, dass es bei solchen Systemen Betrug geben könne.

Generell zweifeln Engel und Wissel daran, dass es noch lange möglich sein wird, sich als Fluggast mit ein paar Euro von den Emissionen freizukaufen. Das Thema Kompensation habe keine Zukunft. Ein Baum, der CO2 binde, gebe es irgendwann auch wieder frei, entweder wenn er verbrannt werde oder verrotte, so Engel: „Um den Planeten zu retten, brauchen wir eine physikalische grüne Null, keine bilanzielle.“

Um die schnell zu erreichen, ohne das Flugticket unerschwinglich zu machen, gibt es nach Ansicht der beiden Experten nur einen Weg: eine Mischung aus direkter CO2-Steuer und der staatlichen Förderung von synthetischem Treibstoff. Die damit verbundenen Mehrkosten würde am Ende jeder akzeptieren, auch die beruflichen Vielflieger, so Engel: „Die Geschäftskunden werden im Ergebnis dankbar sein. Denn sie müssen kein schlechtes Gewissen mehr haben. Ich glaube, es wird einen Bedarf für nachhaltige Flüge geben.“

Mehr: Per Lufttaxi nach Bielefeld – Elektroflieger ermöglichen das Comeback der Regionalflughäfen.

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