Luxusgüterindustrie LVMH-Chef Bernard Arnault will seinen Vorsprung noch vergrößern

Trotz der niederschmetternden Zahlen glaubt der LVMH-Chef an sein Unternehmen.
Paris Seit Jahren sitzt Bernard Arnault bei den Pariser Modenschauen immer in der ersten Reihe. Der schmale, 71-jährige Herr wirkt zurückhaltend. Wenn nicht die Fotografen wären, würde man ihn glatt übersehen. Aber der Chef des französischen Luxuskonzerns LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton) ist zäh, Widrigkeiten haben ihn noch nie verschreckt. Auch jetzt, nachdem im ersten Halbjahr durch die Corona-Pandemie Umsatz und Ergebnis weggebrochen sind, lässt er sich nicht unterkriegen.
Die Krise hat Arnault und LVMH, der Nummer eins in der Luxuswelt, heftig zugesetzt. Doch der begeisterte Klavierspieler ist Pragmatiker und glaubt an sein Unternehmen, zu dem Champagnerhäuser wie Moët & Chandon, Modehäuser wie Dior und Fendi und Juweliere wie Bulgari gehören. Er hielt bei der Bekanntgabe der Zahlen für das erste Halbjahr über LVMH, dessen Hauptaktionär er ist, fest: „LVMH hat einen unglaublichen Widerstand gegenüber dieser schweren Gesundheitskrise bewiesen, die die Welt durchquert.“
Dabei sind die Zahlen so, wie sie Luxusexperten erwartet hatten: niederschmetternd. Nachdem der Umsatz im ersten Quartal um 17 Prozent zurückgegangen war, fiel er im zweiten Quartal um 38 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro. Analysten hatten sogar noch etwas weniger erwartet. Insgesamt macht das für das erste Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Rückgang von 28 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro aus.
Das Nettoergebnis fiel im ersten Halbjahr um 84 Prozent auf 522 Millionen Euro. Das gab es so noch nie bei LVMH. Der Stopp der internationalen Reisen, die monatelange Schließung der Boutiquen und Produktionsstätten der Gruppe haben dem Konzern immens zugesetzt.
Doch Arnault ist überzeugt, dass die großen Marken auch weiterhin gefragt sein werden. Seit Juni zeichnen sich erste Hoffnungsschimmer ab, vor allem in China, stellte er fest. Die Investoren ließen sich dadurch nicht überzeugen. Die LVMH-Aktie rutschte nach Bekanntgabe der Zahlen um fast fünf Prozent ab. Denn in den USA und Europa läuft es schlecht. Arnault betonte: „Unsere Häuser haben ihre Kosten schnell angepasst und die Entwicklung des Onlineverkaufes beschleunigt. Aber wir bleiben wachsam für den Rest des Jahres.“
Der zweitreichste Mensch der Welt
Seine Vision beschrieb er als „langfristig“. LVMH will sich in Zukunft mehr für den Schutz der Umwelt einsetzen. Damit liegt Arnaud im Trend der Zeit, die meisten Luxushäuser haben erkannt, dass die Kunden dafür zunehmend sensibler geworden sind. Der Franzose ist überzeugt: „LVMH befindet sich in einer exzellenten Position, um vom Aufschwung zu profitieren.“ Er hofft darauf schon im zweiten Halbjahr. Das Unternehmen will seinen Vorsprung auf dem internationalen Luxusmarkt in 2020 noch vergrößern.
Bisher ging Luxus immer, daran hat Arnault nie gezweifelt. Ihm ist es über Jahrzehnte gelungen, halb vergessene Marken wieder trendig zu machen, allen voran Louis Vuitton. Innerhalb von zehn Jahren verdreifachte sich der Umsatz bei LVMH. Damit ist er reich geworden. Laut „Forbes“ war er 2019 mit einem Vermögen von 93,7 Milliarden Euro der zweitreichste Mensch der Welt.
Der gelernte Ingenieur aus Nordfrankreich hat im Immobiliengeschäft begonnen, aber früher als andere das große Potenzial der Luxusbranche erkannt. In den 1980er Jahren stieg er in die Branche ein, insgesamt 75 Marken hat er gesammelt, alle am oberen Rand des Preissegments. Der verstorbene Chanel-Modeschöpfer Karl Lagerfeld, der für ihn auch bei Fendi arbeitete, sagte einmal über Arnault : „Er liebt die Trophäen. Das ist ein Spiel für ihn.“
Markenmacher Arnault hält an seiner Strategie fest: Marken sammeln. Er will weiterhin den US-Juwelier Tiffany übernehmen, obwohl es zwischendurch fast so aussah, als käme es nicht mehr dazu. Es stehen noch einige behördliche Genehmigungen aus. Im November 2019 hatte LVMH entschieden, den Juwelier zu übernehmen, lange vor der Coronakrise. Der Deal sollte das Schmuckgeschäft stärken und für Wachstum auf dem US-Markt sorgen. Arnault schwärmte von einer „ikonischen“ Marke.
Auch wenn es gerade im Schmuckgeschäft nicht gut läuft, schreckt Arnault nicht vor dem Kauf zurück. Trotz der Krise.
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