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Neues Kakao-Kartell Warum Schokolade künftig teurer werden könnte

Die führenden Produzenten Ghana und Elfenbeinküste wollen mit einer „Kakao-Opec“ die Armut von Kakaobauern bekämpfen. Die Initiative ist umstritten.
11.02.2020 - 13:15 Uhr Kommentieren
Viele Kakaobauern in Westafrika leben in Armut. Das Kartell will dies ändern. Quelle: mauritius images / Simon Rawles / Alamy
Kakaofarmerin in Ghana

Viele Kakaobauern in Westafrika leben in Armut. Das Kartell will dies ändern.

(Foto: mauritius images / Simon Rawles / Alamy)

Frankfurt, Düsseldorf Als Inhaber der Aachener Lambertz-Gruppe kennt Hermann Bühlbecker eine Leidenschaft der Deutschen sehr genau: Kekse und Lebkuchen mit Schokolade. Bühlbecker weiß jedoch auch, dass trotz Heißhunger auf Schokolade nur wenig bei Millionen Kleinbauern in Westafrika ankommt. Viele Familien leben in bitterer Armut, Kinderarbeit ist weit verbreitet.

Lambertz selbst verwendet seit Jahren ausschließlich fair gehandelten Kakao. Was Bühlbecker freiwillig macht, wird jedoch bald für alle Kakaoabnehmer verpflichtend. Sie müssen einen Preisaufschlag für Kakao aus Ghana und der Elfenbeinküste bezahlen. Der Lambertz-Chef ist daher überzeugt: „Kakao wird mit großer Wahrscheinlichkeit teurer.“

Der Grund für den Preisanstieg ist der Zusammenschluss von Ghana und der Elfenbeinküste zu einem Kakaokartell. Die beiden westafrikanischen Länder sind mit Abstand die größten Exportländer. Laut Forum für Nachhaltigen Kakao kommen von dort rund 70 Prozent der weltweiten Produktion des Schokoladen-Rohstoffs.

In Anlehnung an das Erdölkartell Opec haben die Länder ihrer Initiative den Namen „Copec“ gegeben – auch wenn das Kakao-Kartell ganz anders funktioniert als das Vorbild vom Ölmarkt.

Während die Opec die Produktionsquoten für jedes Mitglied festlegt, wollen die beiden afrikanischen Staaten ab Oktober einen Preisaufschlag von 400 Dollar je Tonne bei den Abnehmern durchsetzen. So sollen die Kakaobauern einen garantierten Preis von 1800 Dollar pro Tonne ab Hof erhalten – das entspricht ungefähr dem Fair-Trade-Abnehmerpreis und wäre eine Erhöhung um 30 Prozent im Vergleich zum Preis, den Kakaobauern in Ghana und der Elfenbeinküste aktuell erhalten.

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Doch die Strategie, einen Preisaufschlag für bessere Lebensbedingungen der Kakaobauern einzuführen, ist riskant. Sie könnte langfristig das Gegenteil von dem bewirken, was die Kakaoproduzenten erreichen wollen.

Zumindest kurzfristig hat der Weltmarktpreis an der Londoner Rohstoffbörse, der auch Kosten für Transport und Lagerung umfasst, jedoch auf die Aussicht steigender Abnehmerpreise reagiert. Innerhalb von sechs Monaten hat sich Kakao um mehr als 30 Prozent verteuert. Allein seit Jahresbeginn ist der Preis um 17 Prozent gestiegen und liegt mit rund 2900 Dollar pro Tonne auf dem höchsten Stand seit drei Jahren.

Carsten Fritsch, Rohstoffexperte der Commerzbank, sagt: „Die anziehenden Kakaopreise lassen vermuten, dass sich manche Marktteilnehmer eindecken, bevor die Preisaufschläge im Oktober in Kraft treten.“

Den Preisanstieg dürften bald auch die deutschen Schokoladenliebhaber zu spüren bekommen. Jeder Deutsche verzehrt stolze 9,18 Kilo Schokoladenwaren im Jahr, so Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie. Nirgendwo sonst in Europa sind Süßwaren so günstig wie in der Bundesrepublik, zeigt eine Studie des Konsumforschers Nielsen. Selbst Markenschokolade liegt oft zu Niedrigstpreisen im Regal.

Ein Branchenexperte, der ungenannt bleiben möchte, beklagt: „Der deutsche Handel, allen voran die Discounter, fordern fair gehandelte Schokolade, drücken aber gleichzeitig die Preise.“ Jede zweite Tafel werde preisreduziert verschleudert. Eine 100-Gramm-Tafel „Ritter Sport Alpenmilch“ verkaufte Lidl etwa Ende Januar für 79 Cent statt 1,19 Euro. Um die Weihnachtszeit war Markenschokolade im Handel gar für 59 Cent zu haben.

Wachsender Schokoladenwarenmarkt

Gut möglich, dass solche Discount-Preise in Zukunft seltener werden. Den Schokoladenherstellern bleibt jedenfalls kaum etwas übrig als sich an die neuen Verhältnisse anzupassen, sagt Commerzbank-Experte Fritsch. „Ghana und die Elfenbeinküste haben zusammen eine marktbeherrschende Stellung.“ Und der Hunger auf Schokolade wächst: Der Weltmarkt für Schokoladenwaren soll laut Statista von 140 Milliarden Dollar 2019 auf 180 Milliarden Dollar im Jahr 2025 steigen.

Der US-Konzern Mars („Snickers“, „Twix“) unterstützte als erstes Unternehmen den von den Regierungen der Elfenbeinküste und Ghanas initiierten Preisaufschlag für bessere Lebensbedingungen (Living Income Differential, LID) öffentlich. „Wir haben begonnen, Kakao mit dem LID zu kaufen und werden weiterhin Bemühungen unterstützen, die das Einkommen der Bauern erhöhen“, sagt Laurence Etienne, Geschäftsführerin Mars Wrigley Deutschland.

Für Mars müsse aber ein transparenter Prozess gewährleistet sein, dass zusätzliche Einkommen die Bauern auch erreichen. Zudem sei sicherzustellen, dass die Landnutzung für den Kakaoanbau nicht weiter ausgeweitet werde.

Auch Nestlé („Kitkat, „Smarties“) hat 2019 begonnen, Kakao mit dem LID-Aufschlag von 400 Dollar aus Ghana und der Elfenbeinküste zu kaufen. „Allerdings reichen höhere Preise allein nicht aus, um die Lebensbedingungen der Farmer angesichts der strukturellen Herausforderungen in den beiden Ländern nachhaltig zu verbessern“, heißt es von Nestlé Deutschland.

Der deutsche Schokoladenproduzent Alfred Ritter bezieht knapp die Hälfte seines Rohkakaos aus Ghana und der Elfenbeinküste. „Rohkakao wird mit Sicherheit teurer“, so die Einschätzung des Familienunternehmens. Ritter war laut Marktforscher Euromonitor International 2019 mit 24,1 Prozent Anteil in Deutschland Marktführer für Tafelschokolade vor Mondeléz („Milka“) mit 23,7 Prozent.

Für eine wirkliche Beurteilung der „Copec“ sei es laut Ritter sicher noch zu früh. Ein solcher Aufschlag – so er tatsächlich bei den Erzeugern ankomme – sei aber grundsätzlich ein geeignetes Instrument, die Einkommensverhältnisse der Kakaobauern zu verbessern und damit auch Armut und Kinderarbeit zu reduzieren, heißt es bei Ritter. „Der bisherige Preis spiegelt die Arbeit und das Risiko der Kakaobauern nicht wider. Schließlich ist die Kakaopflanze ein Sensibelchen.“

Copec muss Überangebot vermeiden
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