Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Schienenverkehr Klimaretter in Bredouille: Deutsche Bahn erholt sich – rechnet aber mit zwei Milliarden Euro Verlust

Die Erholung im ersten Halbjahr verlief schleppender als erwartet. Und im August könnte ein Streik der Lokführer den Konzern zusätzlich belasten.
29.07.2021 - 11:00 Uhr Kommentieren
Hans Gabler, Leiter des DB-Netzes in Köln, geht an unterspülten Bahngleisen entlang. Die Bahn gibt an, das Hochwasser belaste sie mit 1,3 Milliarden Euro zusätzlich. Quelle: dpa
Zerstörte Gleise nach dem Unwetter in Nordrhein-Westfalen

Hans Gabler, Leiter des DB-Netzes in Köln, geht an unterspülten Bahngleisen entlang. Die Bahn gibt an, das Hochwasser belaste sie mit 1,3 Milliarden Euro zusätzlich.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Deutsche Bahn wird das laufende Jahr wohl mit einem Verlust von zwei Milliarden Euro abschließen. Das geht aus dem Halbjahresbericht hervor, den die Bahn am Donnerstag vorstellte. Das Staatsunternehmen würde damit zwar besser durch das zweite Jahr der Pandemie kommen als 2020. Hier hatte die Bahn einen Rekordverlust von 5,7 Milliarden Euro eingefahren. Die Probleme sind deshalb aber nicht weniger geworden.

Das Unternehmen soll nach dem Willen der Politik entscheidend zur Klima- und Verkehrswende beitragen und die Zahl der Fahrgäste deutlich steigern. Das erfordert massive Investitionen. Dazu fehlt dem Konzern derzeit die wirtschaftliche Kraft. Die Schulden steigen weiter. Die Nettofinanzverschuldung betrug laut Finanzvorstand Levin Holle Ende des ersten Halbjahrs 32 Milliarden Euro. Der Bund hat als Eigentümer eine Obergrenze von 35 Milliarden Euro vorgegeben. Offen ist, ob diese zu halten sein wird.

Denn die Lasten nehmen zu. Allein durch die Flutkatastrophe im Westen der Republik sind laut Bahn Schäden von 1,3 Milliarden Euro entstanden. Gerade mit Blick auf die Katastrophe glaubt Bahn-Chef Richard Lutz aber fest daran, dass die Bahn eine zentrale Rolle bei der Umsetzung ehrgeiziger Klimavorgaben spielen muss und auch kann: „Das verheerende Hochwasser hat uns einmal mehr bewusst gemacht, wie gravierend die Folgen des Klimawandels bereits sind. Deshalb ist die Schiene wichtiger denn je für eine nachhaltige Entwicklung“, sagte Lutz am Donnerstag: „Das Beste steht der Schiene noch bevor.“

Doch die Probleme des Konzerns sind mannigfaltig. Im bisherigen Jahresverlauf zog die Ticketnachfrage langsamer an als erwartet. Zwar sind die Züge aktuell wegen der Ferienzeit wieder gut gefüllt. Viele Deutsche machen wegen der sich nach wie vor schnell ändernden Reisebeschränkungen im Inland Urlaub und greifen dabei auf die Bahn zurück. Schon im August könnte aber ein Streik der Lokführer die positive Tendenz wieder brechen.

Just am Tag der Halbjahrespräsentation lehnte die Gewerkschaft GDL die Einladung des Managements ab, den Streit am Tisch in Gesprächen gemeinsam mit der Eisenbahngewerkschaft EVG zu lösen. „Was es jetzt nicht braucht, sind Versuche, unsere Belegschaft zu spalten und zu einem Streik aufzurufen“, sagte Lutz.

Rivalen kritisieren Wettbewerbsverzerrung

In Summe war die Ticketnachfrage im ersten Halbjahr wegen eines schwachen ersten Quartals mau. Nur 480 Millionen Reisende nutzten die Züge der Bahn. Im ersten Halbjahr 2020 waren es 663 Millionen gewesen, vor der Pandemie sogar über eine Milliarde. Gleichzeitig hat das Unternehmen sein Angebot hochgefahren. Die Folge: Die Züge waren zwischenzeitlich nur zu 20 Prozent ausgelastet.

Das schlug sich in den Wirtschaftsdaten nieder. Im ersten Halbjahr steht unter dem Strich ein Minus von 1,4 Milliarden Euro in den Büchern. Der Betriebsverlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag bei 975 Millionen Euro. Dass der Umsatz auf Konzernebene gleichwohl um rund zwölf Prozent auf 21,8 Milliarden Euro stieg, war zum einen der Logistiktochter Schenker zu verdanken. Sie schaffte mit einem operativen Gewinn von rund 630 Millionen Euro einen neuen Rekordwert.

Zum anderen helfen die Einnahmen aus dem Schienennetz. Wer in Deutschland einen Zug losschickt, muss Trassenpreise bezahlen – an die Konzerntochter DB Netz. Das bringt seit Jahren die Wettbewerber auf die Palme. So wirft der Verband NEE, die Interessenvertretung der privaten europäischen Güterbahnen, dem Staatskonzern vor, mit den Einnahmen aus dem Netz, die zum Teil die Rivalen bezahlen, die Frachttochter DB Cargo zu subventionieren.

Auch das Frachtgeschäft schreibt Verluste. Quelle: dpa
Güterbahn

Auch das Frachtgeschäft schreibt Verluste.

(Foto: dpa)

Zwar hat sich die Lage bei dem seit Jahren verlustträchtigen Frachtableger der Bahn in der ersten Jahreshälfte 2021 etwas verbessert. Das Minus lag bei rund 200 Millionen Euro. Im Gesamtjahr 2020 hatte es satte 728 Millionen Euro betragen. Die Kritik bleibt aber. „Das Defizit wird wie jene in den Vorjahren im Rahmen der konzerninternen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträge vom Konzern getragen“, sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer der NEE.

Ein Vorwurf, den vor wenigen Tagen auch die Monopolkommission in ihrem „8. Sektorgutachten Bahn“ erhoben hat. Die aktuelle Struktur des DB-Konzerns weise durch die Ergebnisabführung Mängel auf, heißt es dort. Die Experten empfehlen deshalb unter anderem die Kündigung dieser Abführungsverträge.

Es ist eine Kritik, die die Monopolkommission regelmäßig in ihren zweijährlichen Berichten vorbringt, die aber beim Bahn-Eigentümer Bund bislang stets ignoriert wurde. Ob sich daran nach der Bundestagswahl Ende September etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Zumindest waren Anfang des Jahres die Stimmen lauter geworden, die eine erneute Bahnreform fordern. Doch so ein Vorhaben ist äußerst komplex.

Gleichzeitig gibt es einen gewissen Handlungsdruck. Nach wie vor wartet die Bahn auf die von der Politik zugesagten Beihilfen im Zuge des Klimapakets. Doch die Gespräche mit der EU-Kommission ziehen sich. Zuletzt hatte das Bundesverkehrsministerium eine Einigung noch im Juni erwartet. Der ist freilich lange vorbei. Die Wettbewerbshüter in Brüssel fürchten durch die Beihilfen Marktverzerrungen.

Es geht um immerhin elf Milliarden Euro bis 2030, die als Eigenkapitalhilfen für die Deutsche Bahn fließen sollen. Davon hat das Management für das laufende Jahr bereits zwei Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur eingeplant.

Mehr: Sitzplätze auf Knopfdruck: Die Bahn will ihre Züge im Nahverkehr revolutionieren

Startseite
0 Kommentare zu "Schienenverkehr: Klimaretter in Bredouille: Deutsche Bahn erholt sich – rechnet aber mit zwei Milliarden Euro Verlust"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%