Kampf gegen die Corona Pandemie Biontech und Moderna streben Zulassung für die Corona-Impfung von Kleinkindern noch für dieses Jahr an

Der Impfstoff-Hersteller erprobt die Impfung von Kindern, die jünger als zwölf Jahre sind.
Düsseldorf Für Kinder unter zwölf Jahren könnte es schon in diesem Jahr einen zugelassenen Impfstoff gegen Covid-19 geben. Die beiden Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna streben eigenen Angaben zufolge noch im Herbst einen Zulassungsantrag an. Die aktuell laufenden Studien und Tests an Kindern, die jünger sind als zwölf Jahre, sollen im September und Oktober abgeschlossen sein.
Von diesem Zeitplan gehen auch deutsche Mediziner fest aus. „Wir erwarten, dass Ende September Studiendaten für die Sechs- bis Zwölfjährigen vorliegen werden und Ende Oktober für die 0,5- bis Fünfjährigen“, sagte Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, dem Handelsblatt. „Danach könnte es eine zügige Zulassung durch die europäische Arzneibehörde Ema geben, wie es auch schon bei den anderen Altersklassen der Fall war.“
Bisher testen nur Biontech/Pfizer und Moderna ihre Mittel in der Altersgruppe der unter Zwölfjährigen. An den Studien nehmen jeweils mehrere Tausend Kinder im Alter ab sechs Monaten teil.
Bei Biontech laufen die Tests über Kliniken und Arztpraxen in den USA, Finnland, Polen und Spanien. Beide Mittel beruhen auf der Botenstoff-Technologie mRNA und haben bei Jugendlichen und Erwachsenen eine hohe Schutzwirkung bewiesen.
Bisher zeichnet sich ab, dass beim Biontech/Pfizer-Impfstoff auch für Kinder zwei Impfungen nötig sein werden, die aber eine deutlich geringere Wirkstoffdosis haben müssen. Nach Angaben von Pfizer wurden für die finalen Tests in der Altersgruppe fünf bis elf Jahre eine Dosis von zehn Mikrogramm ausgewählt und für die noch Jüngeren von drei Mikrogramm. Die bei Erwachsenen und Jugendlichen übliche Dosis ist 30 Mikrogramm.
Für die Hersteller sind die Tests mit Kindern besonders herausfordernd. „Die Studien in dieser Altersklasse haben höhere Auflagen, mehr Vorschriften und sind auch zeitlich aufwendiger“, erläutert Dötsch, der an der Uniklinik Köln die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin leitet.
Zunächst wohl keine Empfehlung der Stiko
Das betrifft nicht nur die Dosierung, das Sicherheitsprofil und die Behandlung der Kinder als Patienten im gesamten Studienzeitraum. „In den Studien muss der individuelle Nutzen einer Impfung klar nachgewiesen sein“, sagt Dötsch. „Der gesellschaftliche Nutzen darf bei der Bewertung keine Rolle spielen.“
Ergeben die Daten von Biontech und Moderna auch in der jüngsten Altersklasse ein eindeutig positives Bild, könnte es vier bis sechs Wochen nach Einreichung der Anträge eine Freigabe durch die Ema geben – also etwa im November. So lange hat die in Amsterdam ansässige EU-Behörde auch bei den bisherigen Verfahren für eine Prüfung gebraucht.
Ob in Deutschland dann noch in diesem Jahr die mRNA-Impfstoffe für Kinder eingesetzt werden, ist allerdings fraglich. Mediziner gehen davon aus, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) ihren bisherigen Kurs beinbehalten und zunächst keine allgemein gültige Empfehlung für eine Impfung von Kindern unter zwölf Jahren geben wird.
„Es ist gut möglich, dass die Stiko erst mal nur eine Impfung für Risikogruppen und Kinder in besonderen Situationen empfiehlt und zunächst weitere Erfahrungswerte aus anderen Ländern abwartet“, sagt Dötsch. So hat es die Stiko auch bei der Impf-Empfehlung für die 12- bis 15-Jährigen gemacht.
Vorteile der Impfung überwiegen
Nachdem die Ema die Mittel von Biontech Ende Mai für diese Gruppe zugelassen hatte, folgte die Stiko nur mit einer eingeschränkten Empfehlung etwa für Jugendliche mit Vorerkrankungen oder anderen Risikofaktoren. Die Experten hielten die Datenlage angesichts möglicher Nebenwirkungen für noch nicht ausreichend.
Die uneingeschränkte Empfehlung gab die Stiko erst am 16. August – zweieinhalb Monate nach der behördlichen Zulassung. Die Erfahrungswerte etwa nach zehn Millionen geimpften Jugendlichen in den USA hätten gezeigt, dass die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen, teilte das Gremium mit.
Kinderarzt Dötsch spricht sich für eine Impfung der unter Zwölfjährigen aus, wenn ein klarer individueller Nutzen erkennbar ist, sei es aus gesundheitlicher oder aus sozialer Sicht. Argumente, dass die sogenannte Herdenimmunität schneller erreicht werden müsse, lässt er nicht gelten.
„Kinder dürfen nicht geimpft werden, um die Gruppe der Erwachsenen zu schützen. Erwachsene müssen das Verantwortungsbewusstsein aufbringen, dies selbst zu tun“, sagt Dötsch. Eltern rät er, die Einschätzung der Stiko zu einer Kinderimpfung abzuwarten. „Man kann der Empfehlung der Stiko sehr vertrauensvoll folgen. Sie hat bewiesen, dass sie sich klar an der Datenlage orientiert und nicht dem Druck der Politik beugt.“
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