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Otto Lindner Außen hui, innen Hoodie

Die Hotelgruppe Lindner eröffnet in Düsseldorf ihr erstes Haus, das ganz auf sogenannte „Digital Natives“ zugeschnitten ist. Es ist auch ein Signal des Aufbruchs nach schwierigen Jahren.
11.10.2016 - 11:06 Uhr
„Wir Hoteliers müssen uns komplett umstellen.“ Quelle: PR
Otto Lindner

„Wir Hoteliers müssen uns komplett umstellen.“

(Foto: PR)

Düsseldorf Otto Lindner verkörpert den geschniegelten Vier-Sterne-Hotelier schlechthin: perfekt sitzender Anzug, akkurat gescheiteltes, grau meliertes Haar. Nun muss sich der Chef der Lindner-Hotelgruppe auf eine neuartige Kategorie Gäste einstellen: die Generation Hoodie – zu Deutsch Kapuzenpulli: „urbane Nomaden, die vernetzt leben und arbeiten“. An diese Zielgruppe richtet sich das Lindner-Hotel der Zukunft, „Me and all“, das gerade in Düsseldorf öffnet. „Schon 2020 gehört die Hälfte unserer Gäste zu den Digital Natives“, sagt der 54-Jährige. Denen seien WLAN und Steckdosen viel wichtiger als bequeme Betten. Smartphone und Internet hätten das Leben im Hotel revolutioniert. „Da müssen wir Hoteliers uns komplett umstellen.“

Im Zimmer gibt es kein Telefon mehr, dafür einen Mega-Bildschirm mit Soundanlage, an die der Gast seine Geräte koppelt. Co-Working-Zonen sollen zum vernetzten Arbeiten einladen. Lindner will das Hotel als „Wohnzimmer der Stadt“ öffnen, Künstler und Bürger zu Events laden. Die Mitarbeiter hat Lindner unkonventionell über Flyer und soziale Medien rekrutiert. 75 Interessierte lud er zum eintägigen Casting. „Anders als sonst haben wir zuerst auf die Persönlichkeit geschaut, dann erst auf die Qualifikation“, sagt er. Dass sich Gäste und Personal duzen wie unter Digital Natives üblich – warum nicht?

Mit der Zweitmarke „Me and all“ will Lindner die Massenhotellerie der internationalen Ketten attackieren. Diese besitzen zwar nur 15 Prozent der Häuser, beherrschen aber mehr als die Hälfte des 28 Milliarden Euro schweren deutschen Hotelmarktes. „Das Leben ist nicht so einfach in der deutschen Hotellerie“, weiß Otto Lindner, seit Juni auch Vorsitzender des Hotelverbands Deutschland (IHA). Neben Maritim und Althoff zählt Lindner zu den wenigen inhabergeführten Hotelgruppen.

Lindner betreibt 33 Hotels und Resorts in Deutschland und sechs europäischen Ländern. Das Düsseldorfer „Me and all“-Hotel, das er als Pächter betreibt, soll das erste einer neuen Reihe sein: Weitere werden in Mainz, Kiel und Hannover gebaut, jeweils auf den lokalen Kiez abgestimmt. Konkret sind Pläne für Berlin, Freiburg und Stuttgart. „Die Strategie ist richtig, wenn auch nicht ganz neu“, meint Stephan Gerhard, Gründer der Beratung Treugast. Auch andere wie Moxy Hotels bieten Kreativambiente für Digital Natives. Althoff eröffnet 2019 sein Urban Loft.

Kreativambiente für Digital Natives. Quelle: PR
„Me and all“-Hotel in Düsseldorf

Kreativambiente für Digital Natives.

(Foto: PR)

Angefangen hat bei Familie Lindner alles 1973 mit dem Congress Hotel in Düsseldorf. Vater Otto Lindner hatte ein Architekturbüro, dann kam Projektentwicklung hinzu, Immobilienverwaltung, Immobilienfonds, eher zufällig die Hotels. „Unsere Familie ist ein Vollsortimenter“, sagt Otto Lindner. Seine vier Brüder arbeiten alle in einem der Unternehmen. Er selbst führt seit 1991 die Lindner Hotels AG, seit 24 Jahren mit Andreas Krökel. Dazu gehören Themenhotels wie das Hagenbeck, das erste Tierparkhotel der Welt, Sporthotels wie die Sports Academy in Frankfurt oder das Hotel BayArena in Leverkusen oder am Nürburgring, daneben Boutiquehotels in Städten sowie Spa-Resorts und Golfhotels von Rügen bis Mallorca. „Jedes Lindner-Hotel ist ein liebevolles Unikat“, meint Branchenexperte Gerhard.

Auch Konkurrent Thomas Althoff, Chef und Inhaber der Althoff Hotels, zollt Respekt: „Lindner Hotels heben sich durch ihre individuellen Häuser klar vom Mainstream der internationalen Ketten ab. Wer sich heute im Markt behaupten will, braucht ein unverwechselbares Profil.“

„Lindner Hotels haben keine Schulden“

Allerdings wird das in Mönchengladbach geplante „Fohlen-Hotel“ neben dem Borussia-Stadion nun doch nicht von Lindner betrieben. „Wir wollten mehr sein als nur Pächter und mitgestalten“, sagt Lindner. 40 Prozent der Lindner Hotels sind gepachtet, 20 Prozent sind Eigentum der Familie, 30 Prozent betreibt die Firma als Dienstleister, zehn Prozent der Häuser führen Franchisenehmer unter der Marke. Daneben hat Lindner nach der Finanzkrise einige notleidende fremde Hotels im Auftrag von Banken saniert.

Doch auch bei den Lindner Hotels lief zuletzt nicht alles rund. „Die Liquiditätslage ist angespannt“, heißt es im bisher letzten im „Bundesanzeiger“ veröffentlichten Jahresabschluss 2014. Lindner räumt ein: „Wir mussten in den vergangenen Jahren in der Schweiz erhebliche Probleme lösen. Weil der Euro gegenüber dem Franken abstürzte, hatte sich unser Geschäftsmodell dort weitgehend erledigt.“ Zwei von drei Vier-Sterne-Hotels im Wallis hat Lindner verkauft. „Wir haben sehr viel Geld in die Hand genommen, um dieses Problem zu beenden. Ein Familienunternehmen kämpft, wenn nicht alles rosig ist.“

Seinen Kampfgeist hat Lindner beim Wasserball trainiert. Der Sport hat Tradition in der Familie. Mutter Gerda und Vater Otto spielten Wasserball. Auch alle fünf Söhne sind in der Wasserball-Bundesliga aktiv. Otto Lindner ist der Mittlere. Dass er die Hotels übernahm, „habe sich so ergeben“, sagt er.

„Otto Lindner ist durchsetzungsstark. Er liebt Herausforderungen und kämpft sie auch gegen Widerstände durch“, beobachtet Berater Gerhard. „Ich wehre mich, wenn mir jemand auf die Nase haut, aber ich kann auch einstecken“, sagt Lindner. Starke Nerven brauchte er schon als Pilot, die Fliegerausbildung machte er noch vor Hotellehre und BWL-Studium. Als Pilot hat er gelernt: „Wenn es Schwierigkeiten gibt, Gas rausnehmen.“ Das hat Lindner auch als Unternehmer gemacht und unrentable Hotels abgegeben. „Trotzdem wächst unser Umsatz“, betont er. „2016 erwirtschaften Lindner Hotels mit rund 2 000 Mitarbeitern etwa 192 Millionen Euro.“ Die Belegungsquote liege bei 68 Prozent, der Zimmerpreis im Schnitt bei mehr als 100 Euro netto. „Lindner Hotels haben keine Schulden“, versichert der Hotelchef. „Wir schreiben Gewinne im mittleren einstelligen Millionenbereich.“ Die Geschäfte liefen aber auch schon mal besser.

Profite fahren laut Lindner auch die Häuser am Nürburgring ein. Seit 2009 betreibt er als Pächter zwei Hotels und einen Ferienpark an der Rennstrecke – insgesamt 1 000 Betten. „Von Anfang an hatten wir eine gute Belegung“, betont Lindner. Trotzdem geriet der Name Lindner in die Schlagzeilen. 2010 pachtete Bruder Jörg mit einem Partner die Rennstrecke. Dann kam es zur Trennung vom Eigner, dem Land Rheinland-Pfalz. „Unsere Familie ist in die Mühlen der Politik geraten, das Renngeschäft war einfach falsch finanziert“, ärgert sich Lindner.

2012 wurde der Rennstreckenvertrag des Bruders wieder aufgelöst. Die Hotels dort betreibt Otto Lindner weiter. „Unsere Häuser haben ein unverwechselbares Profil – anders als die meisten kleinen Familienhotels“, betont er. Die stehen oft enorm unter Druck. Deshalb wollen die Kinder häufig nicht übernehmen.
Beim Lindner-Clan stellt sich das Problem wohl nicht. Zumal es 16 Kinder in der dritten Generation gibt. Auf den Familientreffen – natürlich in einem der Lindner Hotels – wird auch Wasserball gespielt. Und damit ganz nebenbei der unternehmerische Kampfgeist trainiert.

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