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Einzelhandel Umfrage: Mehrheit der Händler schiebt notwendige Investitionen auf

Im Lockdown entgeht dem Handel nicht nur Umsatz – er verliert auch Kapital für die Digitalisierung. Doch nicht für alle digitalen Ideen braucht es viel Geld.
27.05.2021 - 10:08 Uhr Kommentieren
Viele Händler müssen in der Coronakrise radikal sparen. Da fehlt häufig auch das Geld für Investitionen in die Digitalisierung. Quelle: ddp images/Rupert Oberhaeuser
Bonita-Filiale in Duisburg

Viele Händler müssen in der Coronakrise radikal sparen. Da fehlt häufig auch das Geld für Investitionen in die Digitalisierung.

(Foto: ddp images/Rupert Oberhaeuser)

Düsseldorf Fressnapf-Gründer Torsten Toeller hat die Politik eindringlich gewarnt. „Den Unternehmen, die sich eigentlich nach der Krise neu erfinden müssten, fehlt das Kapital für Investitionen in die Zukunft“, mahnte er im Handelsblatt-Interview. Im Lockdown sei das Eigenkapital gerade vieler Händler so stark geschrumpft, dass Digitalisierungsprojekte gestoppt werden müssten.

Eine aktuelle Umfrage unter 1000 Händlern bestätigt diese Befürchtung auf erschreckende Weise. In der Befragung des Handelsverbands Deutschland (HDE), die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, geben 59 Prozent der Händler an, dass sie notwendige Investitionen wegen der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise nicht tätigen können.

Das verschärft die Situation noch zusätzlich. Denn gerade in der Coronakrise seien Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens wichtig, geben 73 Prozent der Befragten zugleich an. So erlebten beispielsweise viele stationäre Händler angesichts der geschlossenen Geschäfte, dass ihr digitaler Zugang zum Kunden nicht ausreicht, um die entgangenen Umsätze auch nur annähernd auszugleichen.

„Die Lage bei vielen Nicht-Lebensmittelhändlern ist nach wie vor dramatisch“, beobachtet HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Angesichts von Umsatzausfällen von bis zu 80 Prozent und den Ausgaben für notwendige Hygienemaßnahmen in den vergangenen Monaten sei die Zukunftsfähigkeit vieler Unternehmen in Gefahr. „Oft sind keine Mittel mehr da, um in die Digitalisierung zu investieren“, sagt er.

Das belegt auch die Umfrage. So stehen bei der Frage nach Investitionsschwerpunkten in diesem Jahr die Ausgaben für Hygienemaßnahmen mit 51 Prozent der Nennungen weit vorne. Erst mit deutlichem Abstand folgen Bereiche wie Social-Media-Präsenz, digitales Marketing oder der eigene Webshop. In Zukunftsthemen wie die digitale Bestandserfassung mit RFID-Chips oder Systeme für den Self-Checkout haben gerade mal zwei Prozent investiert.

Rücklagen der vergangenen sieben Jahr aufgebraucht

„Schon nach dem ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres haben viele Händler die Investitionen runtergefahren“, sagt Marcus Diekmann, Geschäftsführer von Rose Bikes und Sprecher der Initiative Händler helfen Händlern, der sich mehr als 4000 Branchenunternehmen angeschlossen haben. „Der Investitionsstau im stationären Handel, der ohnehin schon da war, hat sich weiter verstärkt“, so Diekmann.

Eine Befragung der Mitglieder von Händler helfen Händlern habe gezeigt, dass im Durchschnitt die Rücklagen der vergangenen sieben Jahre aufgebraucht wurden, um sich im Lockdown über Wasser zu halten. „Da gibt es nicht wenige Inhaber von Einzelgeschäften zwischen 55 und 65 Jahren, die sich ernsthaft überlegen, ob sie nach dem Lockdown überhaupt wieder aufmachen.“

Dass die Probleme verstärkt die ganz kleinen Unternehmen treffen, zeigt auch die HDE-Umfrage. So haben von den Händlern mit einem Jahresumsatz von weniger als 250.000 Euro gerade mal 32 Prozent in diesem Jahr überhaupt schon etwas investiert. 46 Prozent planen in diesem Jahr überhaupt keine Investitionen. Bei den Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als fünf Millionen haben immerhin schon 71 Prozent dieses Jahr Investitionen getätigt.

Das zentrale Problem: „Ein großer Teil der staatlichen Unterstützung sind Darlehen, die zurückgezahlt werden müssen“, betont Fahrradhändler Diekmann. Die Tilgungen und die Zinsen engen den Spielraum für Investitionen auch in den nächsten Monaten weiter ein, während die Kunden angesichts von Einschränkungen wie Masken- und Testpflicht nur zögerlich zurückkehren und damit auch die Umsätze gering bleiben.

Deshalb werden die Rufe immer lauter nach direkten Hilfen für die betroffenen Händler. Fressnapf-Chef Toeller etwa spricht von „Investitionshilfen für die Digitalisierung“. Sein Unternehmen war in der glücklichen Lage, dass die Läden auch in der Coronazeit geöffnet bleiben durften.

Daher kann er die Investitionen in die Digitalisierung selber stemmen, für etliche andere gilt das jedoch nicht. „Bei ganz vielen Unternehmen ist in der Krise das Eigenkapital durch die Verluste geschrumpft, denen muss jetzt die Politik die Möglichkeit geben, ihr Eigenkapital wieder aufzufüllen“, sagt Toeller.

Verkauf per WhatsApp und Instagram

Der HDE fordert deshalb einen Digitalisierungsfonds im Volumen von 100 Millionen Euro für Handelsunternehmen, die durch die Folgen der Pandemie unverschuldet in Not geraten sind. „Die Politik darf die Händler mit den Folgen der Pandemie nicht alleine lassen. Wir brauchen eine staatliche Modernisierungshilfe für Unternehmen, die krisenbedingt ohne Geld für dringend nötige Investitionen dastehen“, sagt HDE-Geschäftsführer Genth.

Doch es gehe bei der Digitalisierung nicht nur um Geld, sagt Händler Diekmann, vieles könnten die betroffenen Unternehmen auch ändern, ohne groß zu investieren. „Digitalisierung beginnt mit Lernen“, betont er. Da könne man sich von anderen Unternehmen einiges abschauen.

Anfangen könne ein Händler etwa mit dem Verkauf über Messengerdienste wie WhatsApp oder soziale Netzwerke wie Instagram. „Das erfordert Investitionen, die jeder stemmen kann“, erklärt er.

Rose Bikes etwa habe im Lockdown den Service „[email protected]“ aufgebaut. Kunden können sich dabei ein Wunschfahrrad per WhatsApp-Chat aussuchen. Der Händler bringt dann das Rad und ein Alternativmodell für eine Probefahrt an die Haustür.

Diekmanns Erfahrung: Angesichts eines solchen Serviceangebots seien die Kunden sogar sehr kauffreudig. So hätten knapp 90 Prozent der Kunden, die sich per „[email protected]“ ein Fahrrad unverbindlich nach Hause bestellt hatten, das Rad anschließend auch gekauft.

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