1. Startseite
  2. Arts und Style
  3. Gehirnschäden durch Kopfverletzungen: Ex-Wrestler verklagen Börsenkonzern WWE

Gehirnschäden durch KopfverletzungenEx-Wrestler verklagen Börsenkonzern WWE

Über 50 ehemalige Mitarbeiter des Wrestling-Konzerns WWE streben eine Klage gegen den Weltmarktführer im Sports Entertainment an. Hintergrund sei die mangelnde medizinische Aufklärung und Versorgung bei Kopfverletzungen.Alexander Möthe 19.07.2016 - 17:02 Uhr Artikel anhören

Patriarch Vincent McMahon Jr. führt das Familienunternehmen mit eiserner Hand. Er formte aus dem Jahrmarktspektakel ein professionelles Medienunternehmen.

Foto: AP

Düsseldorf. Gehirnerschütterungen werden, gerade im Leistungssport, häufig als Bagatellen abgestempelt. Gerade in Sportarten wie Football, Handball oder Rugby gehört diese Art der Kopfverletzung beinahe zum Alltag. In den USA hat sich diese Einschätzung in den vergangenen Jahren grundsätzlich verändert. Denn Studien konnten letztlich Langzeitauswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit von Athleten nachweisen. Von Gedächtnislücken bis hin zu schweren Depression, die Erkrankung CTE wurde 2009 als direkte Folge von Kopfverletzungen ausgewiesen. Seither wird in Amerika viel Prävention betrieben.

Auch im Wrestling, dem Milliardengeschäft mit athletischen Schaukämpfen, sind Gehirnerschütterungen inzwischen etwas, was sehr ernst genommen wird. Erst vor wenigen Monaten beendete Wrestler Daniel Bryan seine aktive Karriere, da er nach zahllosen Gehirnerschütterungen keine Ringfreigabe der Ärzte mehr bekommen hatte. Den börsennotierten Marktführer WWE erschütterte vor allem der Fall ihres Superstars Chris Benoit, der 2007 erst seine Familie und dann sich selbst tötete. Bei der Autopsie glich sein Gehirn durch Folgeschäden durch Kopfverletzungen dem eines fortgeschrittenen Alzheimerpatienten.

Der WWE ist das gesundheitliche Risiko inzwischen sehr bewusst. In einer Klage, der sich das Unternehmen aus Stamford im Bundesstaat Connecticut nun gegenüber sieht, geht es allerdings um Nachlässigkeiten der Vergangenheit. Ehemalige Stars des Unternehmens fühlen sich unzureichend aufgeklärt und klagen über mangelhafte medizinische Versorgung. Der konkrete Vorwurf lautet, die WWE habe ihnen „möglicherweise lebensrettende Informationen vorenthalten“. Anders als in Sportarten wie Football sind die Schaukämpfe komplett choreographiert und halten sich an Ablaufpläne, was es möglich macht, Gewalteinwirkung auf den Kopf zu vermeiden.

Die Klage wiegt schwer, bemüht sich das Unternehmen doch seit Jahren, ihr Image in Richtung Familienunterhaltung zu verschieben. Schimpfwörter, Nacktheit und blutige Gewaltdarstellung, die noch in den späten 1990er-Jahren das Geschäft prägten, sind inzwischen verbannt. Einen erheblichen Anteil der Einnahmen erzielt die WWE durch direkten Verkauf von Merchandising und Lizenprodukten an junge Fans. Seit dem Börsengang 1999 arbeitet das Unternehmen auch an einer professionellen Außendarstellung. Dazu zählt auch die strikte Gesundheitspolitik, die auch Drogen- und Dopingverstöße ahndet.

Das Unternehmen selbst äußerte sich entspannt zu den Vorwürfen. „Dies ist ein weiterer lächerlicher Klageversuch eines Anwalts, dessen beide vorherigen Anklagen bereits abgeschmettert wurden“, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg die WWE. Für die Kläger, angeführt von der Ringlegende Joseph Laurinaitis („Road Warrior Animal“), geht es vor allem um die Tatsache, dass sie nach ihren aktiven Karrieren ohne jegliche Renten- und Gesundheitsvorsorge dastehen.

Nur wenige Wrestler erreichen die Gagenbereiche, in denen sie sich finanziell keine Sorgen mehr machen müssen. Während die WWE 2015 immerhin rund 25 Millionen Dollar Gewinn einfahren konnte, bekommen die Anfänger im Ring gerade einmal 25.000 Dollar Gehalt – im Jahr. Selbst etablierte Stars kommen auf 75.000 bis 80.000 Dollar jährlich. Am anderen Ende des Gehaltsgefüges steht etwa Teilzeit-Wrestler und Schauspieler Dwayne „The Rock“ Johnson, der für nur wenige Auftritte im Jahr 3,5 Millionen Dollar bezieht. Viele Wrestler haben keine Ausbildung, da sie rund 300 Tage im Jahr im Ring kämpfen und meist auf Tour sind. Wrestler Ryan Reeves („Ryback“) verließ vor einigen Monaten das Unternehmen, da er sich mit Hauptanteilseigener und Vorstandsvorsitz Vince McMahon nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnte. Reeves beklagte vor allem die Gehaltsdiskrepanz zwischen Gewinnern und Verlieren im Ring, da beide Seiten für den Erfolg gleichbedeutend seien.

Verwandte Themen USA Deutschland

Sollte die Sammelklage wirklich zugelassen werden, dürften auch die Anteilseigner und Geschäftspartner der WWE die Ohren spitzen. US-Gerichte sind für die oft astronomischen Summen bekannt, die sie in Schadensersatzprozessen den Klägern zusprechen. Das Gericht müsste in dem Fall die heikle Frage klären, ob die WWE wider besseres Wissen gehandelt hat oder die Auswirkungen der Verletzungen schlichtweg nicht bekannt waren. Da sich die Mehrzahl der Wrestler, die nun den Rechtsweg beschreiten, nicht im Besten vom Unternehmen getrennt haben, können auch persönliche Gründe für die Klage nicht ausgeschlossen werden.

Für die WWE ist es der dritte Aufreger binnen kürzester Zeit. Vor wenigen Wochen fiel Joseph Anoa'i („Roman Reigns“), Topstar der Shows, durch einen Drogentest und sit derzeit suspendiert. Ex-Champion Brock Lesnar, der zuletzt für einen Kampf beim Ultimate Fighting antrat, sieht sich Dopingvorwürfen gegenüber. Derlei schlechte Publicity kann der Konzern nicht gebrauchen. Durch einige Änderungen im Programm begegnet die WWE derzeit einem historischen Quotentief. Der deutsche Markt soll einer der Wachstumstreiber werden, allerdings verschwinden die Showformate „Raw“ und „Smackdown“ aus Jugendschutzgründen auf Spartenkanälen im Nachtprogramm.

Populärer machen soll das Spektakel in Deutschland der ehemalige Fußballnationaltorhüter Tim Wiese. Der erklärte nach längeren Verhandlungen, einen Entwicklungsvertrag bei der WWE unterschrieben zu haben. Schon sein erster Auftritt in Frankfurt, bei er sich am Ring blicken ließ, sorgte für reichlich Aufmerksamkeit. Der Hoffnungswert für das Unternehmen, auch auf dem deutschen Markt, ist das „WWE Network“, eine Video-on-Demand Plattform, der einerseits alle Großveranstaltungen live und auf Abruf bietet und andererseits das extrem üppige Videoarchiv des Konzerns monetarisiert.

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt