Kirchensteuer: Diese Vor- und Nachteile bringt der Kirchenaustritt mit sich

Düsseldorf. Die Mitgliedszahlen der katholischen und evangelischen Kirche gehen seit Jahren zurück. Ende 2024 gehörten noch 37,8 Millionen Menschen in Deutschland einer der beiden Kirchen an – eine Million weniger als 2023. Das zeigen Zahlen der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK).
Für verstärkte Austritte sorgen immer wieder zutage tretende Skandale der Kirchen, darunter Enthüllungen über systematische Vertuschungen von Missbrauchsfällen. Viele Menschen in Deutschland sind nur aus traditionellen oder familiären Gründen Mitglied der Kirche, bezeichnen sich aber als ungläubig.
Ein Austritt aus der Kirche hat vor allem finanzielle Vorteile. Dagegen sprechen unter anderem der Wegfall des „Service“ der Kirche, etwa die Trauung vor dem Altar – und mögliche arbeitsrechtliche Probleme. Das Handelsblatt hat die Vor- und Nachteile eines Kirchenaustritts im Jahr 2025 zusammengefasst.
Welche Vorteile hat ein Kirchenaustritt?
Vorteil 1: Keine Kirchensteuer mehr zahlen
Aus der Kirche austreten spart Geld. Der am häufigsten genannte Grund für den Austritt ist laut EKD die Kirchensteuer, welche dann wegfällt. Mitglieder zahlen pro Jahr meist mehrere Hundert Euro an die Kirchen. Wie hoch genau die Kirchensteuer ausfällt, unterscheidet sich je nach Bundesland.
In Baden-Württemberg und Bayern entfallen acht Prozent der Lohn- und Einkommensteuer auf die Kirche, der Rest der Republik zahlt neun Prozent. Bei einem Durchschnittseinkommen von 37.000 Euro brutto wären das 449 Euro pro Jahr. Ein Single aus Nordrhein-Westfalen mit einem Jahresgehalt von 50.000 Euro brutto zahlt 2025 etwa 600 Euro Kirchensteuer.
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In Deutschland ist es gesetzlich festgeschrieben, wer Kirchensteuer erheben darf. Dazu zählen christliche und jüdische Gemeinden sowie einige freireligiöse Gemeinden und die Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten.
Vorteil 2: Weniger moralische Bedenken
Viele Mitglieder haben durch die Skandale moralische Zweifel und verlieren ihr Vertrauen in die Kirchen. Sie entscheiden sich deshalb, die Institutionen nicht mit der Kirchensteuer über ihr Gehalt weiter zu unterstützen, und treten aus.
In einer EKD-Studie von 2014 erhielten „Kirche unglaubwürdig“, „Kirche gleichgültig“ und „brauche keine Religion im Leben“ die höchste Zustimmung als Gründe für den Kirchenaustritt.
Die konkreten Verfehlungen seitens der Kirchen lassen die Austrittszahlen immer wieder stark steigen. So führten der Missbrauchsskandal im Jahr 2010 und der Skandal um den Limburger Bischof 2013 zu mehr Austritten aus der katholischen Kirche. Franz-Peter Tebartz-van Elst hatte sich auf Kosten der Kirche für mehrere Millionen Euro eine Luxuswohnung gebaut.
Auch die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Erzbistum Köln und das Verhalten des Kardinals Rainer Maria Woelki sorgten in den Jahren 2021 und 2022 für Rekorde an jährlichen Kirchenaustritten. Zuletzt deckte 2024 eine Studie der EKD Tausende Missbrauchsfälle innerhalb der evangelischen Kirche in Deutschland auf.
Welche Nachteile hat ein Kirchenaustritt?
Nachteil 1: Ausschluss von kirchlichen Zeremonien und Ämtern
Die Kirche begleitet wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen: die Taufe, die Trauung vor dem Altar und die Totenmesse. Auf diese kirchlichen Zeremonien müssen Menschen, die ausgetreten sind, unter Umständen verzichten.
Die katholische Kirche kann sie unter anderem von den Sakramenten ausschließen, also der Taufe, der Firmung, der Buße, der Ehe und dem Begräbnis, außerdem von kirchlichen Ämtern und Funktionen, Patenschaften sowie vom kirchlichen Wahlrecht. In der evangelischen Kirche können sie unter anderem die Erlaubnis verlieren, am Abendmahl teilzunehmen, für Patenämter, die Taufe, die Trauung und das Wahlrecht für kirchliche Gremien.
Allerdings gibt es mittlerweile etwa für die Ehe und die Beerdigung auch weltliche Alternativen. Zudem dürfen Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, auch weiterhin Gottesdienste besuchen.
Nachteil 2: Weniger Jobchancen bei kirchlichen Trägern
Ein Kirchenaustritt kann die Jobchancen von Ärzten, Krankenschwestern, Pädagogen und Sozialarbeitern verringern. Das gilt vor allem für Bewerbungen bei kirchlichen Trägern, bei denen das Dienstverhältnis an eine kirchliche Mitgliedschaft gebunden ist. Sie können Kirchenmitglieder bei der Stellenvergabe bevorzugen und Nichtmitglieder ausschließen. Das kann etwa der Fall sein bei Krankenhäusern, Seniorenheimen, Kindergärten sowie sozialen Einrichtungen der Caritas oder des Diakonischen Werks.
Für Beschäftigte von kirchlichen Trägern kann ein Austritt zudem arbeitsrechtliche Folgen haben, bis hin zur Aufhebung des Arbeitsvertrags.
Aus der Kirche austreten: So klappt's
Wer nach Abwägung der Vor- und Nachteile aus der Kirche austreten will, kann dies in der Regel schnell erledigen. Allerdings muss der Austritt persönlich erfolgen und schriftlich bestätigt werden.
Für den Kirchenaustritt benötigen Sie folgende Unterlagen:
Schriftlich begründen, warum Sie austreten wollen, müssen Sie nicht.
Schritt 1: Zuständige Behörde finden
Über das Internet können Sie herausfinden, welche Behörde Ihrer Stadt oder Gemeinde für die Abmeldung aus der Kirche zuständig ist. In Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen ist dies das örtliche Amtsgericht.
In allen anderen Bundesländern müssen Sie den Kirchenaustritt vor dem Standesamt erklären. In Bremen ist der Austritt alternativ auch direkt bei den Kirchen möglich.
Schritt 2: Kirchenaustritt persönlich erklären
Online aus der Kirche auszutreten, ist nicht möglich. Für den Kirchenaustritt müssen Sie in der Regel persönlich erscheinen. Vereinbaren Sie dazu zunächst einen Termin, das geht meist online auf der Website Ihrer Gemeinde oder Stadt. Alternativ können Sie auch direkt zu den Öffnungszeiten zur zuständigen Behörde gehen. Bringen Sie die notwendigen Unterlagen mit.
Sie können Ihren Kirchenaustritt auch schriftlich per Post gegenüber der zuständigen Behörde erklären. Den Brief muss jedoch ein Notar beglaubigen, wofür weitere Kosten anfallen. Zudem ist der Austritt erst wirksam, wenn Ihre Erklärung zugestellt wurde.
Schritt 3: Gebühren zahlen
Für den Kirchenaustritt müssen Sie in der Behörde eine Gebühr zahlen. Diese deckt den Verwaltungsaufwand ab. Die Höhe variiert von Bundesland zu Bundesland zwischen null und 75 Euro, in den meisten Regionen werden 30 Euro fällig.
Vor dem Amtsgericht in Brandenburg und direkt bei den Kirchen in Bremen ist der Austritt kostenlos. Als bundesweit am teuersten mit einer Gebühr von 75 Euro gilt die Gemeinde Unterreichenbach in Baden-Württemberg.
Schritt 4: Bescheinigung über Kirchenaustritt aufheben
Nach Abgabe Ihres Antrags erhalten Sie vom Standesamt oder Amtsgericht eine schriftliche Austrittserklärung. Bewahren Sie diese Bescheinigung auf, um sie bei möglichen Kirchensteuerforderungen einreichen zu können.
Ab dem Tag, an dem Sie die Austrittserklärung unterschreiben, sind Sie kein Kirchenmitglied mehr. Ab dem folgenden Monat müssen Sie auch keine Kirchensteuer mehr bezahlen. Ihre Stadt- oder Gemeindeverwaltung teilt den Steuerbehörden den Austritt mit. Über letztere erfährt schließlich auch Ihr Arbeitgeber von der Veränderung.





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Dieser Artikel erschien bereits im Januar 2023. Der Artikel wurde am 25.11.2025 erneut geprüft und aktualisiert.








