Auktion: Aus der legendären Sammlung von Fritz Grünbaum

London. Der 48 mal 31 Zentimeter große „Knabe in Matrosenanzug“ stammt aus der bedeutenden Wiener Sammlung von Fritz Grünbaum (1880–1941). Grünbaum war ein österreichischer Kabarettist, Operetten- und Schlagerautor, Regisseur und Schauspieler, der auch in Berlin auftrat und arbeitete. Obwohl seine über 400 Arbeiten umfassende Kollektion auch Alte Meister beinhaltete, bewunderte Grünbaum vor allem das Talent Schieles und sammelte über 80 Werke des Künstlers – eine Pionierleistung.
Im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs ans Dritte Reich wurde Grünbaum verhaftet und kam 1941 im Konzentrationslager Dachau ums Leben. Die Geschichte der Sammlung ist umstritten. Sie wurde wohl komplett von den Nazis konfisziert, und ihre Spur verlief sich. In den 1950er-Jahren wurden circa 25 Prozent durch den Schweizer Kunsthändler Eberhard Kornfeld auf den Markt gebracht und von Privatsammlern und Museen aufgekauft. Jedoch gibt es auch Stimmen, die sagen, dass die Sammlung im Familienbesitz eingelagert wurde und dann legal von der Schwägerin des Sammlers veräußert wurde.
Seit über einem Vierteljahrhundert versuchen Erben, mithilfe von publizierten Forschungsarbeiten und Anwälten verlorene Arbeiten zurückzubekommen – Bemühungen, die bisher nicht immer erfolgreich waren. Seit 2022 wurden bedeutende Werke von wichtigen amerikanischen Museen zurückgegeben, oftmals allerdings erst aufgrund von Gerichtsbeschlüssen.
Dazu zählen Arbeiten aus dem Museum of Modern Art und der Morgan Library & Museum, aber auch aus der Sammlung von Ronald Lauder. Christie’s New York versteigerte 2022 und 2023 bereits eine Anzahl von Schiele-Zeichnungen. Das Leopold Museum in Wien und die Albertina pochen auf die Legalität ihrer Bestände, wie Olga Kronsteiner 2023 im „Standard“ berichtete.
Der „Knabe in Matrosenanzug“ befand sich in einer süddeutschen Privatsammlung. Die Sammlerin stimmte der Restitution zu. Nun wird sie in Abstimmung mit den Erben veräußert. Der Erlös aus dem Erbenanteil wird der Grünbaum Fischer Foundation zugutekommen, der Anteil der Einlieferin geht an die Münchener Stiftung Kinderoase.
Christie’s-Experte Dirk Boll sagt gegenüber dem Handelsblatt: „Christie’s ist privilegiert, zum ersten Mal in Europa eine Arbeit der legendären Sammlung von Fritz Grünbaum zu versteigern. In diesen oftmals schwierigen Fällen ist es wunderbar zu sehen, wie eine Sammlerin an uns herantrat, um die Vergangenheit aufzuklären, und sich mit den Erben einigte, sodass der Erlös wohltätigen Zwecken zugutekommt.“





