Auktion bei Grisebach: Botschafter-Kollektion soll künftige Sammler ansprechen
Düsseldorf. Er war unkonventionell und leidenschaftlich. Mário Calábria (1923–2012) veranstaltete als Brasiliens Botschafter Ausstellungen mit Werken zeitgenössischer Künstler nicht aus Verlegenheit oder weil man das halt so macht im Dienst seines Landes. Im Gegenteil – der Lateinamerikaner mit italienischem Großvater hatte enge Beziehung zu beiden deutschen Staaten. Über den Job hinaus waren die Künste und ihre Schöpfer Mittelpunkt seines offenen Hauses.
Das Auktionshaus Grisebach versteigert am 4. Dezember 89 Werke von 33 Künstlern aus sieben Ländern aus der höchst persönlichen Privatsammlung von Mario und Ursula Calábria. Die Gesamtsumme der unteren Schätzpreise beträgt 510.000, die der oberen 730.000 Euro.
Schwerpunkte liegen bei der konkreten und gestischen Kunst sowie bei nonkonformen Einzelgängern aus der DDR. Nach Ost-Berlin berufen wurde der Diplomat 1978 nach Stationen in Frankfurt und München. Was für andere wie eine „Abschiebehaft“ gewirkt hätte, war für den barocken Genussmenschen die bejubelte „Ankunft in der inneren Heimat“.
Natürlich begeisterte sich eine so imposante Gestalt wie Calábria nicht an sozialistischer Austerität. Wohl aber an den Gegenwelten in der Kunst. Die hatte er schon seit den 1960er-Jahren kennen gelernt – vermittelt vom einflussreichen Werner Schmidt, damals Direktor des Kupferstichkabinetts in Dresden. Als Mentor freier Gedanken hielt Schmidt die von den Kulturfunktionären befehdete Kunst aus dem Westen in Schränken parat. Und öffnete diese stets für Kunstschaffende und Andersdenkende.
Mário und Ursula Calábria befreundeten sich mit den abstrakten Dresdner Malern Max Uhlig und Gerda Lepke. Für sie besorgte der Diplomat unter anderem Japanpapier, das es in der DDR nicht zu kaufen gab. Calábria besaß auch schöne Werke von Hermann Glöckner, dem lyrischen Konstruktiven, den der Westen lange übersah. Die Schätzpreise liegen zwischen 80.000 und 120.000 Euro. Ein Blatt, auf sich zwei Keile verschränken markiert die preisliche Spitze der Offerte.
Meist sind die Taxen bewusst tief gehalten. Uhligs charakteristische Schraffuren werden schon für Preise zwischen 3500 und 7000 Euro aufgerufen. Sein Marktwert liegt noch deutlich unter seiner kunsthistorischen Bedeutung. Die neo-expressive Figuration von Peter Hermann ist mit „nur“ 1500 Euro getaxt. „Wir konnten die Preise so ansetzen, dass die Werke mit ziemlicher Sicherheit gut verkauft werden,“ sagt Markus Krause, einer der Geschäftsführer der Grisebach Auktionen. Er hofft, dass das Angebot die Augen künftiger Sammler öffnet.
Was Calábria liebte, hängte er dicht an dicht vor lachsfarbene Wände in großbürgerlichen Interieurs aus barockem Mobiliar und Woty Werners Textilbildern: Die leuchtenden Objektkästen von Klaus Staut sollen für etwa 2000 Euro in neue Hände gehen, die Licht fangenden 16 Alu-Quadrate von Getulio Alviani für mindestens 25.000 Euro.
Für die flimmernden Farbfelder von Almir da Silva Mavignier braucht es den Einsatz von 30.000 bis 70.000 Euro. In dieser Auktion werden explizit Sammler mit kleinem und mittlerem Budget fündig für Positionen, die längst fest verankert sind in der Kunstgeschichte. Licht und Farbe bahnen den Weg.
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