Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Auktionen Globaler Ansturm auf den Übervater Picasso

Bei den Londoner Auktionen für Impressionismus und Moderne übertrafen Werke von Pablo Picasso die Erwartungen mit Spitzenpreisen.
01.03.2018 - 15:45 Uhr Kommentieren
Kunst-Auktionen News: Aktuelle Meldungen zu Kunst-Auktionen Quelle: Sotheby's/VG Bild-Kunst
Pablo Picasso

Pablo Picasso, femme au béret et à la robe quadrillée (Marie-Thérèse Walter), Öl auf Leinwand, 55 x 46 cm

(Foto: Sotheby's/VG Bild-Kunst)

London Zu den glücklichen Gewinnern in London zählten die Sammler, die sich vor einigen Monaten entschlossen hatten, sich von ihren Arbeiten von Pablo Picasso zu trennen. Der globale Ansturm auf den künstlerischen Übervater des 20. Jahrhunderts hat anscheinend keine Grenzen, weder was den Inhalt, den Zeitraum noch das Medium betrifft. Alles verkaufte sich diese Woche – und zwar bei weltweiter Nachfrage – zu guten Preisen. Sotheby’s Helena Newman nannte das „den anhaltenden globalen Reiz Picassos“.

Das Haus bot das Porträt seiner Muse Marie-Thérèse Walter von 1937 an, das von vornherein zum Spitzenlos der Woche gekürt worden war. Auf um die 35 Millionen Pfund geschätzt, übertraf das kleinformatige Bild, dessen Farbigkeit und Komposition in den Bann ziehen, dann auch alle Erwartungen. In einem zehnminütigen Bietgefecht zweier Interessenten konnte sich ausnahmsweise der asiatische Bieter – am Telefon von Sotheby’s Asia Chairman Patti Wong vertreten – einmal nicht durchsetzen; die Arbeit ging für 49,8 Millionen Pfund an die Kunstberaterfirma Gurr Johns, für die Sotheby’s Deputy Chairman Europe, Mark Poltimore, der erst bei 42 Millionen in die Gebote einstieg, bot.

„Femme au béret et à la robe quadrillée (Marie-Thérèse Walter)“ erschien überhaupt zum ersten Mal auf dem Markt, befand es sich doch, seit es aus dem Nachlass des Künstlers kam, in einer Privatsammlung. Sotheby’s bot noch drei weitere Arbeiten Picassos an, so dass das Haus allein mit den Picassos in der Abendauktion 73,8 Millionen Pfund einspielte, die alle an die britische Kunstberaterfirma Gurr Johns gingen. Picassos „Le Matador“ (1970) war damit eine von insgesamt drei Arbeiten in der Auktion, die über zehn Millionen Pfund einspielten. Auch hier allerdings zog sich der Verkauf in die Länge, da vor allem Patti Wong am Telefon in so kleinen Stufen bieten wollte, dass sich die Auktionatorin Helena Newman hinreißen ließ auszurufen: „Kann mir hier mal jemand helfen?“ Überhaupt schien ihr die Auktion ein ums andere Mal zu entgleiten, so zum Beispiel auch, wenn sie verschiedentlich Gebote missverstand, was zu allgemeiner Verwirrung führte.

Gewohnt souverän konnte hingegen Jussi Pylkkanen von Christie’s am Vorabend schon mit insgesamt elf Picassos aufwarten. Auch hier gelang es Gurr Johns, fast alle zu erwerben. Bei Christie’s wurde es das erotische Spätwerk „Mousquetaire et nu assis“ von 1967, das mit 13,73 Millionen Pfund bei einer Schätzung von zwölf bis 18 Millionen Pfund zum teuersten Los der Abendauktion wurde. Am ungewöhnlichsten war jedoch mit Sicherheit „La Figure“ von 1930, aus Picassos surrealistischer Phase, das dementsprechend auch in der Auktion mit surrealistischer Kunst angeboten wurde und die mittlere Schätzung verdoppelte. Bei erwarteten drei bis fünf Millionen erbrachte die Arbeit 8,33 Millionen Pfund. Einiges mehr als die 125.000 US-Dollar, die die Arbeit 1972 bei Sotheby’s New York erzielte. Bei Christie’s spielten die Picassos zusammen 47,36 Millionen Pfund ein.

Insgesamt solide Ergebnisse

Diese Zahlen stehen symptomatisch für beide Auktionen insgesamt. Sotheby’s hatte ein weitaus kleineres Angebot als die Konkurrenz: bei den Impressionisten nur 26 im Vergleich zu 65 Arbeiten. Bei Christie’s waren allerdings zwei wichtige Lose vor der Auktion zurückgezogen worden. Dabei handelte es sich um eine Londoner Städteansicht von André Derain (Schätzung sechs bis neun Millionen Pfund) ebenso wie Kees van Dongens Frauenporträt (Schätzung fünf bis sieben Millionen Pfund). Christie’s erzielte mit den 63 aufgerufenen Arbeiten 113,9 Millionen, Sotheby’s mit nur 26 Losen 118,9 Millionen Pfund. Christie’s Verkaufsrate nach angebotenen Losen betrug 81, nach Wert 92 Prozent, bei Sotheby’s nur 69,2 nach Los, aber 95 Prozent nach Wert.

Die insgesamt zwei Stunden und 40 Minuten dauernde Auktion bei Christie’s strapazierte dabei nicht nur die Besucher, sondern sichtlich auch den Auktionator, der die letzten surrealistischen Arbeiten möglichst schnell über die Bühne ziehen wollte, was vielleicht mancher Arbeit nicht zugutekam. So lag Christie’s Verkaufsrate der Surrealisten bei 73 Prozent nach Los und 85 Prozent nach Wert (insgesamt 35,7 Millionen Pfund), während Sotheby’s auf 85,7 und 91,9 Prozent kam (insgesamt 17,1 Millionen Pfund). Überraschungen gab es insgesamt wenig; die Ergebnisse waren durchweg solide und spiegeln einen starken internationalen Markt wider, der vor allem an internationalen „Brandnames“ wie Picasso oder Monet interessiert ist.

Obwohl sich vielleicht hier auch einiges im Umbruch befindet. Auktionsweltrekorde gab es bei beiden Firmen für eher unbekannte Künstler. Bei Christie’s erzielte Georges Vantongerloos Abstraktion „Composition émanante de l‘équation y=-ax2+bx+18 avec accord de l‘orangé-vert-violet“ von 1930 mit 1,2 Millionen Pfund einen Spitzenpreis am oberen Ende der Taxe. Antoine Pevsners dreidimensionale Wandarbeit „Deux cônes dans un même plan“ von circa 1939 verdoppelte den Weltrekord des Künstlers (und die Taxe) auf 788 750 Pfund. Bei Sotheby’s erzielte Umberto Boccionis wichtige protofuturistische Arbeit „Testa + luce + ambiente“ (1912) bei vier Bietern 9,7 Millionen Pfund und vervierfachte den Weltrekord des Künstlers. Auch geografisch schienen die Gebote weniger US-lastig zu sein.

„Prairie à Giverny“ Quelle: Christie's
Claude Monet

„Prairie à Giverny“

(Foto: Christie's)

Bei Sotheby’s ging die etwas blasse Fernand-Léger-Arbeit „Trois Femmes“ von 1920 (Schätzung 1,6 bis 2,4 Millionen Pfund) an einen russischen Kunden für 2,6 Millionen Pfund. Patti Wong war ausgesprochen aktiv am Telefon und bot für verschiedene asiatische Kunden, am erfolgreichsten für einen einzelnen Kunden auf eine Serie surrealistischer Arbeiten aus dem Besitz der argentinischen Gönnerin Condesa Cuevas de Vera (1887 – 1970), die schon früh Salvador Dalí und andere Surrealisten in Paris unterstützte und zu Beginn der 1930er-Jahre kaufte. Dalís nur 20 mal 15 Zentimeter großes Ölbild auf Kupfer „Gradiva“, auf dem er ebenfalls eine Muse darstellt, war diesem 2,7 Millionen Pfund wert (Schätzung 1,2 bis 1,8 Millionen Pfund).

Christie’s konnte in seiner Auktion verschiedene Einzelsammlungen präsentieren, von denen die Sammlung des 1979 verstorbenen Bankiers Wilhelm Reinold hervorstach. Sie spricht von einer typisch deutschen Geschichte. Ein Bankvorsitzender entdeckt wohl in den 1960er-Jahren seine Liebe zur Kunst und kauft über Jahre hinweg diskret von renommierten Galerien in Deutschland und vor allem von Marlborough in New York und London Kunst, um mit dieser zu leben.

Ein Enkel erinnert sich: „Die Sammlung war über das ganze Haus verteilt. Ich habe öfter bei meinen Großeltern übernachtet, und in meinem Gästeschlafzimmer hing ein Otto Mueller, der mir in lebhafter Erinnerung ist. Und eine Arbeit von Gabriele Münter sowie eine Chagall-Lithographie.“ Auch er konnte Picasso nicht widerstehen, einige Arbeiten waren bereits 2004 von Christie’s in London versteigert worden. Daneben aber sprachen ihn vor allem Frühwerke deutscher Expressionisten an, wie auch die Arbeiten Oskar Kokoschkas, den er eigens mit einer Hamburger Stadtlandschaft beauftragte. Von Kokoschka kam nun ein faszinierendes Katzenporträt zum Aufruf, das ursprünglich aus der Sammlung des Wiener Architekten und Mentors Kokoschkas, Adolf Loos, stammte. Bei Reinold hing es laut Erben im Arbeitszimmer.

Die Arbeit – mit erstklassiger Provenienz und Ausstellungsgeschichte und einer Taxe von 350.000 bis 450.000 Pfund – verkaufte sich für 753.000 Pfund. Auch Erich Heckels wunderbar leichte Gartenansicht von 1907, „Blühende Apfelbäume“, übertraf die Erwartungen von 750.000 bis eine Million Pfund und wurde mit 1,5 Millionen Pfund zugeschlagen. Die Arbeit war zum ersten Mal in Emil Richters berühmter Ausstellung der Künstlergruppe „Die Brücke“ in Dresden 1908 gezeigt worden und wurde seitdem immer wieder öffentlich ausgestellt.

Es bleibt zu hoffen, dass die neuen Eigentümer die Arbeiten ebenso Museen zur Verfügung stellen. Ohne diese Sammlung wäre das Angebot deutscher Kunst in den Versteigerungen dieser Woche ausgesprochen dünn gewesen. Sotheby’s konnte einzig eine Landschaft Karl Schmidt-Rottluffs anbieten. „Watt bei Ebbe“ von 1912 war erst vor fünf Jahren bei Grisebach in Berlin verkauft worden; damals für 2,7 Millionen Euro. Heute fand sich bei einer Schätzung von zwei bis drei Millionen Pfund allerdings kein Liebhaber.

Startseite
Mehr zu: Auktionen - Globaler Ansturm auf den Übervater Picasso
0 Kommentare zu "Auktionen: Globaler Ansturm auf den Übervater Picasso"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%