Auktionen in New York Teil 2: Robuster Markt nur für Top-Kunst

Claude Monets großes Seerosenbild von 1917/19 hoben zwei Bieter am 9, November 2023 auf 74 Millionen Dollar mit Aufgeld. Christie's Schätzung lag um 65 Millionen Dollar.
New York. Man konnte beinahe ein kollektives Aufatmen vernehmen. Die von Handel und Sammlern mit nervöser Spannung erwarteten New Yorker Abendauktionen für Kunst des Impressionismus bis in die Gegenwart beweisen, dass der Markt am oberen Ende erstaunlich robust ist – und das auf jedem Preisniveau. Die drei Multis hatten aber auch sorgfältig komponierte Offerten zusammengestellt und sich bemüht, überzogene Erwartungen der Einlieferer zu dämpfen.
„Es klingt ja schon wie ein Klischee, aber Qualität und konservative Schätzungen sorgten bei uns für Bietgefechte“, sagt Kelsey Leonard, die Verantwortliche für Sotheby’s Contemporary-Abendauktion am Mittwochabend. Sotheby’s Auktionen für zeitgenössische Kunst setzten am 15. November 306 Millionen Dollar für 61 Lose um. Ein Plus von 50 Prozent über den Ergebnissen vom Mai 2023. Insgesamt spielten sechs über zwei Wochen abgehaltene Abendauktionen bei Christie’s, Phillips und Sotheby’s 1,8 Milliarden Dollar ein.
Gut informierte Sammler gaben sich zwar wählerisch, fochten aber entschieden um Topwerke und Raritäten. Das Interesse an B-Ware war dementsprechend dünn, und manche Werke wurden weit unter den Taxen zugeschlagen. Vor allem traditionelle Kunst scheint von einer internationalen Klientel als sichere Anlage bevorzugt zu werden. Da konnten sich vor allem die Einlieferer von Gemälden Claude Monets freuen.
Den Spitzenpreis dieser Auktionsrunde setzte Monets besonders großes Seerosenbild von 1917/19, das zwei Bieter in Christie’s Auktion „20th Century“ am 9. November auf 74 Millionen Dollar mit Aufgeld hoben. Die Taxe lag um 65 Millionen Dollar.
Während die impressionistisch malenden Künstlerkollegen Monets etwas aus der Mode geraten sind, gab es in den letzten zehn Jahren für Monet Rekorde. Er spreche „durch leuchtende Farben und die Art und Weise an, wie er bis an sein Lebensende immer Neues schuf. Seine Kunst war überraschend modern und abstrakt“, erklärt David Norman, New Yorker Art Advisor für Impressionisten und Moderne.

Um Gerhard Richters Diptychon „Abstraktes Bild (636)“ bewarben sich zwei Telefonbieter. Phillips schlug es einem Sammler in Taiwan für 34,8 Millionen Dollar zu.
Sotheby’s wartete am 13. November sogar mit vier Gemälden des Meisters auf, darunter die Pappelreihe „Peupliers au bord de l’Epte: Temps couvert“, ein zentrales Motiv. Über 30 Jahre lang hing das Bild in einer japanischen Sammlung. Nun fand es über Wendy Lin, Sotheby’s Chairman Asia mit Sitz in Taiwan, bei 30,7 Millionen Dollar ein neues Heim.
Auch bei Christie’s waren asiatische Sammler aktiv: Ein chinesischer Bieter erwarb Pablo Picassos in munteren Pastelltönen gemalte „Femme endormie (17.7.1934)“ zu starken 43 Millionen Dollar. Geschätzt war das Bild auf 25 bis 35 Millionen Dollar. Und Joan Mitchells riesige kraftvolle Abstraktion wurde zum neuen Rekord für die Künstlerin bei 29,2 Millionen Dollar an Christie’s Spezialistin in Jakarta gewiesen.
Zweistelliger Millionenpreis für Schiele-Aquarell
Insgesamt fuhr Christie’s „20th Century”-Auktion mit 61 verkauften Werken zu 641 Millionen Dollar das zweitbeste Ergebnis seit November 2017 ein. Diese Auktion bot auch drei Aquarelle von Egon Schiele an, die aus bedeutenden US-Sammlungen an die Erben des Wiener Kabarettisten Fritz Grünbaum restituiert wurden.
Besonders heftig stritten sechs internationale Interessenten ab dem Ausruf bei 1,4 Millionen Dollar um das Selbstbildnis im roten Gewand „Ich liebe Gegensätze“ (1912). 1991 hatte es der New Yorker Sammler Ronald S. Lauder erworben. Erst bei 10,9 Millionen Dollar brutto konnte ein Telefonbieter zugreifen.
Ein Teil der erzielten Gesamtsumme von 16,4 Millionen Dollar brutto kommt der im letzten November gegründeten New Yorker Gruenbaum Fischer Foundation zugute, die junge Musiker fördert. Auch das unterfinanzierte Schweizer Museum Langmatt ließ am selben Abend drei Werke von Paul Cézanne versteigern. Sie erzielten mit 44,8 Millionen Dollar, umgerechnet 40,32 Millionen Schweizer Franken, knapp das anvisierte Ergebnis von 40 Millionen Schweizer Franken.

Henry Taylors sozialkritisches Gemälde „Government Cheese“ überrundete bei Phillips mit 177.800 Dollar seine Schätzung.
Sotheby’s „Modern”-Auktion am 13. November nahm mit dem schmalen Angebot von 31 verkauften Losen 223,35 Millionen Dollar ein. Dort gehörte eine nur einen Meter hohe, auf Leinwand aufgezogene Papierarbeit von Mark Rothko aus dem Jahr 1968 zu den besonders stark umworbenen Werken. Für Kenner waren die grünen und blauen Farbschleier Rothkos schönstes in dieser Saison angebotenes Farbspiel. Erst bei 23,9 Millionen Dollar, der doppelten oberen Taxe, konnte der New Yorker Händler Andrew Schoelkopf zugreifen.
Auch Phillips setzte statt auf die ganz Jungen lieber auf Blue Chips. Nachdem die Erben der bekannten niederländischen Privatsammlung Triton Collection Foundation vor einigen Jahren über Christie’s in Europa bereits Papierarbeiten verkauften, trennten sie sich über Phillips in New York von 30 marktfrischen Werken der Avantgarden des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie waren sämtlich durch Garantiegeber abgesichert und spielten 84,7 Millionen Dollar brutto ein.
Fernand Léger aus der Triton Collection
An der Spitze bewährte sich zu 17,6 Millionen Dollar Fernand Légers in fröhlichen Farben gemaltes „Le 14 Juillet“. Eine Restaurierung hatte ein zweites komplettes Gemälde, eine Stadtlandschaft auf der Rückseite der Leinwand zum Vorschein gebracht.
Auch Gerhard Richters riesiges „Abstraktes Bild (636)“ bestätigte die Taxe in der direkt anschließenden Auktion „20th Century & Contemporary Art“. Um das von Hedgefonds-Manager Dan Loeb einlieferte Diptychon bewarben sich zwei Telefonbieter. Ein Sammler in Taiwan schuldet Phillips dafür jetzt 34,8 Millionen Dollar. Beim letzten Marktauftritt vor fünf Jahren wechselte das Bild für 32 Millionen Dollar die Hände. Phillips’ Abendeinnahmen am 14. November von 155 Millionen Dollar sind das zweithöchste Ergebnis in der Geschichte des Hauses.
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Schlusslicht der Veranstaltungen bildete Sotheby’s Auktion für zeitgenössische Kunst am Mittwochabend. Jean-Michel Basquiats großes „Self-Portrait as a Heel (Part II)“ (1982) war hier Zugpferd. Beim letzten Marktauftritt 1999 hatte es 772.500 Dollar gekostet. Jetzt bewilligte ein einziger Bieter, wahrscheinlich der Garantiegeber, 42 Millionen Dollar für die Figur auf grasgrünen Grund. Eine Farbe, die nicht jedem gefällt.
Auch die Besitzer des privaten Shanghaier Long Museum, die im Oktober 39 Werke mit enttäuschenden Ergebnissen in Hongkong anboten, steuerten drei Highlights bei. Am besten schnitt Kerry James Marshalls Großformat „Plunge“ ab, das 10,27 Millionen Dollar erzielte. Der Einstandspreis hatte im Mai 2016 bei 2,2 Millionen Dollar gelegen, damals allerdings ein Rekordpreis für den Künstler.
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