Auktionsnachbericht: Glück für den Akt im Sternenbanner
Düsseldorf. Wer am 27. November 2024 die Abendauktion von Van Ham verfolgte, erlebte in der ersten Hälfte einen schleppenden Verlauf mit zahlreichen Rückgängen. Erst die zweite Hälfte wartete mit spannenderen Bietgefechten auf.
40 ausgewählte Lose aus der Moderne und zeitgenössischen Kunst kamen in dem Kölner Auktionshaus zum Aufruf, darunter fünf Top-Lose mit Mindesterwartungen zwischen 280.000 und 450.000 Euro. Zehn Lose wurden zurückgereicht und eine der schönsten Arbeiten vor der Auktion zurückgezogen: ein Otto Dix mit der Darstellung seines neu geborenen, frei gestrampelten Sohnes Ursus unter einem Mohnblumenstrauß. Die Schätzung belief sich auf 300.000 bis 500.000 Euro.
Zu den Überfliegern gehörten etwas „preiswerter“ geschätzte Werke, vor allem William Nelson Copleys vollbusiger Akt, der sich genüsslich in einem stilisierten Sternenbanner der Vereinigten Staaten räkelt. Der Hammer für das provokative, auch noch mit einer Friedenstaube garnierte Werk aus dem Nachlass Max Ernst und Dorothea Tanning fiel nach langem, am Ende nur noch unter Telefonbietern ausgetragenem Bietkampf bei 200.000 Euro. Macht mit Aufgeld 264.000 Euro für den siegreichen französischen Handel. Die Taxe lag bei 80.000 bis 120.000 Euro.
Aufsehen erregte an diesem Abend auch das auf 80.000 bis 120.000 Euro geschätzte Op-Art-Gemälde von Wojciech Fangor. Wieder einmal waren Onlinebieter aus Polen die Preistreiber. Der am Ende Übrigbleibende musste sich jedoch schließlich bei 300.000 Euro einem polnischen Telefonbieter geschlagen geben. Macht mit Aufgeld 396.000 Euro.
Einen ähnlichen Höhenflug absolvierte ein vielfach ausgestelltes, farblich reizvoll differenziertes Frühwerk von Serge Poliakoff, das durch diverse Telefonbieter getrieben von geschätzten 180.000 bis 240.000 auf 350.000 Euro stieg. 462.000 Euro kommen für den belgischen Sammler brutto dabei heraus.

Gut über ihre oberen Taxen kamen der komplette Satz von Marc Chagalls Zirkusserie, die Farbserigrafie eines sibirischen Tigers von Andy Warhol, ein rotes „Monochrome“ in sehr kleinem Format von Yves Klein und das zweiteilige, Kugelform vortäuschende Werk „Gemini 8“ der ungarischen Künstlerin Dora Maurer. Sie wurde vor nicht langer Zeit erst als eine der bedeutendsten Vertreterinnen der konstruktiv-konkreten Kunst wiederentdeckt.
Unter den Rückgängen befand sich ein von fremder Hand bezeichnetes, sehr flächiges Stillleben von August Macke, für das zwischen 280.000 und 350.000 Euro angesetzt worden war. Dasselbe Los traf ein farblich eintöniges Winterbild auf Papier von Peter Doig zur vielleicht etwas zu ambitionierten Taxe zwischen 350.000 und 450.000 Euro.
Das Top-Los im Bereich der zeitgenössischen Kunst, eines der dreidimensionalen wie verrutscht aussehenden „misshaped paintings“ von Steven Parrino blieb zwar bei 400.000 Euro hängen, ging dann aber im Nachverkauf weg. Das zweigeteilte Werk hatte mit 450.000 bis 650.000 Euro die ehrgeizigste Schätzung des Abends. Mit Aufgeld muss der Wiesbadener Museumsgründer Reinhard Ernst 528.000 Euro auf den Tisch legen.
Glück hatte auch Picassos auf 350.000 bis 500.000 geschätztes Stillleben mit stark vereinfachtem Formvokabular aus dem Nachlass von Konrad Klapheck. Robert van den Valentyn hatte „Pomme et Verre“ bei 280.000 Euro „mit einem Riesenvorbehalt“ einem Telefonbieter zugeschlagen. Internationaler Handel kam im Nachverkauf für brutto 367.000 Euro zum Zuge.


Zu Hammerpreisen im Bereich der unteren Taxen konnten rund sieben Werke zugeschlagen werden, darunter eine magische Meereslandschaft von Franz Radziwill bei 58.000 Euro, eine frühe, sehr kleinformatige Landschaft mit Figuren von Doig bei 240.000 Euro und eine „Meditation“ von Jawlensky bei 80.000 Euro.
Die Hammerpreise für die 39 Lose summieren sich nach eigener Berechnung auf 3,8 Millionen Euro. Es hätte mehr sein sollen. Zählt man die unteren Schätzpreise zusammen, kommt man auf 4,6 Millionen Euro. Das Auktionshaus nennt für den Evening Sale einen Bruttoumsatz von 5,2 Millionen Euro. So gerechnet macht es sich natürlich besser. Als Gesamtumsatz gibt Van Ham einschließlich der Tagauktionen 10,2 Millionen Euro brutto, also mit Aufgeld an.






