Corporate Collection: BASF verkauft seine Lackkunst-Sammlung für nur 1 Euro
München. Drei Jahrzehnte war das Museum für Lackkunst in Münster das kulturelle Vorzeigeprojekt der BASF, speziell für die Abteilung Coatings. Ihr Gebiet sind moderne Oberflächenlacke. Jetzt übergab der globale Chemiekonzern seine renommierte Sammlung an europäischen und asiatischen Lackkunstobjekten aus zwei Jahrtausenden für den symbolischen Preis von einem Euro an das LWL-Museum für Kunst und Kultur.
LWL steht für Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Damit bleibt der Öffentlichkeit dieses einmalige Konvolut an bedeutsamen Kunstgewerbe-Objekten und Möbeln als geschlossene Kollektion erhalten. Aber eine eigene Abteilung Lackkunst wird es am neuen Standort nicht geben. Hermann Arnhold, Direktor des LWL-Museums, begründete diese Entscheidung im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Das wäre anachronistisch.“
Indirekt nennt Arnhold damit einen der Gründe, warum sich der Chemiekonzern von Museum und Sammlung getrennt hat. Unternehmen richten ihr gesellschaftliches Engagement heute verstärkt auf erkennbar zukunftsorientierte Bereiche. BASF, so hieß es Anfang des Jahres (2023), wolle seinen Fokus auf die Förderung von Bildung konzentrieren.
Das LWL-Museum für Kunst und Kultur plant ab 2015, einzelne Objekte in andere Sachgebiete zu integrieren. Es will die Lackdosen mit ihren oft spezifischen Darstellungen, Wandschirmen und Ritualgefäßen mit Exponaten anderer Sammlungsschwerpunkte in Beziehung setzen. Das breit aufgestellte Mehrspartenhaus hat dabei vor allem das kulturen- und länderübergreifende Potenzial im Blick, mit dem sich das Museum Fragen der Gegenwart stellen kann.
Als Direktor sieht Arnhold die Übernahme der mehr als 1250 Objekte eher als Bereicherung denn als Bürde. „Mit den Werken aus Fernost und aus der islamischen Region öffnet sich das Haus der Weltkultur“, so der Museumsmann. Mit 14.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und einem großen Depot am Rande von Münster sieht sich die Institution gewappnet für den Zuwachs.
Laut Arnhold übernimmt die BASF die Umzugskosten vom alten Standort ins neue Quartier. Der ehemalige Eigentümer finanziert außerdem für fünf Jahre weiterhin die Betreuung der Sammlung durch die noch amtierende Leiterin des Lackmuseums, Patricia Frick. Ein Sonderbudget für die Digitalisierung der Objekte wird durch die Kulturstiftung der Länder bereitgestellt. „Danach wird die Lacksammlung durch die Infrastruktur des Hauses aufgefangen“, so Arnhold.
Übernahme der BASF-Sammlung als "gelingende Überführung"
Für die Übernahme der BASF-Sammlung durch die öffentliche Hand hatte sich vor allem die Stiftung der Länder eingesetzt. Einige hochpreisige Exponate wurden in der Vergangenheit durch sie finanziert. „Die Übernahme dieser Sammlung durch das LWL-Museum für Kunst und Kultur kann als Modell für die gelingende Überführung einer Sammlung aus dem Privatbereich in eine öffentliche Einrichtung gelten“, ließ Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, in einer Pressemitteilung verlautbaren.
Ein Vorbild für Firmensammlungen, die in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs erst mal am Kulturengagement sparen wollen, ist diese Lösung jedoch nicht. Weder ist jede private Sammlung so unverwechselbar wie die Münsteraner Lackkunst-Kollektion, noch ist der Kaufpreis von einem Euro für jedermann attraktiv. Der Kunsthandel hat schon so manche Firmensammlung vermarktet.
Erstpublikation: 27.12.2023, 19:56 Uhr.
