Global Art Market Report 2021 Der Kunstmarkt schrumpft kontinuierlich

Ziehen die Superreichen in ihre Strandresidenzen, ist die Kunst auch da.
Wiesbaden Der Kunstmarkt giert nach Zahlen, und Clare McAndrew liefert sie zuverlässig. Für institutionelle Anleger, Banken, Versicherer und Politik bilden sie die Grundlage für ihre Planungen und Investmententscheidungen.
Wie zuverlässig diese Zahlen im einzelnen sind, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen seit die Tefaf Foundation erstmals im Jahr 2002 den Vorgänger-Report veröffentlichte. Doch da die Methodik der von McAndrew seit dem Jahr 2008 vorgenommenen Untersuchung durchgehend angewendet wird, bieten die Vergleichszahlen einen einigermaßen verlässlichen Bezugsrahmen.
50,1 Milliarden Dollar habe der weltweite Umsatz mit Kunst im ersten Corona-Jahr 2020 betragen, so die Kernaussage des von der irischen Ökonomin seit 2017 für Art Basel und UBS erstellten „Global Art Market Report 2021“ mit 360 Seiten. Das sei ein Einbruch um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, das auch schon nicht gut war mit einem Minus von rund 5 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2018 mit 67,7 Milliarden Dollar. Schwächer war der Markt zuletzt 2009 mit 39,5 Milliarden Dollar während der Finanzkrise.
Trotz eines leicht überdurchschnittlichen Rückgangs um 24 Prozent bleiben die USA mit 21,3 Milliarden Dollar Umsatz bei einem Marktanteil von 42 Prozent mit Abstand der größte Marktplatz.
Die chinesische Gesamtwirtschaft mag sich schneller von der Pandemie erholt haben als im Rest der Welt. Im Kunstmarkt spiegelt sich diese Entwicklung hingegen nur bedingt. Der Rückgang ist hier nicht ganz so stark wie etwa in den USA, doch schrumpft er über einen längeren Zeitraum gesehen kontinuierlich und ist mit 10 Milliarden Dollar mittlerweile nur noch halb so groß wie vor zehn Jahren.
Interessant ist die Entwicklung in Europa. Großbritannien behauptet mit einem Rückgang um 22 Prozent auf 9,9 Milliarden Dollar den zweiten Platz mit seinem Marktanteil von 20 Prozent. Das bedeutet allerdings einen Rückgang um zwei Prozent, während Frankreich laut Report einen starken Rückgang um 33 Prozent zu verzeichnen hatte und nun auf einen Marktanteil von 6 Prozent kommt. Die Wahrnehmung vieler Marktteilnehmer war eine andere und sah ein Erstarken vor allem des Handelsplatzes Paris.

Die Messe mit Schwerpunkt Alte Kunst endete vorzeitig wegen Covid 19.
Mehr Klarheit verspricht hier der Rückblick auf das Jahr 2021, wenn sich der Brexit-Rauch verzogen haben wird. Die gesamte EU kommt auch ohne Großbritannien auf 15,9 Milliarden Dollar Umsatz und bildet damit nach den USA den zweitgrößten Block weltweit. Deutschland scheint jedoch nicht zu profitieren und verharrt bei 2 Prozent.
Gleichzeitig hat sich die Gewichtung zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern etwas verschoben. Während die meisten Messen ausfielen und Auktionshäuser einen Umsatzrückgang um 30 Prozent verzeichneten, kamen Galerien und Kunsthändler mit 20 Prozent etwas glimpflicher davon.
Denn das Online-Geschäft hat rasant zugelegt. Das war zu erwarten. Glatt verdoppelt habe sich laut Studie der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. Die erzielten 12,4 Milliarden Dollar reichten wegen der Rückgänge in allen anderen Bereichen beim Marktanteil für einen noch größeren Sprung von knapp einem Zehntel auf ein Viertel. Damit hat die Kunstbranche sogar den allgemeinen Einzelhandel überholt, dem sie bisher hinterherhinkte.
Galerien profitieren vom Online-Boom
Besonders Galerien und Kunsthändler profitierten vom Online-Boom: 39 Prozent ihres Umsatzes hätten sie der Studie zufolge im vergangenen Jahr online abgewickelt, über über die einschlägigen Plattformen, eigene Online Viewing Rooms (OVR) und die der Kunstmessen.
Auktionshäuser hätten demgegenüber nur 22 Prozent ihrer Umsätze mit Online Only-Auktionen verdient; Hybrid-Auktionen sind hier nicht miteinbezogen. Interessanterweise sei der Anteil von Neukunden zurückgegangen. Der angegebene Grund leuchtet jedoch ein: Auch die Bestandskunden kaufen jetzt notgedrungen online.
Für den nächsten Report über das Jahr 2021 steht die Verfasserin vor einer großen Herausforderung. Die digitalen NFT machen gerade Furore. Doch wie lassen sich die Marktplätze jenseits der angestammten sinnvoll in den Report integrieren? Wie McAndrew sich entscheidet, dürfte einen gewissen Einfluss auf die Wahrnehmung durch den Kunstmarkt haben.
Mehr: Ether auf dem Kunstmarkt: Der Kunstkauf mit digitalem Geld wird salonfähig
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