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KunstmesseArt-Cologne-Jury – Zulassung mit Auflagen

Eine Galerie aus Frankfurt bewarb sich bei der Art Cologne für einen Stand in der Sektion „Collaborations“. Die Jury ließ sie zu, jedoch unter der Bedingung, auf einen der beiden ostdeutschen Künstler zu verzichten.Christiane Fricke 24.07.2024 - 14:29 Uhr

Düsseldorf. Die Art Cologne ist Deutschlands führende Messe für moderne und zeitgenössische Kunst. Sie mag als Verkaufsplatz für große, international aufgestellte Galerien uninteressant geworden sein. Aber im deutschsprachigen Raum möchte man, dass sie nicht weiter an Strahlkraft verliert. Viele Galerien haben sich deshalb für die nächste Ausgabe beworben, obwohl sie in den letzten Jahren keine oder zu geringe Umsätze machten und die wirtschaftlichen Gesamtumstände schwierig sind. Denn sie wissen: Ohne Sichtbarkeit kommen ihnen die Sammler abhanden.

Umso einschneidender ist es, seine Teilnahme aufzukündigen. Geschehen im Fall der Frankfurter „Die Galerie“ als Reaktion auf eine Zulassung unter der Bedingung, auf einen Künstler zu verzichten.

Nun ist eine Zulassung mit Auflagen für Galerien, die an dem kuratierten Sonderprogramm „Collaborations“ teilnehmen möchten, nichts Unübliches. Die Geschichte soll hier aber trotzdem erzählt werden. Denn erstens wirft sie ein Licht auf die Art und Weise, wie eine Messe und eine Galerie sich in schwierigen Zeiten zu positionieren versuchen. Zweitens hat der Fall eine politische Dimension und drittens rückt sie die nicht unumstrittene Rolle des Beirats in den Blick.

35 Jahre nach der Wende gibt es noch immer eine Kunstmauer im Westen

„Die Galerie“ hatte sich bei der Art Cologne mit den Malern Volker Stelzmann und Johannes Heisig für einen Stand in der Sektion „Collaborations“ beworben. Kooperationspartner sollte die Galerie M.F. Toninelli Art Moderne aus Monaco mit Skulpturen von Giacomo Manzù sein. Diese sollten das Zentrum des Standes bespielen, flankiert von den Figurenkompositionen Stelzmanns auf der einen und Heisigs auf der anderen Seite.

Der Beirat erteilte die Zulassung, jedoch unter der Bedingung, auf Stelzmann zu verzichten. Die Begründung: Man sehe „keine nachvollziehbare formalistische, politische, akademische oder persönliche Verbindung“ zwischen Manzù und Stelzmann. Eine „Zwei-Künstler-Ausstellung“ von Johannes Heisig und Manzù sei jedoch wünschenswert.

Mit diesem tiefen Eingriff „in unser kuratiertes Konzept“ erklärte sich Peter Femfert, Geschäftsinhaber von „Die Galerie“, nicht einverstanden. Er kündigte die Teilnahme, auch im Namen von Toninelli.

Wäre nicht ein ostdeutscher Künstler von der Auflage betroffen, wäre der Aufschrei hinter den Kulissen vielleicht weniger hörbar. „Stelzmanns Ausschluss ist eine Unverschämtheit“, schrieb Eduard Beaucamp, ehemaliger Feuilletonredakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in einer empörten Reaktion an Femfert. Er beweise, dass man in diesen Kreisen in 35 Jahren nichts gelernt habe, dass man westlicherseits an der Kunstmauer und dem Alleinvertretungsanspruch der Westkunst festhalten wolle.

Die anhaltende Aversion gegen ostdeutsche Künstler, namentlich gegen Stelzmann, bestätigen auch die Berliner Galeristinnen Nana und Eva Poll. Bis einschließlich 2000 hatten sie sich Jahr für Jahr erfolgreich mit Stelzmann und anderen ostdeutschen Künstlern beworben. 2001 und 2002 wurde die Galerie dann nicht mehr zugelassen und klagte. Die Art Cologne begründete die Ablehnung seinerzeit damit, Stelzmann setze sich (nur) mit historischen Positionen auseinander (Otto Dix), ohne zu neuen Formulierungen zu finden, und habe fast ausschließlich nur in Deutschland ausgestellt. 13 Jahre später versuchte sich die Galerie Poll noch einmal mit dem in vielen renommierten Sammlungen vertretenen Stelzmann zu bewerben – jedoch ohne Erfolg.

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Obwohl die ostdeutsche Kunst es auch in hiesigen Institutionen schwer hat. Fakt ist, die Messe jurierte nur einen von zwei Ost-Künstlern aus, und das mit einer durchaus nachvollziehbaren, wenn auch etwas unglücklich formulierten Begründung. In ihrer Erwiderung pochte die Messeleitung denn auch auf das Konzept der „Collaborations“.

Dieses Konzept sehe entweder vor, dass zwei Galerien eine gemeinsame Ausstellung präsentieren oder eine Galerie Künstlerinnen und Künstler präsentiert, „die ihrerseits in einem engen und nachvollziehbaren kuratorischen Zusammenhang zu sehen sind“. Außerdem versucht Messechef Daniel Hug, die Messe noch einmal deutlich zu straffen und auf circa 170 Teilnehmer zu reduzieren, wie er auf Nachfrage verlauten ließ. Das erklärt die „strikten Maßstäbe“ bei den Auswahlentscheidungen, mit denen die Messe Peter Femfert gegenüber argumentierte.

Wer nun das Werk Giacomo Manzùs dem von Stelzmann gegenüberstellt, wird feststellen: Sie haben in der Tat nicht wirklich etwas miteinander zu tun. Femfert räumt, darauf angesprochen, ein, es gebe kaum einen Zusammenhang, sehe man einmal davon ab, „dass sich ihre Figuren vor dem Betrachter verschließen“. Und auf die Frage, ob geschäftliche Interessen hinter der Wahl des „Collaborations“-Partners gestanden hätten, bestätigt er: „Unsere kuratorische Intention lag eher bei Stelzmann und Heisig.“ Manzù hätten sie in „Collaborations“ dazugenommen, um einerseits der Partnergalerie das Podium zu bieten, andererseits auch ihre Klassische-Moderne-Linie wieder zu betonen und den Stand ästhetisch zu bereichern.

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Dass dieser Gedanke nicht aufging, ist für „Die Galerie“, aber auch für Daniel Hug ein Verlust: „Da ,Die Galerie‘ und Toninelli bereits in den letzten drei Ausgaben dabei waren (2021 mit einer wunderbaren Präsentation von Roberto Matta und André Masson, 2022 mit drei Generationen der Familie von Max Ernst und 2023 mit einer musealen Präsentation von Mario Marini), wollten wir einen Weg finden, beide Galerien auch in diesem Jahr zuzulassen“, schreibt Hug auf Nachfrage.

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Bleibt ein Blick auf den „internationalen“ Beirat, der inzwischen von ursprünglich zehn auf acht Mitglieder geschrumpft ist, darunter Robert Tufnell als einziges internationales Mitglied. Dass sich das Gremium – laut Messechef Hug wie bei allen großen Kunstmessen der Welt – ausschließlich aus Galeristinnen und Galeristen zusammensetzt, wird von vielen ihrer Kollegen seit Längerem moniert. Doch auch Beiratsmitglied Thole Rotermund nimmt das Gremium in Schutz. Zwei komplette Tage lang würden die Zulassungen sehr intensiv beraten und kontrovers diskutiert. Meist würden die Entscheidungen akzeptiert. Der Beirat arbeite „sehr, sehr sauber“. Hug habe im Übrigen kein Stimmrecht.

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