Daniel Hug: Art Cologne-Chef: „Erschwingliche Kunst findet man in jedem Segment“

Art Cologne-Direktor Daniel Hug folgt dem neuen Trend. Er hat die Laufzeit der Kölner Kunstmesse auf drei Tage, verkürzt.
Köln. Seit 2008 leitet Daniel Hug die Art Cologne, die in einer Woche mit einer auf drei Publikumstage reduzierten Laufzeit eröffnet wird. Sie hat sich nach ihrer Gründung 1967 in Deutschland als führende Messe für Klassische Moderne, Nachkriegskunst und zeitgenössische Kunst etabliert.
Im vergangenen Jahr gab es einen ersten Versuch, die aufgegebene Herbstmesse „Cologne Fine Art“ mit der neuen Sektion „Art + Object“ in die Art Cologne zu integrieren. In diesem Jahr wird die angewandte Kunst der letzten Jahrhunderte jedoch nicht mehr vertreten sein. Stattdessen wartet die Sektion mit vier Galerien auf, die ihren Fokus auf außergewöhnliche Objekte und Design legen.
Auf dem Vormarsch dagegen befindet sich die Kunst von Künstlerinnen, von LGBTQ und von Stimmen außerhalb des eurozentrischen Spektrums. Insbesondere die gegenständliche Malerei ist wieder im Gespräch. Verlangsamt hat sich jedoch das Interesse an NFT-Kunst.
Lesen Sie hier das ganze Interview:
Was ist neu auf der Art Cologne 2023?
Mit 170 Ausstellern aus 29 Ländern sind wir in diesem Jahr in der gleichen Form und Stärke vertreten wie vor der Pandemie: zwei Etagen der Halle 11 der Koelnmesse. Dadurch haben wir genau die gleiche Größe wie 2019.
Sie unternahmen im letzten Jahr den Versuch, Ihre ehemalige Herbstmesse, die Cologne Fine Art, mit ausgewählten Teilnehmern in die Art Cologne zu integrieren. Wie geht es weiter mit diesem Segment?
In diesem Jahr wurden die Interessenten für den Bereich „Art + Object“ erstmals vom Beirat der Messe ausgewählt. Es gibt immer Segmente, die in manchen Jahren gut laufen und in anderen Jahren leiden. Das hängt natürlich von der Käuferseite ab, aber auch vom Interesse der Aussteller. Wir haben nun neue Wege gefunden und neue Konstellationen, von denen wir sagen: Das ist die Art Cologne, wie wir sie uns vorstellen. Insofern freue ich mich, dass wir uns in diesem Jahr mit der Art Cologne wieder auf unsere Kernkompetenz fokussieren.
Warum hat die Art Cologne ihre Laufzeit verkürzt?
Die meisten Kunstmessen dauern heute nur noch drei bis vier Tage, das ist – sozusagen – der neue Trend. Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen: Die Händler historischer Objekte wollen eine Messe, die eine Woche dauert; und die zeitgenössischen Galerien präferieren eine, die nur zwei Tage ihre Tore öffnet.

Auf dem Stand der Galerie Anna Laudel ist diese aus Teppich und Neonröhren zusammengesetzte Collage zu finden. „Feel at Home 10“, fast 150 Zentimeter breit, entstand 2022.
Es gab einmal eine Zeit, da war die Art Cologne fast zwei Wochen lang.
Im Vergleich zum vergangenen Jahr, wollten wir uns wieder mehr fokussieren. Sowohl die Dynamik als auch die Besucherverteilung der Messe 2022 waren nicht in unserem Sinne. Nun bieten wir eine Konzentration auf rund 170 Galerien und zwei Ebenen und stellen einen neuen Fokus für die Aussteller und den Aufenthalt der Besucher her. Wir erhoffen uns davon eine besondere und vielleicht auch intimere Atmosphäre in den Hallen.
Welche großen Trends in der Kunst lassen sich unter den Ausstellenden beobachten?
Sehr präsent sind Kunstwerke von Künstlerinnen sowie von LGBTQ, von Stimmen außerhalb des eurozentrischen Spektrums. Auch gegenständliche Malerei kehrt zurück. NFT-Kunst hat sich hingegen verlangsamt. Man spürt in der Branche, dass das Interesse an Malerei wieder zunimmt.
Wo gibt es medienbasierte Kunst und NFTs auf der Messe?
Viele unserer Aussteller zeigen medienbasierte Kunst und NFTs. Darunter Galerien wie Nagel/Draxler aus Berlin und Köln, Anita Beckers aus Frankfurt, DAM Projects aus Berlin und Falko Alexander aus Köln.
Welche Newcomer sind bemerkenswert?
Bemerkenswert sind meines Erachtens Neuaussteller wie Andersen’s Contemporary aus Kopenhagen mit Arbeiten von Thomas Saraceno und Peter Kilchmann aus Zürich und Paris mit Arbeiten von Francis Alÿs, dem diesjährigen Wolfgang-Hahn-Preisträger. Außerdem freue ich mich besonders auf neue sehr interessante junge Galerien wie Emanuel Layr aus Wien, Edouard Montassut aus Paris, Josey aus Norfolk (UK), A+B aus Brescia und Choi & Choi aus Südkorea
Es gibt millionenschwere Kunst im Sektor Klassische Moderne. Aber wo findet der Flaneur Kunst zu moderatem Preis?
Auf der ganzen Messe. Mittlerweile sind die Preise bei einigen etablierten zeitgenössischen Künstlern höher als bei den bekannten Künstlern der Kunstgeschichte. Also erschwingliche Arbeiten findet man inzwischen in jedem Segment. Auch bei der Klassischen Moderne findet man wenige bekannte Künstlerinnen und Künstler, bei denen die Preise sehr moderat sind.

Die Motive auf Aaron Scheers Polaroids werden von einer KI erstellt und mit Bildern aus dem eigenen Fundus kombiniert. Abgebildet sind die Arbeiten Nr. 8 und 9 aus der 70-teiligen Serie „By the Sea“.
Wo finden Messebesucherinnen Editionen?
Es gibt bei einigen Ausstellern auch Editionen. In der unteren Halle sind zum einen die wichtigen regionalen Kunstvereine, die ihre Jahreseditionen zum Verkauf anbieten, und zum anderen auch Zeitschriften und Verlage. Sie bieten ebenfalls Editionen zu günstigen Preisen an. Wer sich für ganz frische Kunst interessiert, dem empfehle ich einen Besuch der New Positions-Stände, auf denen ausgewählte junge Künstlerinnen und Künstler Einzelpräsentationen zeigen.
Welche Rolle spielt das Design auf der Art Cologne, nachdem die Integration der Cofa nicht gelungen ist?
Design ist ein wichtiger Aspekt. Für manche Bewegungen wie das Bauhaus oder die Wiener Secession wurden die Grenzen zur Bildenden Kunst aufgehoben. Auch heute gibt es Künstlerinnen und Künstler, die Design und Bildende Kunst mischen oder bei denen die Unterschiede verwischen. Deswegen fungiert unsere Sektion Art + Object sehr gut in der Rolle für designorientierte Kunst. Sie schlägt auch eine Brücke zu anderen Disziplinen.
Ist die Art Cologne eine jurierte Messe?
Ja, wir haben einen Beirat von zehn Kunsthändlern, der eine Auswahl der Bewerbungen vornimmt. Wir haben ca. 400 Bewerbungen von Galerien aus der ganzen Welt für ca. 170 Kojen. Zudem haben wir auch eine Jury von Kunstsachverständigen, die über die Messe geht, um uns die Qualität und Echtheit zu bestätigen.
Welche Voraussetzungen muss der teilnehmende Galerist haben? Muss er Mitglied im BVDG sein?
Die Galerien müssen die Künstlerinnen und Künstler, die sie anbieten, vertreten und ausgestellt haben. Die Zusammenarbeit zwischen Galerien und Künstlern ist sehr wichtig. Für die etablierten Galerien ist es wichtig, dass sie schon seit einigen Jahren im Geschäft sind, und für die Händler ist es wichtig, dass sie gute Arbeit leisten; und dass sie keine Fälschungen oder Raubgut verkaufen.

Auf Holz gemalt hat Dean Monogenis sein Acrylgemälde „Ancient Copses“. Es ist zu finden auf dem Stand der Galerie Baronian.
Bei der Sektion Collaborations haben Sie eine Mischung aus jungen Galerien und etablierten Galerien.
Für die Zusammenarbeit ist dabei zentral, dass die Galerien gemeinsam mehr riskante oder kuratierte Ausstellungen ermöglichen. Eine Mitgliedschaft im BVDG ist allerdings für keinen Aussteller verpflichtend und wäre schwierig für unsere ausländischen Aussteller. Die Zusammenarbeit mit dem BVDG ist für uns aber auch in anderer Hinsicht sehr wichtig, zum Beispiel politisch.
Worin besteht die Rolle des BVDG bei der Art Cologne? Jenseits des gemeinsam vergebenen Preises?
Auf politischer Ebene ist der BVDG sehr wichtig für uns und für die in Deutschland arbeitenden Kunstgalerien. Kurz zur Historie: Der erste Kölner Kunstmarkt konnte damals nicht ohne einen gemeinnützigen Verein gegründet werden. So entstand der BVDG, dem die Messe somit „gehörte“. Die Koelnmesse hat die Art Cologne dann nach 20 Jahren vom BVDG abgekauft und die Leitung der Messe übernommen. Dadurch bin ich erst der zweite künstlerische Direktor der Messe seit 1967.
Aber auch der BVDG selbst hat sich über die Jahre enorm entwickelt und ist heute der wichtigste und einzige deutsche Galerienverband.
Neben dem erwähnten Art Cologne-Preis, den wir gemeinsam mit dem BVDG verleihen, realisieren wir seit vielen Jahren gemeinsam und sehr erfolgreich das Förderprogramm New Positions auf der Messe. Namhafte Künstler wie Rosemarie Trockel, Neo Rauch oder Olafur Eliasson hatten im Rahmen dieses Programms ihre ersten großen Messeauftritte.

Vielen Dank, Herr Hug.
Die 56. Art Cologne hat ihre Laufzeit verkürzt. Rund 170 internationale Galerien, 50 weniger als 2022, präsentieren ihre Stammkünstlerinnen und -künstler vom 16. bis 19. November in den Messhallen 11.1. und 11.2 in Köln-Deutz. Vernissage: 16. November 2023, 16 bis 20:00 Uhr; 17. bis 18. November, 11 bis 19 Uhr; 19. November, 11 bis 18 Uhr. Der Südeingang ist der praktischste für einen Rundgang. Wer noch nicht weiß, welche Künstler oder Stilrichtungen von Interesse sind, bucht eine Tour bei Arttour. Die gibt es als Kombiticket mit dem Eintritt oder als private Gruppenführung.
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