Kunstmesse: Highlights-Messe in München: Gelungene Mischung aus Alt und Neu

Auf dem Stand von Emanuel von Baeyer: In den beunruhigenden Ölbildern von Andreana Dobreva treffen explosive Lebenslust und die dunklen Seiten der Gegenwart aufeinander, vermischen sich Figuration und Abstraktion.
Die 14. „Highlights Internationale Kunstmesse München“ hat einen Sprung nach vorn gemacht. Seit ihrer Gründung als Boutiquemesse rund um die Briennerstraße in den frühen Nullerjahren spielt sie ihre Trümpfe in den Sammelgebieten Alte Meister und Kunstkammer-Objekte, Porzellan, Silber und erlesene Möbel aus.
Doch der Sammlergeschmack wendet sich im nicht umkehrbaren Strom dem 20. und 21. Jahrhundert zu. Das sahen auch die Organisatoren der Messe, die seit 2013 in der Residenz stattfindet. Sie luden einen wachsenden Anteil Aussteller moderner oder zeitgenössischer Kunst ein, als Ergänzung und zur Abrundung des einzigartigen Epochenüberblicks von der Gotik bis heute.
Doch nicht alle Händler für zeitgenössische Kunst vermochten mit dem Niveau der Marktführer von Alter Kunst mitzuhalten. Dieses öfter kritisierte Ungleichgewicht ist diesmal besser ausbalanciert. Ein großer Zugewinn an Expertise ist die Teilnahme von Emanuel von Baeyer aus London und der Gebrüder Lehmann aus Dresden.
Von Baeyer stellt die junge, sehr angesagte Malerin Andreana Dobreva in den Mittelpunkt. Explosive Lebenslust und die dunklen Seiten der Gegenwart treffen in den Bildern der Wahl-Londonerin aufeinander. Figuration und Abstraktion durchdringen sich rasant. Ein winziges Ölbild soll 2200 Euro kosten, ein Großformat 22.000 Euro.
Gegenüber im Bereich der für zeitgenössische Kunst reservierten „Lounge“ hat die Galerie Gebr. Lehmann ihren Erstauftritt an hiesigen Museen ausgerichtet. Eberhard Havekost figuriert derzeit im Lenbachhaus in der Schenkung Johnen, und Slawomir Elsner bekommt 2024 eine Einzelausstellung in der Graphischen Sammlung.
Ein horizontal und vertikal geschichtetes Aquarell von Elsner liegt bei 7200 Euro, das Abbild einer Heuschrecke von Havekost bei 25.000 Euro. Zusammen mit Nanna Preußners, Knust Kunz und Woerdehoff trifft die Besucherin auf einen facettenreich arrangierten Querschnitt an Gegenwartskunst.

In diesem Jahr hat der Bamberger Kunsthändler Christian Eduard Franke seinen Stand etwas luftiger und mehr auf einzelne Objekte konzentriert gestaltet.
Im Quadrat im Residenz-Hof locken dagegen jahrhundertealte Raritäten und Klassische Moderne. Von musealem Rang ist das Antwerpener Prunk-Kabinett bei Christian Eduard Franke. Diesen Sammelschrank, der innen eine kleine Bildergalerie sein will, hatte Franke auch in Bamberg und auf der Tefaf gezeigt. Er soll 450.000 Euro kosten. Diesmal ist der Stand des Bamberger Spitzenhändlers etwas luftiger, mehr konzentriert auf einzelne Objekte, Globen, Leuchter und Silber.
Ein anderes Hochpreisobjekt hängt bei Ludorff. Max Pechsteins „Keitelkähne“ von 1920 leuchten intensiv und wechseln für 980.000 Euro den Besitzer. Ein gut erhaltenes Paar Kommoden von Heinrich Wilhelm Spindler punktet mit eingelegten farbigen Hölzern und originalen Marmorplatten. Für die beiden geschwungenen Kommoden erwartet Röbbig 860.000 Euro.
Lockerer und moderner präsentiert auch Georg Laue seine Kunst- und Wunderkammerschätze. Als Kunstwerk wie als Designobjekt lässt sich ein Architekturmodell aus Alabaster lesen, das er für 48.000 Euro abgibt. Um 1450 hatte es ein Tabernakel für die Hostie gerahmt, heute ein Objekt mit Wallpower.
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Doch die Highlights sprechen nicht nur Sammlerinnen und Sammler mit tiefen Taschen an. Auch wer ein kleines Budget zur Verfügung hat, wird überrascht. Florian Sundheimer hat Papierarbeiten zum Thema Landschaft und innere Landschaft versammelt: von Yves Tanguy, Rupprecht Geiger, Horny, Jorn und Philipp Guston. Die Preisspanne reicht von 1500 bis 160.000 Euro.
Zeichnungsexperte Martin Moeller breitet 20 Tierzeichnungen der Bildhauerin Renée Sintenis aus: Der Berliner Bär, ein schlafender Mops, Rehe und ein Fuchs auf der Pirsch liegen zwischen 2800 und 9500 Euro. Eine unikate Zwanzigerjahre-Vase von Hedwig Bollhagen soll 7500 Euro kosten. Die in der DDR und im Westen hochgeschätzte Keramikkünstlerin hat sie Ende der 1920er-Jahre mit einem Karo- und Streifenmuster handbemalt. Zu finden am Stand von Brigantine auf einem kühn geschwungenen Stahlrohr-Schrank.

Lockerer und moderner präsentiert auch Georg Laue seine Kunst- und Wunderkammerschätze.
Alexander Kunkel dehnt der Nachfrage entsprechend seinen Zeitradius immer weiter aus in die Avantgarden des 20. Jahrhunderts hinein. Diesmal bilden Blumenbilder von Christian Rohlfs und Emil Nolde die Frontansicht. Im Stand entdeckt der Flaneur dann Erich Heckels dynamisch mit Aquarellfarben hingefetzte Strandszenerie „Fränzi mit Decke“ aus dem Jahr 1909. Dafür erwartet Kunkel 185.000 Euro.
Nacktbaden in der Natur entzückte auch Otto Mueller. Ein Hauptwerk seiner Grafik sind die in einer Reihe stehenden drei Akte. Von dieser Lithografie wurden nur 20 in Farbe abgezogen. Jörg Maas, der Grafikexperte aus Berlin, schon zum dritten Mal dabei, erwartet dafür 42.000 Euro.
„Trinkschiffe“ aus Silber waren das kostspielige Vergnügen von Barockfürsten bei Tisch. Wer sich im Vorgriff auf die Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum in München orientieren möchte, sollte drei Aussteller aufsuchen: Matzke, Laue und Ségal & Selig.
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Wer die malerische Entwicklung von Ernst Wilhelm Nay nachvollziehen will, stößt bei Martin Moeller auf kleine, auskomponierte Deckfarbenarbeiten. Um 1946 stehen Reste der Figuration neben abstrakten Formen. Die Preise liegen zwischen 58.000 und 69.000 Euro.
Die Galerie Beck & Eggeling präsentiert Nays großes Gemälde „Grüne Flucht“. Das ungegenständliche Bild aus dem Jahr 1951 soll 380.000 Euro kosten. Publikumsliebling Gerhard Richter ist mit dem Motiv einer brennenden Kerze gleich doppelt vertreten.

Diese schlichte, formschöne Vase schuf die Keramikkünstlerin Hedwig Bollhagen Ende der 1920er-Jahre. Brigantine setzt 7500 Euro dafür an.
Die Galerie Schwarzer bietet einen Offsetdruck von „Kerze II“ an, auf dem Richter 1989 mit einem Rakel schwarze Farbe verteilte. Aber so, dass man noch genug von der Kerze sieht. Wer 195.000 Euro investiert, hat in der unikaten Grafik-Edition zugleich den figurativen Richter und den abstrakten.
Deutlich weniger muss hinblättern, wer sich für den Offsetdruck der Kerze mit einer Gefälligkeitssignatur bei der Galerie Ludorff entscheidet. 39.000 Euro kostet der 1988 für das Goslarer Museum erstellte Druck mit der riesigen Unterschrift über der Kerze.

„Highlights Internationale Kunstmesse München“, Münchener Residenz, bis 22. Oktober. Die Messe ist erstmals auch digital erlebbar www.munichhighlights.com
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