Messebericht: Gewollte Beschränkung
Genf. Sie wirkt größer, doch tatsächlich stellen nur 81 Galerien auf der Messe „Art Genève“ aus. Das ist eine durchaus gewollte Beschränkung, denn die neue Direktorin Charlotte Diwan hatte bereits nach ihrer etwas plötzlichen Inauguration zur letzten Ausgabe angekündigt, sich mehr auf die Region fokussieren zu wollen.
Sie hat Wort gehalten. „Geneva“ und „Paris“ prägen den Eindruck der Galerieschildchen oben an den Außenseiten der Kojen – die übrigens angenehm großzügig im Raum verteilt sind. Ergänzt wird das Teilnehmerfeld durch zwei Dutzend Institutionen, darunter als einziger Gast aus Deutschland die Berliner Sammlung Scharf-Gerstenberg mit Papierarbeiten unter anderem von Goya, Kubin und Redon.
Aus Deutschland ist nur eine Galerie dabei
Aus Deutschland ist auch nur eine Galerie dabei, Contemporary Fine Arts aus Berlin, die zum ersten Mal hier ausstellt. Ein bisschen seien sie auch Schweizer, erklärt Mitinhaberin Nicole Hackert augenzwinkernd. Seit 2023 betreiben sie einen Showroom in Basel, wo sie sehr warm aufgenommen worden seien. Das sei einer der Gründe für ihre Teilnahme hier, wo sie das Publikum ebenfalls als sehr freundlich, interessiert und kenntnisreich erlebe. Was durchaus nicht überall der Fall sei. Leiko Ikemura für 65.000 Euro, Sarah Lucas für 400.000 Pfund, Georg Baselitz für 250.000 Euro, Tobias Spichtig für bis zu 39.000 Euro und noch ein bisschen mehr hat sie im Angebot.
Ebenfalls zum ersten Mal als Aussteller in Genf ist die Wiener Galerie Hubert Winter. Mit Arbeiten der 2018 verstorbenen Marcia Hafif, die 35.000 bis 200.000 Dollar kosten, hat sie eine lokale Anbindung, da das hiesige MAMCO über eine große Sammlung verfügt. Galerie-Direktorin Natascha Burger ist entsprechend angetan vom Zuspruch. Zudem gefällt ihr die aufgelockerte Vermischung von älterer und zeitgenössischer Kunst. Dadurch komme nicht so eine Museumsanmutung auf wie auf manch anderer Messe oder in früheren Ausgaben hier.
28 Soloshows listet der Hallenplan, die Hälfte davon als Ergänzung eines Hauptstands. Die bei Sammlern wie Kuratoren beliebte Präsentationsform nutzt aber auch Eva Presenhuber mit Standorten in Zürich und Wien, ohne an dem preisgünstigeren Format teilzunehmen. Den gesamten Innenraum ihres Standes hat sie für Ugo Rondinone reserviert. An den Wänden sieht man kleine Landschaftsbilder des Vierwaldstättersees, die 45.000 und 50.000 Dollar kosten, auf der großzügigen Fläche stehen lediglich zwei kleine, mit jeweils 50.000 Dollar bepreiste „Stack Mountains“ aus drei aufeinander montierten farbigen Felsstückchen. Dass der Künstler auch kleine Versionen seiner bekannten Skulpturen anfertige, habe nichts mit der Marktsituation zu tun, heißt es am Stand. Die beiden Unikate seien bereits vorab praktisch in dem Augenblick verkauft worden, als sie ankamen.
Einige Aussteller sind parallel auf der "Brafa"
Während einige Aussteller sowohl an der parallel stattfindenden „Brafa“ in Brüssel als auch in Genf teilnehmen – etwa Templon aus Paris – und im März auch auf der „Tefaf“ in Maastricht ausstellen, hat sich das New Yorker Schwergewicht Van de Weghe für die Schweiz entschieden. Die Begründung, man könne nicht alles machen, vermag nicht recht zu überzeugen, eher schon, dass Brafa und Tefaf das gleiche Segment bedienen. Zudem dürfte für den späten Picasso „Nu Allongé et Buste d’Homme“ zu 5,4 Millionen Dollar eher in Genf ein spendierfreudiger Käufer zu finden sein. Zuletzt war das Werk 2022 bei Sotheby’s in New York auf dem Markt, wo es 4,3 Millionen Dollar kostete. Das ist ein recht bescheidener Aufschlag. Faszinierender ist die klitzekleine Bodenplas- tik „Voltaglyph 4“ von Carl André, die aus lediglich zwei mal zwei Kupfer- und Zinkplatten besteht, für den Großmeister der Arte povera geradezu miniaturhaft – und mit 85.000 Dollar vergleichsweise preiswert.
Auch Hauser & Wirth ist wieder einmal mit von der Partie, während Gagosian die Veranstaltung schwänzt. Genau diese Dickschiffe der Branche seien es aber, von denen die internationale Strahlkraft für die Besucher abhänge, ist von Ausstellern zu hören. Wie es um diese Strahlkraft steht, wird sich am Wochenende zeigen, da viele auswärtige Sammler traditionell erst am Donnerstag zum Dinner in der Messehalle angereist sind.